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Der Erbe von Sean Garraí (Das Kleeblatt)

Der Erbe von Sean Garraí (Das Kleeblatt)

Titel: Der Erbe von Sean Garraí (Das Kleeblatt) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hansi Hartwig
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allen Ernstes ohnmächtig geworden war oder lediglich schauspielerte.
    „Man sollte ihr verbieten , sich in der Bibliothek wahllos zu bedienen. Bedauerlicherweise bringt es Susanne nicht übers Herz, mit dem nötigen Ernst durchzugreifen. Na ja“, die junge Frau kratzte sich verlegen am Hinterkopf, „es ist zugegebenermaßen auch ein bisschen meine Schuld. Ich hätte Ena niemals schon mit fünf Jahren das Lesen beibringen dürfen.“
    „Manuel, der M -Mörder“, würgte er hervor und glaubte, an dem Wort ersticken zu müssen. Seine Gesichtszüge spannten sich an. „Kennt man mich hier unter diesem Namen?“
    „Nein -nein, natürlich nicht“, versuchte sie viel zu hastig, ihn zu beruhigen, womit sie jedoch das genaue Gegenteil bewirkte. „Niemand nennt dich so, Manuel. Sie hat sich das vermutlich selbst ausgedacht. Du darfst ihr diesen Hang zum Melodramatischen und ihre blühende Fantasie nicht übel nehmen. Ich fürchte, das liegt an Irland und dem Mythos des Zauberhügels von Sean Garraí , mit dem sie aufwächst. Wenn sie etwas aufschnappt, denkt sie sich ihre eigenen Geschichten dazu aus. Das hat sie bereits als kleines Kind für ihr Leben gern getan. Ich habe keine Ahnung, von wem sie sich das abgeguckt hat, tippe allerdings auf unsere gute Máire. Du erinnerst dich bestimmt an sie und ihr Faible für die irischen Sagen. Ena war immer ganz verrückt danach und deswegen todunglücklich, als Máire nach Schottland ging.“
    „Ich verstehe. Man hat also alle vor mir gewarnt.“
    Sie nahm deutlich die Bitterkeit hinter den leichthin gesagten Worten wahr. Eine nichts sagende Beschwichtigung würde er ihr nicht abnehmen, also schwieg sie.
    „Und wer …“ Manuel räusperte sich verlegen. Zehn Jahre und er hatte so viel versäumt. Er kannte nicht einmal seine Schwester! „Wer ist das Bürschchen?“
    Doch nicht etwa ein Bruder, von dem er nichts wusste?
    „Damiens Sohn.“
    „Damien hat … Damien? Der Junge ist gerade mal fünfundzwanzig!“
    „Und damit, wie man bald immer deutlicher sehen wird, alt genug auch für das zweite Kind, das inzwischen unterwegs ist.“
    „ Grundgütiger! Das ist … und …“ Er hielt inne, als würde er auf eine Eingebung warten, bevor er zögerlich fortfuhr. „Und du? Wer bist du?“
    Damiens Ehefrau war Lisa und demnach die Mutter des kleinen Shawn. War die Fremde etwa die Gattin von Éamonn? Er musterte sie verstohlen von der Seite. Zu jung! Obwohl, hieß es nicht, stille Wasser seien tief? Nun, warum nicht? Er war immer gut mit dem Stallburschen Éamonn Gallagher ausgekommen, hatte der sich doch nie in die Angelegenheiten der Familie eingemischt wie die Ó Briains, sondern distanziert beobachtet und geurteilt – und seine Meinung dankenswerterweise stets für sich behalten.
    „Oh. Ich bin die Einzige, die nicht hierher gehört.“
    „Sind wir uns schon einmal begegnet?“
    „Daran kann ich mich nicht erinnern“, platzte sie derart heftig hervor, dass er ihr kein Wort glaubte.
    „Wer bist du?“
    Sie schlug in Gedanken drei Kreuze, als einen Wimpernschlag später Damien aus dem Haus geschossen kam, die Stufen hinab sprang und ihnen entgegeneilte. Er funkelte seinen Bruder voll Zorn an und riss ihm das Mädchen regelrecht aus den Armen.
    „Du bist noch keinen Tag hier und schon gibt es Ärger“, presste er zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. „Warum bist du nicht geblieben, wo du dich bislang verkrochen hast! Don diabhal é. Zum Teufel mit dir!“
    Manuel wich zurück und ließ resigniert die Hände sinken. Es gab ihm einen Stich in s Herz, als er Damien hinterher blickte, der Ena ins Haus trug, während die namenlose, langbeinige Schönheit den kleinen Shawn an die Hand nahm und ebenfalls im Haus verschwand. Wie verloren stand er da. Niemand schaute sich nach ihm um. Warum auch? Jahrelang hatte ihn niemand vermisst. Wieso sollte sich ausgerechnet heute etwas daran geändert haben?
    Damien hatte Recht. Was wollte er hier? Warum hatte er unbedingt nach Sean Garraí kommen müssen, wo ihn keiner kannte und erst recht keiner haben wollte? Er hatte sich stets als Fremder gefühlt und war in der irrigen Hoffnung nach Killenymore gefahren, dies zu ändern. Doch er würde vermutlich nie etwas anderes als ein unerwünschter Gast sein.
     
    So stand er auch noch eine Viertelstunde später, als die junge Frau mit dem Arzt durch die Tür trat. Ihre Augenbrauen zogen sich vor Verwunderung zusammen, als sie Manuel erblickte. Wie einsam er aussieht, dachte sie. Wie

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