Der Erdrutsch (German Edition)
unterhielten.
„ Was
war da los?“, fragte Johan im Schein der Hofbeleuchtung keuchend.
„Wer war da in der Kirche? Im Dunkeln. Hat sich da jemand
versteckt?“
„ Mist,
wir hätten nachsehen sollen, ob er irgendetwas zurückgelassen hat“,
sagte Paul. „Der war ganz vorne in der ersten Kirchenbank. Da hat
er bestimmt geschlafen und wir haben ihn überrascht. Ganz sicher hat
er seine Sachen nicht mitgenommen, sondern schnell irgendwo
versteckt. Unter der Bank oder so.“
„ Das
kann schon sein. Aber das ist doch jetzt egal, oder?“, brachte
Luise außer Atem hervor.
„ Ich
geh nochmal zurück. Ich will das wissen. Kommt ihr mit?“ Paul sah
die beiden auffordernd an
„ Du
bist wahnsinnig.“ Luise schüttelte den Kopf. „Ich gehe da nicht
mehr hin. Lass uns morgen gucken, wenn es hell ist.“
„ Dann
ist es vielleicht schon zu spät. Wenn ihr nicht wollt, dann gehe ich
eben allein.“ Er drehte sich um und verschwand in der Dunkelheit.
„ Warte“,
rief Johan. „Ich komme mit. Aber du gehst alleine rein.“ Er lief
hinter Paul her. „Ich warte draußen und warne dich, wenn jemand
kommt.“
„ Also
ich bleibe hier.“ Luise guckte auf ihre Uhr während sie sich an
die Hauswand lehnte. „Wenn ihr in einer Viertelstunde nicht zurück
seid, dann sag ich Bescheid.“
Johan erreichte Paul und ging mit ihm gemeinsam zurück zur Kirche.
Von einem Gebüsch aus beobachteten sie die Umgebung eine Weile,
bevor sie auf die Kirchentür zuliefen. Paul stemmte sich dagegen,
aber nichts passierte. Die Tür war verschlossen. Er versuchte es
noch einmal, aber sie bewegte sich nicht einen Zentimeter. Enttäuscht
zogen sich die beiden zurück und trafen vor der Pension Luise, die
vor Ungeduld auf ihrer Unterlippe kaute. Zusammen gingen sie hinein,
setzten sich im Speisesaal an ihren Tisch am Fenster und steckten die
Köpfe zusammen.
„ Was
glaubt ihr, was da los war?“, fragte Johan.
„ Ich
weiß es nicht. Warum versteckt sich denn jemand nachts in einer
Kirche?“ Luise sah nachdenklich aus.
„ Ja,
und warum flieht er erst heimlich, um kurz darauf zurück zu kommen
und laut zu rufen?“, wollte Paul wissen.
„ Das
war doch jemand ganz anderes. Oder was meinst du, Johan?“ Luise
blickte ihn erwartungsvoll an.
„ Na
klar war das jemand anderes. Also, ich glaube, dass da jemand in der
Kirche übernachtet hat, der nicht entdeckt werden wollte. Den haben
wir überrascht. Er hat irgendetwas zu verbergen und ist abgehauen.“
Johan guckte erwartungsvoll in die Runde. „Das wiederum hat draußen
jemand mitbekommen und hat deshalb in die Kirche reingeguckt. Die
Stimme habe ich schon mal gehört. Das war bestimmt der Sohn vom
Schweigl-Wirt. Na, und der hat dann den Schlüssel geholt und
abgeschlossen, weil der Küster das vergessen hat.“
„ Ach
so ein Quatsch. Wir gehen morgen in die Kirche und sehen uns da mal
im Hellen um.“
Johan stand auf und ging zu den Erwachsenen hinüber. Alois Lechner,
der Wirt, hatte sich gerade mit seinem Bier an den Tisch gesetzt.
Johan stellte sich hinter seinen Vater. Offensichtlich hatten seine
Eltern noch keine Gelegenheit gehabt, mit dem Wirt zu sprechen, denn
Johans Vater bedrängte ihn sogleich mit vielen Fragen zu dem Hang
oberhalb der Pension. Der Wirt setzte zu einer Erklärung an.
„ Es
hat im letzten Sommer da oben gebrannt. Wir hatten Glück, dass die
Flammen nicht auf unser Haus übergegriffen haben. Irgendwann kam der
Wind aus dem Tal heraufgezogen und hat die Flammen von uns
weggetrieben. Mit Hubschraubern haben sie die Flammen gelöscht.“
„ Was
war denn die Ursache des Feuers?“, wollte Johans Vater wissen.
„ Es
hat wochenlang nicht geregnet und der Waldboden war völlig
ausgetrocknet. Da brennt alles wie Zunder.“
„ Aber
irgendetwas muss das Feuer doch ausgelöst haben.“
„ Tja,
das weiß man nicht so genau.“ Der Wirt nahm einen großen Schluck
von seinem Bier und lehnte sich zurück. Er fühlte sich sichtlich
wohl, im Mittelpunkt zu stehen. „Für ein Feuer gibt es immer viele
Gründe. Eine weggeworfene Zigarette. Manchmal reicht auch eine
Glasscherbe. Und immer wieder gibt es diese spontanen
Selbstentzündungen. Die Polizei hat lange gesucht, gefunden hat sie
aber nichts.“ Wieder trank er einen Schluck. „Dann kam im Herbst
der Regen und hat den Boden weg geschwemmt. Im Winter war es eine
Weile ruhig, weil alles gefroren war. Mit der Schneeschmelze ist noch
mehr Erde fortgespült worden. Da oben muss jetzt so schnell wie
möglich
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