Der Erbe von Sean Garraí (Das Kleeblatt)
Großmüttern, um Alicia zu kämpfen. Er liebte sie, betete er immer wieder wie ein Mantra vor sich hin, und sie liebte ihn ebenfalls. Wenn sie sich jetzt noch nicht für ihn entscheiden könnte, würde er eben abwarten. Es sollte ihm ein Leichtes sein, dieses unbedeutende Opfer auf sich zu nehmen. Nichts und niemand drängte sie, sofort vor den Traualtar zu treten. Sollte sie ruhig erst ihr Kind zur Welt bringen – wenn es sein musste, auch in Frankreich. Das würde nichts daran ändern, dass er der Vater dieses Kindes war. Und falls sich diese Tatsache noch nicht herumgesprochen haben sollte, würde er es dem tollen Doktor persönlich klarmachen. Jawohl! Er musste mit Raymon Gaughan reden. Der sollte eigentlich intelligent genug sein zu begreifen, dass Alicia ihn liebte und deswegen folgerichtig auch nur ihn heiraten konnte.
Zufrieden mit sich und diesem Entschluss machte er sich auf den Weg hinab ins Dorf, um sein Vorhaben sofort in die Tat umzusetzen. Wenn er Glück hätte, würde er Gaughan noch vor seiner Mittagspause in der Praxis erwischen.
Doch je mehr er sich Killenymore näherte, desto mehr verirrten sich seine Gedanken im Labyrinth seiner Innenwelt, desto heftiger nagten die Zweifel an ihm. Raymon hatte Alicia einen Antrag gemacht, aber sie hatte sich mit keinem Wort dazu geäußert, wie ihre Antwort ausgefallen war. Hatte sie dem Arzt ebenfalls einen Korb verpasst oder sich lediglich etwas Bedenkzeit erbeten? Bestimmt hätte sie sich anders ausgedrückt, wenn sie ihm ihr Jawort gegeben hätte. Noch war er nicht aus dem Rennen, redete er sich Mut zu, etwas anderes war einfach undenkbar. Alicia hatte Rays Antrag nicht angenommen. War das nicht ein eindeutiges Zeichen dafür, dass das, was sie für ihn, Manuel, empfand, stärker war als Rays Zuneigung und Freundschaft?
Mit einem Mal kam ihm seine Idee , mit Gaughan zu reden, lächerlich vor. Diese Sache ging allein Alicia und ihn an. Er durfte Rays Antrag nicht mehr Bedeutung beimessen, als er hatte.
Er öffnete die Tür zu O’Donoghue’s und sofort hüllten ihn lautes Stimmengewirr und Gelächter, Radiomusik und der Geruch von Bier und gebratenem Fleisch ein. Vielleicht hatte die Kneipe schon bessere Tage gesehen, sicher war sich Manuel allerdings nicht. Für seine Zwecke jedoch würde der verwinkelte Raum mit der niedrigen Decke vollkommen genügen. Wenn je ein Mann Grund gehabt hatte, sich zu betrinken, dann war er das.
Selbst zu dieser frühen Stunde war der Pub erstaunlich gut besucht. Redselige Trinker drängten sich an den Tischen. Andere kauerten, um de m Nachschub noch näher zu sein, auf den langbeinigen Hockern direkt an der Bar. Ein paar Touristen wärmten sich die Hände an ihren Teetassen, während der neue Gast beabsichtigte, eine viel tiefer gehende Kälte mit einem weitaus kräftigeren Trank zu vertreiben.
Ohne nach rechts oder links zu sehen, durchquerte er den Raum. Einige der Gäste hoben flüchtig den Kopf und murmelten etwas, das wie ein Gruß klang, in seine Richtung. Die Miene des jungen Grafen entmutigte allerdings jeden, der auf eine Erwiderung wartete. In der dunkelsten Ecke, ein Stück von den anderen entfernt, ließ er sich auf eine Bank sinken in der Hoffnung, man möge seinen Wunsch nach Ungestörtheit respektieren. Alles war genau so, wie er es sich wünschte. Er wollte weder gesehen noch angesprochen werden. Sich in aller Ruhe betrinken und darüber seine Niederlage vergessen, so hatte er entschieden, war eine Beschäftigung, der man sich am wirkungsvollsten allein hingab.
Was dem Wirt, der tagein , tagaus mit Menschen zu tun hatte und dem in all den Jahren die wunderlichsten Exemplare dieser Gattung untergekommen waren, nicht entging. Also hielt Alex O’Donoghue ein frisches Glas unter den Hahn und zapfte in hundertneunzehn Sekunden eine Pint Guinness für den Grafen, welches er zusammen mit einer Flasche Whiskey und einem Glas wortlos vor ihn auf den Tisch stellte.
Manuel hob nicht einmal den Kopf. Er hörte die anderen reden, er hörte ihren Gesprächen zu , ohne auch nur ein einziges Wort zu verstehen, und spürte mit erschreckender Ruhe, wie sich der nächste Sturm in seinem Inneren zusammenbraute. Es war für das Ego eines Mannes ein wahrhaft schwerer Schlag, wenn die Frau, die sein Kind erwartete, die er begehrte und mit der er den Rest seines Lebens verbringen wollte, seinen Antrag ablehnte und ihn stattdessen mit irgendwelchen dämlichen Vernunftgründen vertröstete.
Nach der nächsten Pint hatte er
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