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Der Erbe Dschainas

Titel: Der Erbe Dschainas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Asher Neal
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wie vor lebendigen Schädel. Er wollte etwas sagen, aber der Mund arbeitete einfach nicht, und er brachte nur ein paar Grunzlaute hervor. Als er sah, wie sich blutiges Werkzeug direkt vor seinem Gesicht bewegte, schloss er die Augen und bemühte sich, die Zupfempfindungen und das hörbare Knirschen zu ignorieren, während der Dok den Nasenknorpel richtete. Als Nächstes spürte er ein Zupfen weiter unten und vermutete, dass der Dok jetzt die Lippen auseinander zog, um sich den gebrochenen Zähnen zu widmen.
    »Er schätzt gerade die Lage ein«, sagte Stanton.
    Thorn schlug die Augen auf und blickte zur Seite. Er stellte fest, dass Stanton den Vorgang mit erkennbarer Faszination verfolgte.
    Stanton fuhr fort: »Sie hätten die Splitter Ihrer Zähne behalten sollen; dann hätte er sie direkt wieder aufschweißen können. Jetzt jedoch muss er alles vermessen und Farbe und Konsistenz für Synthoknochen und Zahnschmelz bestimmen. In gewisser Weise haben Sie noch Glück: Der Dok auf der ersten Lyric war nicht annähernd so modern – Sie hätten wohl wieder Zähne erhalten, aber wahrscheinlich in der falschen Farbe.«
    Thorn hätte gern eine sarkastische Bemerkung dazu gemacht, dass er zum fraglichen Zeitpunkt zu beschäftigt gewesen wäre, um die Zähne einzusammeln. Nach Stantons Grinsen zu urteilen, vermutete der Söldner wohl präzise, was Thorn dachte.
    Jetzt setzte das Brummen des Zellschweißers ein, als der Dok die Gewebeschäden am Gesicht reparierte. Während dieses Vorgangs grübelte Thorn darüber nach, wie unpassend der Begriff ›Zellschweißer‹ war, da ein Autodok im Grunde keine zerstörten, sterbenden oder toten Zellen reparierte – er entfernte sie vielmehr und verband die Gewebestrukturen aufs Neue, die durch Brüche, Risse oder Schnitte zerteilt worden waren. Bei stärkeren Verletzungen benutzte der Dok synthetisches oder neu gezüchtetes Gewebe, um die Lücken zu füllen – und im Fall synthetischen Gewebes wurde dieses mit der Zeit durch die natürliche Heilungskraft des Körpers ersetzt. Thorn vermutete allerdings, dass, von den Zähnen abgesehen, kein neues Material für ihn nötig wurde, da alles andere noch vorhanden war – wenn auch ein bisschen matschig.
    »Ihr Gesicht sieht aus, als wäre es explodiert«, fand Stanton. »Mich fasziniert immer wieder, wie diese Geräte einen Patienten selbst für kleinere innere Reparaturen aufschneiden.«
    Thorn dachte, dass Stanton lieber Chirurg hätte werden sollen – er schien es zu genießen, einem Patienten die Abläufe zu schildern.
    Jetzt gesellte sich zum Brummen des Zellschweißers das höhere Surren eines Knochenschweißers, mit dessen Hilfe der Dok die Zähne befestigte, die er mal eben schnell im eigenen Inneren hergestellt hatte. Weitere Zupfempfindungen traten auf, als er prüfte, ob seine Arbeit auch hielt. Während der Zellschweißer seine Arbeit fortsetzte, fragte sich Thorn allmählich, wie viel Schaden seinem Gesicht eigentlich zugefügt worden war – da kehrte plötzlich die Empfindung zurück, und der Dok ging wieder auf Abstand. Thorn setzte sich auf und griff gleich an sein Gesicht: Er verfügte über einen neuen Satz Schneidezähne, und die Nase wies wieder ihre gewohnte Form auf. Als Einziges spürte er noch Schmerzen tief im Zahnfleisch und den Nebenhöhlen. Er nahm den Spiegel zur Hand, den Stanton ihm reichte, und betrachtete die Reparaturen – dasselbe alte Gesicht ohne die Spur eines Hinweises, dass Knochen und Zähne gebrochen waren.
    »Sie sagen, Sie hegten inzwischen den größten Respekt vor Ian Cormac, und Ihre Einstellung hätte sich nach Viridian vollständig verändert. Trotzdem begreife ich immer noch nicht, warum Sie mir das Leben gerettet haben. Sie haben da unten verdammt viel riskiert«, sagte Thorn, als er den Spiegel zurückgab.
    »Ist es Ihnen immer noch nicht klar?«, fragte der Söldner, als er den Spiegel ins Regal zurückstellte. »Ich gehöre jetzt zu den Guten.«
    Thorn, selbst ein Experte in ›boshaftem Grinsen‹, fand, dass Stantons Version davon nicht leicht zu übertreffen war.
    Es war ein riesiges Schiff, ein günstiger Umstand, denn so fand man auch viele Stellen, wo man sich verstecken konnte – und derzeit wollte Skellor sich verstecken. Dieser Laderaum war alt und anscheinend schon seit langer Zeit unbenutzt. Die Keramalwände waren glanzlos, und auf dem Boden lagen die Deckflügel von Schwertkäfern verstreut, die irgendwann mal diesen Raum infiziert haben mussten. In viele

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