Der Erbe von Sean Garraí (Das Kleeblatt)
Macken wettmachen, magst du meinen. Da kann ein Landarzt nicht mithalten, wie?“
Er versuchte, bis zehn zu zählen, ehe er seine Antwort geben wollte , kam aber nur bis drei, dann brüllte er: „Verstehst du mich absichtlich immer falsch? Verdammt noch mal, du machst mich wahnsinnig!“
„ Ich treibe dich bestimmt nicht zum Wahnsinn“, fuhr sie ihn aufgebracht an. „Du warst nämlich schon wahnsinnig, bevor wir uns kennengelernt haben. Dein Ruf ist deiner Ankunft in Irland vorausgeeilt, weißt du?“
„ Wenn ich mit dir rede, habe ich ständig das Gefühl, mit dem Schädel gegen eine Betonmauer zu rennen.“
„Ich habe meine Wahl getroffen , Manuel.“
Wortlos starrte er sie an. Er weigerte sich zu glauben, was sie gesagt hatte. Es durfte einfach nicht wahr sein!
„Du hast … du willst … diesen Doktor? Das war doch nicht dein Ernst.“
Die Erinnerung daran, wie sie Gaughan berührt hatte, wie sie ihn ansah und er sie im Gegenzug anhimmelte, bohrte sich wie ein Messer in seine Eingeweide. Eifersucht, denn lediglich das konnte es sein, packte ihn mit eisenharter Faust und schüttelte ihn durch, bis er nicht mehr wusste, wo ihm der Kopf stand.
„Findest du es nicht herzlos, wie du ihn benutzt?“
„Das tue ich nicht.“ Seine sanfte Anschuldigung erstaunte sie. „Im Übrigen geht dich diese Angelegenheit nichts an.“
„ Und warum bitte nicht? Ich verbiete dir, diesen Arzt zu heiraten, da du in Wirklichkeit mich willst. Spar dir also die Mühe, mir einreden zu wollen, du wärst in ihn verliebt.“
Sie lachte spöttisch auf. „Liebe ist der einzige Luxus, den ich mir nicht leisten kann. Darin unterscheiden sich unsere Ansichten gar nicht mal so sehr.“
„ Du kannst ihn nicht lieben, weil du mich liebst.“
Sie wollte gerade den Mund aufsperren, um ihn verbal niederzumähen , als er in weiser Voraussicht seine Lippen auf ihre senkte und auf diese hinterhältige Weise ihr Vorhaben vereitelte. In einer geradezu perfekten Imitation ihres Aktes ließ er seine Zunge in ihren Mund gleiten und zog sie wieder zurück, drängend, fordernd, immer schneller, bis sie spürte, wie sich sein Herzschlag und Atem beschleunigten und seine Hände ungeduldig über ihren Körper glitten.
„Lass mich los. Hör auf, Manuel.“
Überrascht blickte er auf sie hinab. Ihre Augen waren nicht genüsslich geschlossen und leuchteten auch nicht vor Glück und Verlangen, wie er es erwartet hatte. Alles, was sich in ihren herrlichen, türkisfarbenen Augen widerspiegelte, waren Verärgerung und eine gewisse Gleichgültigkeit.
Er blinzelte verwundert, als sie schnell einen Schritt zurück trat.
Und ihm eine schallende Ohrfeige versetzte.
Verdutzt hielt er sich die Hand an die brennende Wange. Offenbar hatte er sich getäuscht. Sie war nicht verärgert, sondern wütend.
„Lässt du dir das jetzt zur Gewohnheit werden? Ich warne dich, überlege dir in Zukunft lieber zweimal, was du tust.“
Sie bückte sich nach dem Glas, das sie bei Manuels Angriff hatte fallen lassen, und wischte kopfschüttelnd die kleine Lache Whiskey mit ihrem Taschentuch fort. „Du kannst mir keine Angst machen.“
„Lege es besser nicht darauf an. “
„ Gut. Und nun geh bitte. Ich bin beschäftigt.“
„ Und sonst hast du nichts zu sagen?“
„Was willst du noch hören? Ich danke dir für die Abwechslung, die du in mein Leben gebracht hast. Wartest du darauf? Es war … mmmh, recht nett mit dir. Deine Anwesenheit hat mir die Augen geöffnet für die wirklich wichtigen Dinge im Leben. Nein, ich habe dir nichts mehr zu sagen, Manuel. Lass mich bitte allein.“
Sie bemühte sich , gelassen zu wirken, und wandte sich um, wenngleich sie ihm liebend gern noch weiter die Meinung gegeigt hätte – nämlich dass er ein sturer, unsensibler Klotz war. Das allerdings, so nahm sie an, hatte wohl wenig Sinn. Susanne konnte ein Lied davon singen, hatte sie doch jahrelang vergeblich auf eine Liebeserklärung von Manuels Vater gewartet. Aber sie, Alicia, würde sich nicht so lange in Geduld üben. Niemals! Sie durfte es einfach nicht, um dann trotzdem bloß enttäuscht zu werden – genau wie Susanne.
43 . Kapitel
Entschlossen zerrte sie den Koffer vom Kleiderschrank und warf ihn aufs Bett. Manuels Miene wirkte wie eingefroren, während er dabei zusah, wie Alicia in Schubladen und Schränken wühlte, um die Kleidung auszuwählen, die sie vor ihrem Heimflug nicht mehr tragen würde.
„W -was … was tust du da?“ Fassungslos starrte er Alicia
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