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Der Erbe Dschainas

Titel: Der Erbe Dschainas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Asher Neal
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seine Beziehung zur Kristallmatrix-KI genauer zu betrachten, und er stellte fest, dass sie natürlich im Begriff stand, ihn umzubringen.
    Man glaubte allgemein, dass eine direkte Schnittstelle zu einer KI den menschlichen Partner umbrachte, indem sie jede Synapse durchschmorte wie eine Sicherung bei einer zunehmenden Kaskade, und dass sie darüber hinaus die KI in ihre spezielle Form von Wahnsinn trieb. Seit Jahrhunderten versuchten Forscher KIs zu entwickeln, die für eine solche Verbindung bekömmlicher waren, scheiterten damit aber bis heute stets. Das konnte nicht überraschen, denn eine solche Verbindung war vergleichbar mit dem Versuch, einen Klumpen Stahl mit einer Kerze zu verschmelzen – wobei es gar nicht mehr darauf ankam, was man mit dem Stahl tat: Der Schmelzvorgang wurde auf jeden Fall zu heiß für das Kerzenwachs. Skellors Antwort auf dieses Rätsel lautete: Man verschmolz lieber nicht, sondern benutzte Klebstoff. Bislang stand noch aus, dass er den Klebstoff anwandte – wie die KI ihn auch erst noch vollständig ausbrennen musste, denn sie war nicht gänzlich online. Die direkte Schnittstelle hatte auch erst etwa eine Stunde lang bestanden, ehe dieser Mistkerl von Polis-Agent auftauchte.
    Jetzt wurde es Zeit für Skellor, den Klebstoff anzuwenden.
    Der eiförmige Behälter, den er mit hohler Hand umfasste, war ebenso ein Produkt der Dschaina-Technologie wie sein Inhalt, denn die enthaltene Nanotechnik hätte selbst inaktive Materie überwunden. Die Innenwand war von Milliarden Nanokonstrukten gesäumt, deren geballter Zweck nur darin bestand, dem lebenden Knoten, den sie umhüllten, die Botschaft zu übermitteln: Noch nicht! Skellor drehte das Ei, bis es auf dem Ende stand, und stellte eine Verbindung dazu her. Sofort hatte er das Gefühl, vor einem Portal zu schweben, das in einen riesigen Raum führte, ausgefüllt mit einem Gestrüpp von glitzernden und ungeheuer komplizierten Formen. Er zog sich zurück, legte eine kurze Pause ein und dachte über die sich bietenden Möglichkeiten nach. Falls er mit der KI verbunden blieb, ohne diesen Dschaina-Knoten zu benutzen, war er in wenigen Stunden tot. Falls er sich vom Kristallmatrix-KI-Verstärker trennte, fiel er auf seinen vorherigen Zustand zurück, was nicht akzeptabel war. Auch ohne dass die KI vollständig online war, konnte er jetzt mit Formeln arbeiten, für die er zuvor nicht mal die Grundlagen hätte entwickeln können; sein Gedächtnis war inzwischen eidetisch und das Verständnis von der eigenen Arbeit immens. Die Verbindung zu trennen, das hätte auch zu seiner Festnahme geführt, und für einige der Dinge, die er getan hatte, würde man ihn mit Sicherheit einer zwangsweisen Verstandeslöschung unterziehen. Die restliche Möglichkeit lag auf seiner Handfläche.
    Skellor sendete den Initialisierungscode und sah, wie sich das Ei öffnete, Blütenblättern gleich, und den Dschaina-Knoten freilegte. Das war wiederum ein Ei, eine kleinere Ausgabe des Behälters – ein metallisches Ei, gesprenkelt mit räumlichen Mustern. Äußerlich machte es nicht viel her, nicht mal im gegenwärtigen Zeitalter, in dem ein Planetengouverneur in einen Aschenbecher passte und eine Waffe von planetenumspannender Vernichtungskraft nicht unbedingt viel größer ausfiel. Auf seine eigene Art war dieses Objekt jedoch gewaltig. Es erstaunte Skellor nach wie vor, dass unter allen Menschen er es war, der diesen Gegenstand gefunden hatte, wo doch Menschen in der ganzen Polis seit Jahrhunderten nach solchen Dingen suchten. Er wusste, dass Konzerne Milliarden in die Dschaina-Forschung steckten, dass ganze Planeten archäologisch umgegraben worden waren, dass einige wahrhaft titanische KIs existierten, deren einziger Zweck es war, etwas Derartiges zu entdecken. Und wo hatte er es dann gefunden?
    Der Planet war winterlich, aber nicht mörderisch kalt. Auf der überwiegend von Meeren freien Oberfläche wuchsen Laubwälder, in denen kein Baum älter als fünfzig Jahre war, da erst vor fünfzig Jahren der Orbitalspiegel in Position befördert worden war und den Planeten genug erwärmt hatte, um terranischen Lebensformen eine Existenzgrundlage zu bieten. Große Kanäle leiteten Wasser von den langsam schmelzenden Polen herunter, um die Vertiefungen der Landschaft aufzufüllen, die als künftige Ozeane vorgesehen waren. Neben einem dieser entstehenden Meere hatte man einen Raumhafen angelegt, und Gerüchte vermeldeten, dass bald ein Runcible folgen würde. Skellor entdeckte

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