Der Erbe von Sean Garraí (Das Kleeblatt)

alles ruhig verlaufen ist.“
    „ Wieso? Gab es Ärger?“
    „Den hätte es unter Garantie gegeben, wenn er einen ungebetenen Gast nicht in aller Stille aus dem Haus komplimentiert hätte. Hast möglicherweise du den Tänzer eingeladen? Gearóid Callaghan?“
    „Wie kommst du denn darauf? “ Jetzt hatte Alicia Suses volle Aufmerksamkeit. „Mit diesem Kerl will ich weiß Gott nichts zu schaffen haben. Vor einer halben Ewigkeit hat mich Ean mit Máirtín Callaghan bekannt gemacht und der hat mich ins Theater nach Tralee mitgenommen, an dem sein älterer Bruder Gearóid tanzte. Der machte zwar äußerlich den Eindruck eines jungen Gottes, aber das war auch schon alles, was er zu bieten hatte. Höchstens noch seine Tanzkünste, die wirklich sehenswert waren. Er war der absolute Star im Siamsa tíre . Und singen konnte er, dass es einem durch und durch gegangen ist.“
    „Er hat also ziemlich Eindruck auf dich gemacht.“
    „Wenn du mich fragst, war er nicht ganz dicht. Einer von diesen ewig gestrigen Spinnern, die alles Englische am liebsten mit blanker Gewalt bekämpfen würden und wenn es nach …“
    Mit einer hastigen Bewegung stellte Susanne ihre Kaffeetasse ab. „Teufel auch, jetzt fällt es mir wieder ein. Der Ring! Diese nationalistischen Reden der Hüter des Keltentums. Ihr entschuldigt mich.“
    V ollkommen überrumpelt von ihrem Aufbruch blickten Alicia und Lisa der Älteren hinterher.
    „ Was soll denn das gewesen sein?“
    „Mmmh? Keine Ahnung“, mümmelte Lisa mit vollem Mund. „Apropos kämpfen, was veranstalten die eigentlich da draußen für einen Lärm? Man könnte meinen, eins der Kinder würde abgeschlachtet.“
    Alicia wandte sich zum Fenster um und wurde bleich wie die Wand. „Oh mein Gott, er schlägt ihn tot!“
    „Wer? Wen denn?“
    Alicia riss das Fenster auf und beugte sich derart weit vor, dass Lisa sie um die Taille packte aus Angst, sie könnte hinausfallen. „Damien, hör auf! Zur Hölle, lass ihn in Ruhe!“
    „Damien?“ , wiederholte Lisa, als hätte sie diesen Namen nie zuvor gehört. „Das ist doch Unsinn! Damien kann keiner Fliege was zuleide tun. Er ist der gutmütigste Mensch, der auf dieser Welt wandelt.“
    „Jemand muss ihm helfen!“
    Damien stand noch immer breitbeinig vor Manuel, die Fäuste geballt und die Augen zu schmalen Schlitzen verengt, bereit zum Kampf.
    Als sich Alicia jedoch auf die Bewegung seiner Lippen konzentrierte, wurde sie eines Besseren belehrt. Und hätte sich am liebsten in die kleinste Ritze im Fußboden verkrochen. Augenblicklich hatte sie ihre Meinung geändert, was das Totschlagen betraf. Jetzt nämlich wünschte sie sich voller Inbrunst, Manuel und Damien würden sich gegenseitig umbringen. Und zwar auf der Stelle, in aller Öffentlichkeit und unter größtmöglichem Blutvergießen.
    „Hat sich Lisas Bruder eigentlich auch aufgeführt wie ein Berserker, als er hörte, dass du mit ihr schläfst?“, wollte Manuel wissen.
    „Das war etwas anderes.“
    „Wieso?“
    „Nun … äh, immerhin kannten wir uns bereits eine Ewigkeit. Seit wir Kinder waren. Und Stiofán wusste, dass ich es ernst mit ihr meinte. Dass ich absolut ehrenhafte Absichten hatte, nachdem wir es das erste Mal taten. Und davor natürlich auch schon.“
    „ Ach ja.“ Oder was hätte er darauf erwidern sollen? „Wie kommst du darauf, ich würde es nicht Ernst mit Alicia meinen?“
    „ Tust du es denn?“
    „ Ich denke, das ist eine Angelegenheit, die Alicia und ich untereinander ausmachen müssen. Wenngleich du mir eine Heirat voraus bist, werde ich mit dir nicht darüber diskutieren.“
    Damien beäugte seinen Bruder mit einer gehörigen Portion Schadenfreude. Dann reichte er ihm die Hand und zog ihn auf die Füße. „Und du warst tatsächlich leichtsinnig genug, Ena zu bestechen? Hoffentlich nimmt sie dich aus wie eine Weihnachtsgans.“
    „ Weiber! Wer …“ Manuel zupfte sich an der Nasenspitze und scharrte mit der Schuhspitze im Dreck, den Blick zu Boden gerichtet. „Wer weiß noch … davon?“
    „Ich bin dein Bruder und kein Klatschweib. Für die Kinder dagegen würde ich meine Hand nicht ins Feuer legen. Mensch, Junge, was hast du dir nur dabei gedacht?“
    „Keine Ahnung . Ich weiß nicht, wie es dir in einer solchen Situation geht, aber mit dem Denkvermögen ist es nicht weit her, wenn man erst einmal angefangen hat mit diesem Spiel.“
    „Der ewige Fluch, der auf uns Männern lastet. Du warst hoffentlich … ich meine, Alicia wollte es doch