Der Erbe von Sean Garraí (Das Kleeblatt)
und ihr Herz verschlossen hätte.
„Die Arme! Wir hatten uns schon solche Hoffnungen gemacht. Jeder hat sich für sie gefreut. Und nun so etwas.“
„ Bloß gut, dass sie nichts überstürzt hat.“
„Er ist nichts anderes als ein Wandervogel wie sein Vater, kann einfach nicht länger an einem Ort bleiben und die Menschen, die ihn lieben, glücklich machen.“
„Er würde einen völlig ungeeigneten Ehemann für sie abgeben.“
Selbstverständlich hatten sie Recht. Gleichwohl hatte sie aus einem unerfindlichen Grund gewisse Hoffnungen gehegt, Manuel würde endlich sesshaft werden. Sie hatte sich für Susanne gewünscht, dass Manuel die Verantwortung als der Graf von Sean Garraí übernahm. Damien wartete ungeduldig darauf, zu seiner geliebten Arbeit mit den Pferden zurückkehren zu können. Und sie selber war so unvernünftig gewesen zu träumen.
Bei nüchterner Betrachtung kam sie sich jetzt ziemlich naiv und töricht vor.
Sie war mit sich selbst nicht zufrieden. Sie befürchtete, dass sie sich bereits dermaßen an seine Gegenwart gewöhnt haben könnte, dass sie befürchtete, ihn zu verlieren. Es war falsch, vollkommen falsch, es derart weit kommen zu lassen. Dabei war kaum etwas zwischen ihnen vorgefallen. Bisher.
Irgendwann gab sie sich einen Ruck und willigte in Rays Vorschlag ein, mit ihm das Wochenende zu verbringen – wie und wo immer er auch wollte. Sie musste weg von dem Ort, wo sie ständig an Manuel erinnert wurde. Sie gab sich große Mühe, Ray nichts von ihrem inneren Aufruhr merken zu lassen, und er war höflich genug, so zu tun, als wäre alles in bester Ordnung. Dabei hatte er längst begriffen, dass ihm Alicia entglitt wie Sand, der durch die Finger rinnt.
Mittlerweile war eine Woche vergangen und Manuel hatte sich noch immer nicht gemeldet. Sie verspürte wachsenden Groll in sich. Soviel also zu seinen hochheiligen Beteuerungen, sich baldmöglichst zu melden! Nicht einmal eine kurze Nachricht war sie ihm wert. Bedeutete ihm das alles nichts? Hatte er bereits vergessen, wie er sie geküsst hatte? Er hatte Hoffnungen in ihr geweckt. Waren seine Schwüre allesamt nicht mehr als schillernde Seifenblasen gewesen? Wie oft wollte sie noch auf das Versprechen eines geliebten Menschen hereinfallen?
Sie erstarrte innerlich. Was redete sie da für einen Unsinn, schalt sie sich und hämmerte wie wild auf der Tastatur ihres Laptops herum, ohne den Blick vom Monitor zu nehmen. Sie kannte die Anordnung sämtlicher Tasten im Schlaf und traute sich durchaus zu, es mit jeder noch so perfekten Sekretärin aufzunehmen. Der Gedanke an Manuel dagegen hatte sie für einen Moment aus dem Takt gebracht. Er war niemand, den sie liebte. Sie fand ihn nett. Sie ritten hin und wieder miteinander aus, wobei sie über solch unverfängliche Themen wie Pferde und das Wetter fachsimpelten. Aber Liebe? Du lieber Himmel, Gefühle in dieser Größenordnung waren ganz bestimmt nicht mit im Spiel.
Und warum fühlte sie sich, seit er sich verabschiedet hatte, einsamer als je zuvor in ihrem Leben?
Plötzlich riss sie die Augen weiter auf und scrollte den Bildschirm ein Stück nach oben, während sie in einer durchaus eleganten Mischung aus Gälisch, Französisch und dem seltsamen Hibernisch, der irischen Version des Englischen, vor sich hin murmelte. Ohne dass es ihr bewusst war, massierte sie sich die Schläfe, hinter der es schmerzhaft pochte. Mit einer Spur Missbilligung in der Miene schüttelte sie den Kopf. Es verblüffte sie ein ums andere Mal, wie simpel es war, sich Zutritt zum Netzwerk der Polizei zu verschaffen. Selbst ein Laie hätte höchstens unwesentlich länger gebraucht, um dieses Passwort zu knacken. Und die Software, die zur doppelten Absicherung installiert war, entlockte ihr nichts als ein müdes Lächeln.
M it einem Schauder erinnerte sie sich an jenen Abend, an dem sie Ean dabei überrascht hatte, wie er voller Verzweiflung einen Packen dicht beschriebener Zettel zerriss und verbrennen wollte, das Gesicht tränenüberströmt, das Zimmer verwüstet. Also hatte sie sich der Sache angenommen und diese zunächst für eine relativ harmlose Spielerei gehalten, als sie eine Datei mit sämtlichen Informationen anlegte, die Ean zu Betty Janes Unfall zusammentrug, ohne eigentlich recht zu wissen, was er damit anfangen wollte. Sie hatte die Ergebnisse der polizeilichen Ermittlungen im Fall Ó Briain in ihren Laptop eingegeben und systematisch geordnet.
D em Unfallverursacher auf diese Weise auf die Spur kommen
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