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Der Erbe von Sean Garraí (Das Kleeblatt)

Der Erbe von Sean Garraí (Das Kleeblatt)

Titel: Der Erbe von Sean Garraí (Das Kleeblatt) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hansi Hartwig
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eines gelangweilten Zuschauers vermitteln. Seinen jüngeren Bruder allerdings konnte Manuel damit nicht täuschen.
    Immer wieder starrte er f assungslos zwischen den beiden hin und her. Alicia himmelte diesen perfekten Doktor Gaughan nach allen Regeln der Kunst an und der erwiderte ihren Blick in der gleichen Weise. Ihn dagegen beachteten sie gar nicht. Er hätte genauso gut abwesend sein können und fühlte sich überflüssiger denn je.
    Und das war er natürlich auch.
    Seine Augen verengten sich zu Schlitzen. Es mochte in der Natur der Sache liegen, dass ein Mann eine mögliche Ehekandidatin genauer ins Visier nahm, aber das bedeutete noch lange nicht, dass er dies auch einem anderen Mann zubilligte. Ein scharfer Stich durchzuckte ihn – auf keinen Fall Eifersucht! – und er verzog den Mund.
    Mit finsterer Miene langte Manuel nach dem Krug Bier, den er auf der Mauer neben sich abgestellt hatte. Er musste sich eingestehen, dass er, wenn schon nicht an blanker Eifersucht, so doch wenigstens an einem Anfall von Besitz ergreifender Fürsorglichkeit litt.
    Er wollte Alicia nicht länger ansehen, denn er wusste, er würde es nicht ertragen, in ihren Augen die Zärtlichkeit zu erkennen, die sie für diesen Arzt empfand. Es quälte ihn sich vorzustellen, wie ihre Gefühle diesem Mann zuflogen, wie sie sich küssten und miteinander schliefen. In seinem Innersten schrie er vor Wut und Enttäuschung auf. Dabei hätte es ihm völlig gleichgültig sein müssen. Er empfand nichts für sie, zumindest nichts, was tiefer ging. Er besaß bloß ein Herz und das hatte er bereits verloren.
    Dennoch ließ ihn die Erinnerung an das Feuer nicht los, das bei ihrem ersten Kuss in ihm aufgelodert war. Er konnte verstehen, warum sich dieser Gaughan in Alicia verliebt hatte. Die Aufrichtigkeit in ihren Augen bewirkte, dass man ihr Freude machen wollte. Dass man sie so glücklich machen wollte, wie man nur konnte.
    Er stieß sich mit einem Ruck von der Mauer ab. Das war nichts für ihn! Er konnte niemanden glücklich machen, wusste er doch nicht einmal, was es bedeutete, glücklich zu sein!
    „Möchtest du … vielleicht … tanzen? Mit mir?“
    Nachdem er beobachtet hatte, wie der mustergültige Doktor Gaughan Alicia an die Hand genommen und zur Tanzfläche geführt hatte, um sie während der nächsten halben Stunde nicht mehr aus seinen Armen zu entlassen, war er gereizt und schlecht gelaunt gewesen. Sie hatten ihm unbeabsichtigt zu Bewusstsein gebracht, dass er selber Bedürfnisse hatte, die er nicht befriedigen konnte, indem er sich in Arbeit vergrub. Sie hatten ihn daran erinnert, dass ein Mensch die Einsamkeit nicht unbegrenzt ertragen konnte. Und es gab nun mal lediglich einen Weg, dieses ganz spezielle Bedürfnis zu befriedigen.
    „Oh, ich … also … tut mir leid, aber … nein, besser nicht, Manuel. Ich bin keine gute Tänzerin, wie ich zu meiner Schande gestehen muss, und möchte nicht auch noch dich vor all den Leuten blamieren.“
    „Ich habe dich mit dem Doktor tanzen sehen.“
    Sie hatten perfekt harmoniert, obwohl es sich bei Alicia wahrhaftig nicht um die geborene Tänzerin handelte. Raymon indes hatte sich nicht davon beirren lassen und sie mit einer derartigen Selbstsicherheit über das Parkett geführt, dass ihre kleinen Patzer nicht weiter aufgefallen waren.
    Ihre Ablehnung konnte also bloß bedeuten, dass sie ihm nicht ebensolches Können zutraute. Mit einem verkrüppelten Bein konnte er einfach kein guter Tänzer sein. Offenbar befürchtete sie, er könnte sie blamieren und nicht umgekehrt. Wahrscheinlich hatte sie nicht das geringste Interesse an ihm. Diese Vorstellung verletzte seine männliche Eitelkeit tiefer, als er erwartet hatte.
    „ Wie du meinst. Ich war noch nie ein sonderlich geselliger Mensch. Dieses Gedränge und dieser Lärm, einfach nervig. Und es hat nicht den Anschein, als würde die Tafel vor dem Morgengrauen aufgehoben. Für mich war’s ein ziemlich langer Tag. Ich werde wohl nach oben gehen und meinem Bein etwas Ruhe gönnen. Oíche mhaith .“
    Sie schaute ihm hinterher und fragte sich zum wiederholten Mal, was in ihm vorgehen mochte. Vielleicht sollte seine Aufforderung zum Tanz eine Art Entschuldigung werden? Möglicherweise hatte er auch lediglich nett sein und ihr Gesellschaft leisten wollen.
    „So nachdenklich, meine Schöne? Müde? Sei ehrlich, wie viele Stunden hast du während der letzten Nacht geschlafen? Du arbeitest ziemlich viel. Zu viel.“
    Sie spürte zwei sehnige Arme, die

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