Der Erbe von Sean Garraí (Das Kleeblatt)
ausreichend. Ganz bestimmt.“ Er lächelte dünn und seine Augen schielten nach unten. „Dein Knie. Es ist … sehr effektiv und macht mich … nervös.“
„Schön. Ganz genauso war es gedacht. Und nun geh mir aus dem Weg, ehe ich es mir anders überlege und dafür sorge, dass deine tollen Ärzte doch noch Recht behalten.“
„ Schon gut. Du hast mich überzeugt. Du kannst also auf dich allein aufpassen. Mit einem spitzen Knie an einer derart empfindlichen Stelle wäre es auch ziemlich blöd, dir zu widersprechen.“ Es gab nun einmal Dinge, die ein Mann lieber nicht riskierte.
„ Sieh an, was für ein kluger Kerl du sein kannst. Ich empfehle dir, öfter von deinem Hirn Gebrauch zu machen.“
War es ein Fehler gewesen, seinen Antrag abzulehnen? In den drei Tagen, die seitdem vergangen waren, hatte sie sich diese Frage mindestens eine Million Mal gestellt. Immer wieder war sie in Gedanken jedes Wort ihres Gesprächs durchgegangen und hatte sich seine Miene und seinen Tonfall in Erinnerung gerufen. Und trotzdem keine befriedigende Antwort auf diese Frage gefunden.
Mit einem Heiratsantrag hatte sie rechnen müssen, dachte sie niedergeschlagen , während sie über ihren Aufzeichnungen saß und zu arbeiten versuchte. Sein Ehrgefühl verlangte zweifellos diese noble Geste von ihm, nachdem sie sein Kind erwartete. Und deswegen betrachtete er es als seine Pflicht, sie zu heiraten. Möglicherweise wollte er nur sein schlechtes Gewissen beruhigen. Und wenn er es jemals bereuen sollte, so würde er das nie zeigen. Denn so musste sich ein Clausing verhalten. Doch eine Entscheidung, die ihm – von welcher Seite und auf welche Weise auch immer – aufgezwungen wurde, würde ihn vergiften.
Er wollte sie heir aten. Der Märchenprinz bot ihr – ausgerechnet ihr! – seinen Namen, seinen Schutz und einen Platz in seinem gräflichen Zuhause an. Es war der Traum einer jeden jungen Frau, der mit seinem Antrag in Erfüllung gehen würde.
Nichtsdestotrotz fühlte sich Alicia, als wäre sie auf dem Weg zum Schafott.
Eine Heirat. Aufgrund ihres Glaubens nahm sie eine solche Bindung sehr ernst. Für sie war die Ehe ein Schritt, den man nicht einfach mal so ging , weil es gerade passte oder irgendjemand darauf wartete. Wenn man feststellte, dass man die falsche Richtung eingeschlagen hatte, konnte man nicht einfach kehrtmachen und woandershin laufen. Nach ihren eigenen Wertvorstellungen war die Ehe ein Bund, den man für alle Zeiten einging.
So weit war sie indes längst nicht. Sie wollte sicher sein, dass ihrer Verbindung Dauerhaftigkeit beschieden sein würde. Sie wollte davon überzeugt sein, dass der Mann, dem sie ihr Jawort gab, sie aufrichtig liebte. Sie selber und nicht allein den Erben, den sie bekam und er für den Fortbestand seiner Linie brauchte.
Manuel hatte bisher nichts getan, um sie von seinen Gefühlen für sie zu überzeugen. Er war unberechenbar. Und deswegen nicht der Mann, den sie haben wollte. Sie brauchte Ordnung, Frieden und Sicherheit, all das, was sie als Kind nicht hatte und deswegen höher schätzte als sämtliches Geld.
Sie malte sich aus, wie sich die Götter im Himmel gerade köstlich amüsierten über den neuerlichen Streich, den sie zwei Erdlingen spielten, und das lenkte sie davon ab, dass ihr Plan, zurück nach Frankreich zu fahren, ehe man ihre Schwangerschaft bemerkte, nun nicht mehr aufging. Es war nichts als geistiges Pirouettendrehen, aber es half ihr zumindest für einen Moment.
3 7. Kapitel
„Wir müssen miteinander reden.“
Alicia blickte nur kurz von ihrem Buch auf, um zu sehen, mit wem Manuel sprach.
Aha, mit ihr.
„In Ruhe. Nicht hier.“ Er blickte über die Schulter, wo er seine Familie wusste , die, wie’s der Zufall so wollte, stets dann mucksmäuschenstill wurde, wenn er sich mit Alicia unterhalten wollte.
Wortlos legte sie das Buch beiseite und stand auf . Ebenso wortlos nahm sie den Korb, der neben der Tür stand, und verließ das Zimmer in Richtung Garten. Draußen reichte sie ihm den Korb, suchte die Sträucher nach reifen Tomaten ab und hielt Manuel die schönsten Exemplare entgegen, die er achtlos hinein plumpsen ließ.
„Also, ich höre.“
„Es tut mir leid, wie sich diese Sache entwickelt hat. Deswegen wollte ich dir sagen …“
„Dass du dir wünschst, wir wären uns nie begegnet“, unterbrach sie ihn tonlos. „Das weiß ich bereits. Ich wünsche mir das ebenfalls.“
„Nein!“, protestierte er heftig. „Das meine ich doch gar
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