Der Erbe von Sean Garraí (Das Kleeblatt)
eine genau dosierte Menge Wasser aus einer kleinen Karaffe dazu gab.
„Auf deine Heimkehr.“
Er betrachtete sie lange schweigend, ließ den Whiskey in seinem Glas kreisen und sagte schließlich leise: „Auf dass man mich nach Hause kommen lässt.“
„ Manuel, niemand wird dir deinen Platz in dieser Familie streitig machen. Aber versuche ebenfalls, dich in Damiens Lage zu versetzen. Ich muss ihm Recht geben, wenn er sauer auf dich ist, weil du erst heute nach Hause gefunden hast. An ihm ist seit Matthias’ Tod sämtliche Verantwortung für dieses Haus hängengeblieben. Es war einfach zu viel verlangt von einem jungen Burschen, der nichts anderes im Kopf hatte, als mit den Pferden zu arbeiten und für seine kleine Familie da zu sein.“
„Und nun denkt er, ich bin gekommen, um ihm das alles wegzunehmen, mich ins gemachte Nest zu setzen und die Früchte seiner Arbeit zu genießen? Bloß weil ich zufällig der Älteste von uns bin und mir der Graf dieses verdammte Sean Garraí vererbt hat?“
„Hast du mir überhaupt nicht zugehört?“, fuhr sie ihn aufgebracht an. „Damien hat das alles nie haben wollen! Nicht für Geld und gute Worte. Du dagegen hast ihn mit deinem klammheimlichen Verschwinden dazu gezwungen, sich um Sean Garraí zu kümmern. Er ist praktisch wie ein Nichtschwimmer ins kalte Wasser geworfen worden. Es blieb ihm gar nichts anderes übrig, als den Kopf mehr schlecht als recht oben zu behalten, denn Matthias … seit dem Infarkt war er kaum noch in der Lage, etwas zu arbeiten. Damien wird dir mit Kusshand die Verantwortung für die Bewohner und das Land von Sean Garraí überlassen, dazu den ganzen Schreibkram, die Kassenbücher, Bestellungen und Rechnungen, den Ärger mit Steuerprüfern, Käufern und Verkäufern, Handwerkern, Versicherungen und Rechtsanwälten. Und deswegen möchte ich dich bitten, ehrlich zu ihm zu sein. Er hat ein Recht auf deine Aufrichtigkeit. Sag ihm klipp und klar, was du vorhast.“
„Was sollte ich vorhaben?“
Er leerte sein Glas und presste für einen Moment die Lider aufeinander, weil ihm der ungewohnte Alkohol die Tränen in die Augen trieb. „Oh. Mein. Gott! Womit hast du diesen Whiskey vergiftet?“, keuchte er. „Batterieflüssigkeit? Abflussreiniger? Nie und nimmer hat sich Clausing ein solches Gesöff hinter die Binde gekippt!“
„Ich war überzeugt, das sei eine von lediglich zehntausend Flaschen Green Spot , die jährlich hergestellt werden.“ Mit Unschuldsmiene griff Alicia nach seinem Glas, schnupperte daran und goss sich schließlich selbst aus der Flasche ein.
„ Croí folláin agus gob fliuch “, wünschte sie Manuel und, ohne das Gesicht zu verziehen, trank sie. Fragend schob sich eine Braue in die Höhe. „Mmmh, vorzüglich. Ein außergewöhnlicher Tropfen, findest du nicht? Zu gut und zu selten, um ihn zu ignorieren. Er ist ein wenig leichter und fruchtiger im Geschmack als der Redbreast – Schmeckst du die typisch irischen Quittentöne und etwas wie einen Hauch von Menthol heraus? –, nicht ganz so urig und kernig, wenngleich er den Mund mit einer dezenten Würzigkeit füllt. Finde ich zumindest“, setzte sie in treuherzigem Ton hinzu. „Ein Mann, der keinen Whiskey verträgt, ist kein Mann.“
„Sagt man das so? Na, von mir aus, es gibt wohl Schlimmeres. Lig mé mo féin as cleachtadh. “
Er lächelte ihr zu , ein schwaches Lächeln aus rätselhaften Augen, und deutete auf den Schreibtisch und den Computer, der leise summte. „Hast du daran …“, er zuckte vage mit der Schulter, „irgendwas … gearbeitet? Oder so?“
„Oder so. Ich war ein wenig im Internet spazieren. Ich hoffe, du hast nichts dagegen, wenn ich hin und wieder die Anlage benutze.“
„ Es ist nicht meine. Ich wüsste vermutlich gar nichts damit anzufangen, obwohl ich Diplomingenieur bin. Wenn ich dich bei etwas Wichtigem gestört habe, tut es mir leid. Ich bin auch gleich wieder weg.“
„Nein, bleib ruhig. Das hat Zeit bis morgen.“
Sie hatte es sich angewöhnt, sämtliche Dateien zu schließen, wenn si e ihren Platz hinter dem PC verließ und sei es bloß, um sich schnell in der Küche eine Tasse Milch warm zu machen. Von dieser Routine wich sie selbst um diese Zeit nicht ab, da die meisten Bewohner des Herrenhauses längst schliefen. Sie konnte es sich nicht leisten, sich auf ihr Glück zu verlassen.
Während sie den Computer herunterfuhr und das Gerät samt Drucker per Tastendruck unter der Tischplatte verschwinden ließ, erkundigte sie
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