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Der Erbe von Sean Garraí (Das Kleeblatt)

Der Erbe von Sean Garraí (Das Kleeblatt)

Titel: Der Erbe von Sean Garraí (Das Kleeblatt) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hansi Hartwig
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führte. „War etwa das der wahre Grund für deine Flucht aus Deutschland?“
    Manuel zuckte gleichmütig mit der Schulter , ohne auf den Scherz seines Bruders einzugehen. Seine Miene verriet wie immer nichts von dem Aufruhr in seinem Inneren, als er den Stapel Post durchsah und für eine Sekunde innehielt, weil er die Handschrift eines Absenders erkannte.
    „V on der Reederei und irgendwelchen Versicherungen. Es gibt eine Menge Papierkram zu erledigen wegen der Schadenersatzforderungen und Schmerzensgeldzahlungen.“
    „Wird der Unfall vor dem Seeamt verhandelt?“
    „Natürlich, wie jeder andere auch.“
    „Gibt es schon einen Termin dafür?“             
    „Ja. Wie macht sie sich?“ Manuel streckte die Hand aus und strich über den kräftigen Hals von An draíocht .
    Bis hierhin also und keinen Schritt weiter. Damien nickte langsam.
    „Wenn sie nicht gerade damit beschäftigt ist, sich an meiner Ermordung zu versuchen, kann ich durchaus zufrieden mit ihr sein. Sie hat das Potential zu einem echten Champion.“
    „Ich habe euch gestern beobachtet, als ihr ausgeritten seid. Sie ist wunderschön“, murmelte Manuel in Gedanken.
    Damien must erte seinen Bruder eindringlich, während er sich fragte, ob Manuel die Stute meinte oder aber Alicia, die ihn bei seinem Ausritt am Vortag begleitet hatte.
    „Wenn du mitkommen möchtest …“
    „Danke. Heute nicht. Wenn ich An draíocht nur sehe, tut mir gleich wieder die Schulter weh. Ich werde dir Bescheid geben, sollte mich noch einmal die Lust packen.“
    Damien schwang sich mit einer mühelos anmutenden, geschmeidigen Bewegung in den Sattel und war dankbar für diesen Augenblick, in dem Manuel sein feixendes Gesicht nicht sehen konnte. Der Junge wollte ihm doch nicht allen Ernstes erzählen, dass ihn nicht schon längst die Lust gepackt hatte?
    „Ach, noch was, bevor ich dich in Ruhe lasse. Mam möchte, dass wir uns Gedanken über das Arbeitsessen machen. Du solltest nicht allzu lange damit warten, meint sie. Wenn du nichts dagegen hast, werde ich die Gästeliste zusammenstellen – unsere Mutter hat natürlich ihre ganz speziellen Vorstellungen kundgetan –, sodass du lediglich den Termin festlegen musst, damit sich die Mädchen rechtzeitig an die Essensplanung machen können. Ja“, kam er Manuels unausgesprochenem Widerspruch zuvor, „es muss sein. Im Übrigen hat Alicia am zwölften Mai Geburtstag, sodass du, wenn du schon mal dabei bist, gleich weiterplanen solltest.“
    „Wird sie ihren Geburtstag nicht mit ihrer Familie feiern wollen? Wen sollen wir dazu einladen?“
    „Sie hat uns.“
    „ Ich meine, was ist mit ihrer Familie?“
    „Sie hat keine.“
    „Niemanden?“
    „ War meine Antwort nicht klar und deutlich genug?“
    „Und ich habe nach ihrer Familie gefragt.“
    Wie zwei gegnerisch e Krieger stierten sie sich mit grimmigen Mienen in die Augen, den Mund zu einem Strich zusammengepresst, die Fäuste in die Hüften gestemmt, der eine das genaue Abbild des anderen.
    „ Soweit ich weiß“, begann Damien nach einer Weile, weil ihm klar war, dass sie auf diese Weise nicht über ein Patt hinauskommen würden, „gibt es zwei Onkel mütterlicherseits in Deutschland, zu denen sie allerdings keinerlei Kontakt hat. Ich kann mir nicht mal vorstellen, dass sie den beiden je begegnet ist. Ihre Großeltern sind vor ein paar Jahren gestorben. Und überhaupt sollten uns die Familiengeschichten anderer nicht kümmern. Wenn Alicia sagt, sie hat niemanden sonst, mit dem sie feiern möchte, dann haben wir das kommentarlos hinzunehmen, kapiert?“
    „Würde sie mir etwas anderes erzählen?“
    „ Das halte ich für mehr als unwahrscheinlich, gabh mo leithscéal .“
    Wieder blickte Manuel auf den handgeschriebenen Brief und Damien war aufmerksam genug, um plötzliche Eile vorzutäuschen. Eifrig rückte er sich die Reitkappe zurecht und hob die Rechte zum Gruß an den Schirm.
    „Bis später also, großer Bruder.“
    Er hoffte von ganzem Herzen, dieses Mal möge unter all den Schriebsen etwas sein, das Manuels gedrückte Stimmung aufhellen würde.
     
    Er konnte nicht mehr zählen, wie oft er den Brief gelesen hatte. Mittlerweile kannte er jedes Wort auswendig, das ihm der E-Ing der „Charley“ geschrieben hatte. Wieder griff er danach, wohl in der Hoffnung, trotz allem etwas von Bedeutung übersehen zu haben.
    Es kursierten Gerüchte in der Reederei, so der Ingenieur, wonach ein Matrose in einem Lokalblatt der Bretagne gelesen haben wollte,

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