Der Erdrutsch (German Edition)
Eltern in den Urlaub; was soll ich denn
auch sonst tun?“, entgegnete Johan.
„ Als
ich 14 war, bin ich zum ersten Mal von zuhause abgehauen ... Das war
aber auch eine andere Zeit. Was machen denn deine Freunde im Urlaub?“
Elsbeth trank einen Schluck Wein.
„ Die
meisten bleiben zuhause. Oder sie fahren in Sportcamps ... Aber das
ist nichts für mich.“
„ Ich
dachte immer, diese Camps wären so toll. Was machst du denn am
liebsten?“ Sie betrachtet ihn aufmerksam.
„ Ich
lese viel. Mit einem Buch kann ich mich stundenlang geschäftigen.“
„ Das
kann ich gut verstehen. Ich lese auch wahnsinnig gerne und vor allem
wahnsinnig viel.“ Sie lachte. „Wahnsinnig ist wohl der richtige
Ausdruck dafür. Was liest du denn so?“
„ Krimis.
Am liebsten lese ich Krimis. Gerade habe ich wieder einen von Ellery
Queen im Regal meiner Eltern entdeckt.“
„ Aha,
mit Krimis kann ich ja nicht viel anfangen. Aber du kannst mir mal
einen empfehlen, vielleicht ändere ich dann meine Meinung. Es ist ja
möglich, dass ich bisher einfach die falschen Bücher in der Hand
gehabt habe. Im Gegenzug gebe ich dir eines der Bücher, die ich
gerne lese. Was meinst du?“ Sie hielt ihm die Hand hin. Er schlug
ein.
„ Klar,
das können wir machen.“ Elsbeth wechselte das Thema.
„ Weißt
du schon, was du nach der Schule machen willst?“
„ Entweder
gehe ich zur Kriminalpolizei oder ich werde Journalist.“
„ Das
mit der Kriminalpolizei ist mir ja ganz neu“, mischte sich sein
Vater ein. „Aber es passt ja: Sooft, wie du Detektiv spielst.“ Er
lachte und Pauls Vater, der neben ihm saß, fiel schallend mit ein.
Johan war das peinlich, aber Elsbeth ging auf die Bemerkungen seines
Vaters gar nicht ein.
„ Das
sind ja ziemlich unterschiedliche Berufe. Wie kommst du auf die Idee,
Journalist zu werden?“
„ Im
Herbst habe ich ein Schulpraktikum bei der Zeitung gemacht. Das war
richtig spannend.“
„ Dann
solltest du einfach mal versuchen, kleine Artikel für die Zeitung zu
schreiben. Die Kontakte hast du ja jetzt für einen guten Einstieg.“
„ Das
hatte ich mir auch schon überlegt. Aber ich weiß noch nicht so
richtig, wie man Artikel schreibt.“
„ Dabei
kann ich dir helfen – wenn du das möchtest. Weißt du – ich bin
nämlich Journalistin. Wenn du willst, dann kannst du einfach mal was
schreiben und schickst mir das dann zu.“ Johan betrachtete sie noch
aufmerksamer.
„ Du
bist Journalistin? Das ist ja toll!“ Er war begeistert. „Was
schreibst du denn?“
„ Im
Moment schreibe ich über mein Leben.“
„ Triffst
du bei deiner Arbeit viele berühmte Leute?“, wollte er nun wissen.
„ Nein,
ich treffe eigentlich nur die Leute, die von den berühmten Leuten
verarscht werden.“
„ Hast
du Kinder?“
Elsbeth guckte ihn überrascht an und schien einen Moment über die
Antwort nachzudenken. Johan wurde sich mit einem Mal bewusst, dass er
Elsbeth überrumpelt hatte. Irgendwie schien ihr die Frage unangenehm
zu sein.
„ Nein,
ich habe keine Kinder.“ Sie griff wieder zu ihrem Weinglas und
trank einen Schluck. Sie schaute eine Weile aus dem Fenster und
wiederholte dann noch einmal: „Nein, wir haben keine Kinder mehr.“
Dann wandte sie Johan erneut den Kopf zu und meinte: „Aber das ist
ein anderes Thema.“ Sie griff nach ihrer Handtasche, die an der
Stuhllehne hing und holte ein kleines Etui mit Visitenkarten heraus.
„Hier ist meine E-Mail-Adresse. Schick mir einfach mal etwas zu.
Ich sage dir dann, was ich davon halte und was du noch ändern
solltest.“
Johan nahm die Karte und steckte sie sorgfältig weg. Dann stand er
auf und ging mit Luise, die mit ihrem Buch fertig war, nach draußen,
um Paul zu suchen.
12. Kapitel
Paul trat aus der Tür auf den Parkplatz hinaus und schaute sich um.
Die Nacht war sternenklar. Er lehnte sich an das Geländer, um den
sagenhaften Blick zu genießen. Das ganze Tal konnte er überschauen,
Tausende Lichter flimmerten in der aufsteigenden warmen
Frühlingsluft. Der Duft der Kirschblüten kitzelte ihn in der Nase.
Er atmete tief durch. Dann hörte er Schritte hinter sich auf dem
Kies. Er drehte sich um. Johan und Luise standen hinter ihm.
„ Ist
eigentlich heute einer von euch in der Kirche gewesen und hat
nachgesehen, ob da noch irgendwas zu sehen war?“ Luise sah Johan
und Paul fragend an. Johan schüttelte den Kopf und auch Paul hatte
das vollkommen vergessen.
„ Na,
dann werde ich da jetzt reingehen“, sagte sie.
Paul grinste und fragte:
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