Der Erbe von Sean Garraí (Das Kleeblatt)

sie den verschütteten Kaffee mit dem Fuß zur Seite fegte. „Nicht Danilo. So gut solltest du ihn eigentlich kennen. Du hast dich eindeutig geirrt.“
    „So meinte ich das nicht. Er hat keine andere Frau. Natürlich nicht. Er hat … Es geht um Angel.“
    Suses Kopf flog erneut in die Höhe und sie ließ sich mit einem spitzen Schrei der Überraschung auf einen Hocker sinken. Angel! Der Vater von Karos Zwillingen Lucas und Nicolas. Angel, der entführt worden war und erst nach drei Jahren als gebrochener Mann wieder nach Hause kam. Und kurz darauf starb.
    Nachdem auch Beate Schenke verschwunden war, Alicias Mutter, ihre gemeinsame Freundin aus Kindertagen.
    „Ich habe Angels Krankenakte gesehen. Danilo hatte sie zu Hause in seinem Arbeitszimmer liegen lassen. Weiß der Geier, wieso er sie überhaupt aus der Klinik mitgenommen hat! Nach so vielen Jahren interessiert Angels Krankengeschichte doch niemanden mehr. Als ich dann gelesen habe, woran Angel gestorben ist, war mir natürlich alles klar. Vermutlich wollte Danilo die Akte frisieren. Oder beseitigen. Auf jeden Fall hat er mich die ganze Zeit über angelogen!“
    Tränen schossen Karo aus den Augen und sie schluchzte laut auf. Suse zog sie in ihre Arme und hielt ihr eine Serviette unter die tropfende Nase.
    „Unser e Ehe … und schon davor … das waren alles nichts als Lügen! Diese Kerle haben mich von Anfang an benutzt. Ich komme mir dermaßen dumm vor, richtig dämlich, weil ich ihnen geglaubt habe. Dabei habe ich … ich habe sie geliebt, während sie sich über meine Naivität wahrscheinlich halb totgelacht haben.“
    „Rede dir nicht solch einen Unsinn ein. Du weißt, das ist nicht wahr.“
    „Kennst du dieses schreckliche Gefühl, dass nichts mehr stimmt? Dass du dic h auf nichts und niemanden verlassen kannst? Dass du hinter jedem Wort eine Lüge vermuten und hinter jedem Freund einen Verräter sehen musst? Du weißt nicht mehr, wem du vertrauen und an was du glauben darfst. Also ziehst du dich von allen zurück und bleibst allein mit deinen Zweifeln und deinen Ängsten. Bis sie dich eines Tages in den Wahnsinn treiben.“
    Genau das empfand sie in diesem Moment – wie schon einmal vor so vielen Jahren, als Danilo ihr eröffnet hatte, dass Angel für einen Geheimdienst arbeitete und vermutlich aus diesem Grund entführt worden war und beinahe drei Jahre in einem Folterkeller verschwand.
    „ Man kann einen Menschen nicht allein mit Lügen verrückt machen, sondern genauso mit wohl dosierten Halbwahrheiten. Nie, nie wieder wollte ich mir das bieten lassen. Und nun ausgerechnet Dani. Ausgerechnet er hat mich …“ Der Rest von Karos Worten ertrank in der nächsten Sturzflut aus Tränen des Kummers und der Enttäuschung.
    „ Ich verstehe gar nichts“, gestand Suse, nachdem sich Karo etwas beruhigt hatte. Sie reichte ihrer Freundin eine Mugg Kaffee. „Wozu haben sie dich benutzt? Und weshalb sollten sie über dich gelacht haben? Danilo liebt dich, verflucht noch mal! Er muss gute Gründe haben, wenn er dir …“ Suses Augen weiteten sich. „Was hast du eigentlich in Angels Akte gelesen?“
    „Er ist an einer Überdosis Morphi n gestorben. Die Menge, die bei der Obduktion in seinem Körper festgestellt wurde, hätte ausgereicht, um ein Pferd aus den Latschen zu hebeln. Wer immer das getan hat, wollte ganz sicher gehen, dass er nicht überlebt. Als ich Danilo deswegen zur Rede gestellt habe, hat er behauptet, er könnte sich nicht erklären, woher sich Angel das Gift beschafft hatte. Gerade so, als hätte er sich das Zeug selbst verabreicht – während ich neben ihm geschlafen habe! Er war Monate ans Bett gefesselt, ehe er … bis zu dem Tag, als er wieder sehen konnte. Er war so schwach, dass er nicht einmal mehr in der Lage war, aus dem Bett zu steigen ohne fremde Hilfe! Er konnte nicht alleine gehen. Danilo hat mir damals selber erzählt, er würde Angel jeden Tag Morphin gegen die Schmerzen geben. Und zwar zusätzlich zu der Spritzenpumpe, die sie ihm angelegt hatten. Das ist so eine Apparatur, über die das Schmerzmittel gleichmäßig verteilt über Stunden abgegeben wird.“
    „Du … du glaubst doch nicht im Ernst … Willst du behaupten, Danilo hätte Angel eine Überdosis verabreicht? Dass er ihn vergiftet … umgebracht hat? Bist du denn von allen guten Geistern verlassen? Du beschuldigst Danilo, ein Mörder zu sein?! Seinen besten Freund und Bruder getötet zu haben? Du weißt, Danilo wäre dazu nicht fähig! Jeder andere, nur er