Der Erbe von Sean Garraí (Das Kleeblatt)

geliebten Menschen. Sie hatten Driseog auf die Welt geholfen, ihre ersten unbeholfenen Schritte auf der Weide beobachtet und sie später zugeritten, hatten jeden noch so kleinen Erfolg in ihrer Entwicklung dokumentiert und gebührend gefeiert. Nun war also auch sie fort, um dem Hause Sean Garraí alle Ehre zu machen und seinen Ruf in der Welt zu verbreiten.
    Ean und Damien standen in der Auffahrt und schwelgten in Erinnerungen an Driseog und die Zeit mit ihr. Sie hätten es nie offen zugegeben, nichtsdestotrotz klang immer wieder auch Wehmut aus ihren Worten.
    „Es geht doch nichts über den Anblick eines gut aussehenden Mannes. Hallo, ihr Schönen.“
    Lächelnd wandten sich die beiden um.
    „Höchstens vie lleicht“, Alicia musterte Ean und Damien mit unverhohlenem Vergnügen, „ zwei gut aussehende, halb nackte Männer, die nach Pferd und Leder, Erde und Schweiß riechen. Wie ist es gelaufen?“
    „ Sie hat es uns nicht leicht gemacht.“ Ean bückte sich grinsend, schob das linke Hosenbein nach oben und deutete auf einen gewaltigen Bluterguss.
    „ Jesus, Ean, das musst du sofort kühlen! Das tut bestimmt höllisch weh. Soll ich Ray anrufen, damit er sich das ansieht?“
    „ Lass nur, ich werde es überleben. Es gibt Schlimmeres.“
    Das wusste auch sie, sodass sie ihn nicht weiter bedrängte.
    „Ein wenig kapriziös war Driseog schon von Anfang an. Und ich werde sie ebenfalls vermissen. Ich hatte angenommen, Manuel würde sich das Schauspiel nicht entgehen lassen.“
    „ Augenscheinlich hat er es sich anders überlegt.“
    „Wo steckt er ?“
    „Keine Ahnung. Hat sich An draíocht geschnappt und ward nicht mehr gesehen.“
    „ An draíocht ? Er ist auf dieser wilden … Kam sie nicht vor ein paar Minuten durchs Tor stolziert? Allein?“
    „ Ganz recht und dabei hat sie sich triumphierend die Hände gerieben. Scheinbar weiß sie mehr als wir.“
    „ Manuel ist dir nach dem Frühstück hinterher gelaufen, um mit dir zu reden. Habt ihr euch … ausgesprochen?“
    „ Auch richtig, das haben wir getan.“ Damien verzog spöttisch die Lippen und legte Alicia einen Arm um die Schulter. „Warum gibst du nicht zu, dass du Angst hast, ich könnte ihn mit einer Mistgabel ins Jenseits befördert haben? Vielleicht solltest du mal in den Fischteichen nachsehen, hä?“
    Alicia stieß ein leises Geräusch aus, das beträchtliche Zweifel an dieser Theorie ausdrückte. Sie wollte sich gerade besorgt nach seiner Gesundheit erkundigen, als Ean trocken bemerkte: „ Tá sé ag tolgadh stoirme . So habe ich deine Mutter schon einmal erlebt, Damien.“ Er deutete mit dem Kinn in Richtung Koppel. „Und der Tag endete mit einem furchtbaren Kater für sie und einem blutig geschlagenen Schädel bei unserem Mat.“
    Bereits aus der Ferne konnte Damien das leuchtende Gesicht seiner Mutter erkennen. Allerdings wollte er sich nicht voreilig darauf festlegen, ob ihre Wangen lediglich wegen ihrer raumgreifenden Schritte in der ungewohnten Wärme rot angelaufen waren oder ob Susanne tatsächlich vor unterdrückter Wut kochte.
    „ Damien! Warum hast du Manuel nicht zurückgehalten?“, schrie sie von weitem. „Wie konntest du ihn An draíocht reiten lassen? Ausgerechnet dieses verrückte Biest! Du hättest wissen müssen, dass das nicht gut geht. Wolltest du ihn umbringen?“
    Letzteres also. Seine Mutter stand kurz vor der Explosion. Instinktiv zog Damien den Kopf zwischen die Schultern und ging seiner Mutter ein Stück entgegen.
    „ Mam , ich habe absolut keine Ahnung, wovon du redest. Solltest du nicht besser meinen geschätzten Bruder fragen, was passiert ist? Wie du dir möglicherweise denken kannst, hatte ich alle Hände voll zu tun, nachdem der Ami kam. Glaubst du, mir blieb da noch Zeit, Kindermädchen für einfältige Piraten zu spielen?“
    „ Nun, ich habe ihn gefragt.“ Susanne zuckte vieldeutig die Achseln. „Leider war er nicht sehr gesprächig.“
    „ Und ich habe ihn gewarnt. Mehr konnte ich beim besten Willen nicht tun. Sicherlich kannst du dir seine Reaktion darauf denken. Ich bin doch bloß der kleine, dumme Bruder vom Land.“
    Mehrere Sekunden lang maßen sich Mutter und Sohn mit finsteren Blicken, dann seufzte Damien gottergeben. „ Also gut, sag schon, was ist mit diesem Idioten?“
    „ An draíocht hat ihn abgeworfen. Vermute ich zumindest. Um nichts in der Welt hätte Manuel das zugegeben, aber als Mutter spürt man, wenn das eigene Kind Schmerzen hat.“
    Ean räusperte sich verhalten. Sus anne