Der Erbe von Sean Garraí (Das Kleeblatt)
ein Schreibwarengeschäft im Ort führte, gemeinsam mit Damien und Tríona Hearne an Lautstärke übertrumpften. Voll ungläubigen Staunens hörte Manuel, wie der Bürgermeister verkündete, dass der Verlauf der Straße nach langen Diskussionen nun doch geändert werden sollte, weil der ursprüngliche Plan des Straßenbauamtes mitten durch einen Feenhügel führte.
Da fragte er sich, ob diese intelligenten, mit beiden Beinen auf dem Boden der Realität stehenden Geschäftsmänner noch alle Tassen im Schrank hatten. Als sein Blick über die ernsten Gesichter schweifte und er nichts als Erleichterung und Zustimmung erkannte, unterdrückte er jeglichen Kommentar. Offenbar handelte es sich um keinen Witz. Iren!
Und er mittendrin! Großer Gott!
„Dieser ganze Aufwand wäre nicht erforderlich gewesen, wenn wir wie in Island einen Feenbeauftragten in der Regierung sitzen hätten. Aber unser Abgeordneter hat den Vorschlag als unnötig abgetan. Das hat er nun davon!“
Dazu fiel Manuel schon gar nichts mehr ein. Wie beneidete er doch Damien, der sich in diesem Moment kopfschüttelnd aus dem lärmenden Pulk löste, sich von einem der Tabletts ein Glas Wein nahm und durch den Raum schlenderte. Seinem jüngeren Bruder war es im Gegensatz zu ihm vergönnt, zu tun und zu lassen, was er wollte. War ja auch sein gutes Recht. Na schön, immerhin tat der Kleine nichts anderes, als er, Manuel, während der letzten zehn Jahre. Er nickte und prostete ihm aus der Ferne zu.
Damiens Gesichtszüge wurden schlagartig weicher, als er Lisa und Shawn entdeckte, die ihn zu sich winkten. Lachend hob er den Jungen auf einen Arm, während er den anderen um die füllige Mitte seiner Frau legte.
„Ich sehe den Dreien immer wieder gerne zu“, brachte sich Alicia in seine Erinnerung zurück. „So stelle ich mir eine rundum glückliche Familie vor. Wie im Bilderbuch und trotzdem ganz real.“
„Das hört sich an, als hättest du keine angenehme Erinnerung an deine Familie.“ Er spürte, wie sie sich an seiner Seite versteifte und sich aus seinem Arm zu winden versuchte. „Tut mir leid. Tut mir wirklich leid, Alicia. Ich wollte dich mit diesen Worten nicht verletzen.“
„Das hast du nicht.“ Mit einem Ruck machte sie sich von ihm los. „Wenn du mich jetzt bitte entschuldigst.“
„Alicia, verzeih mir.“
Sie drehte sich noch einmal um und machte einen Schritt auf ihn zu. „Ich habe es vernommen“, sagte sie leise und überdeutlich. „Nichtsdestotrotz würde ich jetzt gerne zur Toilette gehen.“
„Ja. Natürlich. Selbstverständlich. Entschuldige.“
Es sollte nicht mehr wehtun. Nach all den Jahren sollte sie eigentlich genügend Abstand gewonnen haben, um mit klarem Kopf und bar jeder Emotion darüber reden zu können. Und doch trafen sie manche Erinnerungen noch immer vollkommen unvorbereitet und dermaßen schmerzhaft, dass sie kaum atmen konnte.
Sie marschierte schnurstracks zur Toilette, hob die Hände vors Gesicht und brach in lautes Schluchzen aus. All der angestaute Druck in ihrem Inneren brach sich Bahn, ihre Kehle brannte und ihr Schädel dröhnte, denn sämtliche Gefühle, die sie bisher unter Kontrolle gehalten hatte, brachen in einer heißen Flut aus ihr heraus.
Bis sie völlig ausgetrocknet war.
Länger als eine Viertelstunde würde sie sich nicht verstecken können, ohne vermiss t zu werden, sagte sie sich und legte seufzend das neueste Buch von Karo beiseite, welches ihr die Freundin ihrer Mutter zum Geburtstag geschickt hatte. Sie strich ihren Rock glatt, vermied es jedoch, in den Spiegel zu schauen, als sie ihr Zimmer durchquerte.
Und auf dem Gang prompt in Suses Arme stolperte.
„Hier hast du also die ganze Zeit über gesteckt. Was ist los, Kleine?“
„Hab’ mir ’ne Zigarettenpause gegönnt.“
„Alles in Ordnung bei dir?“
„Natürlich. “
„Dann hat dir wohl eine Allergie die Nase laufen lassen?“
„Genau. Eine Allergie. Gut siehst du übrigens aus.“
Es war also nichts in Ordnung mit dem Mädchen, seufzte Sus anne.
„Das hoffe ich doch. Obwohl man sich als Mutter besonders dann furchtbar alt vorkommt, wenn eins der Kinder Geburtstag feiert.“
„Ich hätte nichts dagegen gehabt, wenn wir meinen dieses Mal hätten ausfallen lassen.“
„ Du kannst es einfach nicht lassen, jedes Jahr aufs Neue diese nervige Diskussion anzufachen, was?“ Susanne gab Alicia einen liebevollen Klaps auf deren Hintern. „Gefällt dir die Party nicht?“
„D as wollte ich damit nicht sagen.
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