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Der Erbe von Sean Garraí (Das Kleeblatt)

Der Erbe von Sean Garraí (Das Kleeblatt)

Titel: Der Erbe von Sean Garraí (Das Kleeblatt) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hansi Hartwig
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er ihr keine Vorwürfe, sondern bat leise: „Ich möchte mehr über dich erfahren, Alicia. Alles. Du hast Recht, du gehörst zu Sean Garraí und allein schon aus diesem Grund bist du von einiger Bedeutung für mich. Und deswegen will ich sogar das Unwichtige erfahren.“
    „Nein!“
    Ein Zittern überlief ihren Körper und sie schlang die Arme um sich wi e zum Schutz. Ihr Herz pochte dermaßen heftig, dass sie kaum Luft bekam. Alles Blut war ihr aus dem Gesicht gewichen und Manuel befürchtete, sie könnte in der nächsten Sekunde ohnmächtig werden. In diesem Augenblick sah sie sehr verletzlich und jung aus.
    Was hatte er falsch gemacht? Er starrte sie so verwundert an, wie es seit Anbeginn der Zeit zwischen Männern und Frauen üblich war. Sekunden zuvor noch auf Streit mit ihm aus, wirkte sie urplötzlich verängstigt. Er wich einen Schritt zurück, als er deutlich ihre Unsicherheit spürte. Dabei hätte er sie am liebsten in die Arme genommen und getröstet, sie so lange gehalten, bis es ihr besser ging. Dieses Bedürfnis war neu für ihn. Neu und verblüffend.
    „Was … Gibt es jemanden, der dich in der Vergangenheit auf welche Art auch immer verletzt hat? Wer trägt die Schuld daran, dass es dir schwerzufallen scheint, Hilfe anzunehmen? Hast du Angst, es würde dein Leben komplizieren, wenn du mich einweihst? Rede mit mir.“
    Er konnte die Einsamkeit in ihr spüren, denn in seinem Herz herrschte die gleiche trostlose Leere. Er verstand sie und wollte ihr helfen, diese Leere zu füllen. Doch Alicia gab keine Antwort. Sie schien die erste Frau zu sein, die es fertigbrachte zu schweigen, wenn sie nichts zu sagen hatte.
    „ Ich könnte dir helfen, dass du dich besser fühlst … zumindest für eine Weile“, fügte er mit einem durchtriebenen Grinsen an, um sie zum Sprechen zu verleiten. „Ich weiß nämlich sehr gut, wie sich Trauer und Sorgen anfühlen. Man könnte fast meinen, dass ich eine Art Experte auf diesem Gebiet bin. Was immer du für Geheimnisse mit dir rumschleppst, ich versichere dir, bei mir sind sie sicher.“
    Er wartete eine geschlagene Minute auf eine Reaktion. Vergeblich.
    „ Nicht? Nun, dann vielleicht später?“
    „ Wofür hältst du dich eigentlich? Bist du so eine Art Doktor Allwissend, der für jedes Problem eine Lösung parat hat?“, fuhr sie ihn an. „Du kannst nicht immer bekommen, was du willst! Erwartest du ernsthaft, dass es ausschließlich nach deinem sturen Schädel geht?“
    Er wollte wissen, was damals passiert war. Aber schön, dann würde er sie eben nicht noch einmal fragen. Unter gar keinen Umständen. Vermutlich wollte sie ihn mit ihrer Weigerung, über sich zu erzählen, daran erinnern, dass er es ebenso hielt. Und das war zweifellos das Beste für sie beide. Denn je weniger er über sie wusste, desto schneller würde er sie wieder vergessen. Eine unsichtbare, schützende Mauer grenzte sie von ihm ab. Gleichzeitig rührte sie ihn auf eine Weise, die ihm nicht ganz geheuer war. Ihre Verletzlichkeit machte ihm bewusst, dass er sich ebenfalls viel zu lange nicht mehr erlaubt hatte, etwas zu fühlen. Aus irgendeinem Grund brachte sie seine verscharrte Sehnsucht nach einer Familie zutage.
    „ Ich würde es schön finden, wenn du mir etwas von dir erzählst. Von deiner Familie. Hast du Geschwister?“
    V or ihrem inneren Auge tauchte das Bild ihrer Mutter auf. Überdeutlich erinnerte sie sich an den beinahe ununterbrochen schwangeren Bauch, der so gar nicht zu ihrem ausgemergelten Körper passen wollte. Aber jedes Mal, wenn man sie zur Entbindung gebracht hatte, war sie alleine zurückgekommen. Es hatte keine Geschwister für sie gegeben. Nicht eines hatte sie jemals zu Gesicht bekommen.
    Entschlossen antwortete sie schließlich: „Nein.“
    Seine Brauen schossen in die Höhe. Den Kopf leicht zur Seite geneigt, wiederholte er bedächtig: „Du hast also keine Geschwister?“
    „ Hör mal, was soll das? Habe ich mich nicht deutlich genug ausgedrückt?“
    „Es war bloß eine Frage, Alicia, eine ganz einfache Frage. Trotzdem hast du erst darüber nachdenken müssen.“
    „Ich … ich habe nicht nachgedacht“, behauptete sie trotzig und drehte sich zum Fenster um. „Ich bin ein Einzelkind.“
    „Und mehr willst du zu diesem Thema nicht sagen“, murmelte er verstimmt. „ Gut, wenn du nicht reden willst, müssen wir es nicht tun. Möglicherweise kommen wir ja so weiter.“
    Noch ehe sie fragen konnte, was er damit meinte, war er bei ihr und drehte sie an den

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