Der Erdrutsch (German Edition)
dass
sie in dieser Klinik versauert. Sie soll es besser haben. Das geht
aber nur mit Geld.“ Wieder machte er eine Pause.
„ Elsbeth
hat mich unterstützt. Aber dafür hat sie viel verlangt. Sie wollte
alles über meinen Vater erfahren. Ich habe ihr gegeben, was ich
wusste. Sie hat aber noch weitere Dinge herausbekommen und wollte die
veröffentlichen. Ich habe immer wieder auf sie eingeredet, das nicht
zu tun. Sie hat tatsächlich darüber nachgedacht, den Abschnitt raus
zu nehmen. Sie hat mir versprochen, im Urlaub darüber nachzudenken.“
Oskar sah Johan an. „Hast du sie gut gekannt?“
„ Nur
ein bisschen“, antwortete der. „Sie wollte mir bei der Arbeit an
Artikeln für die Zeitung helfen.“
„ Sie
war eine so tolle Frau. Sie war so klug, hat sich für so viele Dinge
interessiert. Ich habe sie wirklich gerne gemocht. Es ist so
ungerecht, dass eine solche Frau so früh sterben musste. Kannst du
verstehen, warum die Welt so unfair ist?“
Johan schüttelte den Kopf.
„ Wenn
du das Schreiben für eine Zeitung lernen willst, dann kann ich dir
ja auch dabei helfen. Ich bin auch Journalist. Bei mir kannst du die
Grundlagen ebenfalls lernen. Was hältst du davon? Schick mir doch
einfach mal etwas zu.“
„ Ja
warum nicht?!“, sagte Johan verwundert. Er wusste nicht so recht,
was er dazu sagen sollte. Das klang nach einer guten Idee.
„ Das
ist doch mal ein guter Anfang.“ Er hielt Johan die Hand hin, der
zögernd einschlug. „Mir fällt ein Stein vom Herzen. Du musst
wissen, dass ich richtiggehend Angst hatte.“ Er hielt Johans Hand
einfach fest. Johan spürte, dass Oskar zitterte.
Nachdem Oskar versprochen hatte, ihn am nächsten Tag anzurufen,
stand Johan auf. Er ging über die Wiese, verschwand hinter den
Büschen. Oskar hatte ein hartes Leben hinter sich. So viel härter
als sein eigenes Leben war. Was mischte er sich also in diese
Geschichte ein. Johan sog die laue Frühlingsluft tief in seine
Lungen. Dann fiel ihm etwas ein, was er vergessen hatte zu fragen.
Oskar hatte ihm auf ein paar Dinge noch keine Antwort gegeben. Das
zumindest war er ihm schuldig. Er kehrte also noch einmal um. Als er
bei den Büschen um die Ecke bog, sah er Luise. Sie sprach wild
gestikulierend auf Oskar ein.
43. Kapitel
Seit dem Vormittag hatte Luise Oskar verfolgt. Tags zuvor war sie ihm
auf dem Heimweg zufällig über den Weg gelaufen, als er in einem
Café saß. Zu diesem Zeitpunkt verstand sie ihn schon nicht mehr.
Sie hatte mit seiner Mutter gesprochen, hatte viel über die Familie
erfahren, ohne jedoch zu verstehen, warum er immer wieder so brutal
reagierte. Er hatte sie angegriffen, er hatte Johan attackiert, er
war in irgendeiner Weise in das Geschehen in den Bergen involviert.
Er kümmerte sich zugleicht so rührend um seine Mutter. Als sie ihn
in dem Café sitzen sah, wusste sie nicht, was sie tun sollte. Sie
konnte ihn ja schlecht ansprechen. Sie wollte aber auch nicht einfach
an seinem Tisch vorbeigehen. Also hatte sie sich auf eine Bank auf
der anderen Straßenseite gesetzt. Ihm war irgendwann aufgefallen,
dass sie ihn anblickte. Er hatte sie erkannt. Und er hatte
entschieden, dass es wohl besser war, sie lieber nicht anzusprechen.
Also war er aufgestanden und zügig davon gegangen. Sie war ihm
einfach gefolgt. Er war in einem Hauseingang verschwunden, vor dem
sich Luise dann am kommenden Morgen postiert hatte, versteckt hinter
ein paar großen Mülltonnen. Als er aus dem Haus trat, war sie ihm
bis in den Park gefolgt. Sie hatte das Gespräch zwischen ihm und
Johan beobachtet, in der Nähe von ihnen im Wald versteckt,
verstanden hatte sie allerdings kein Wort. Nachdem sie gesehen hatte,
wie Johan aufstand und ging, kam sie aus ihrem Versteck.
Als er sie bemerkte, wartete er ab, was geschehen würde. Langsam
ging Luise auf ihn zu.
„ Erinnerst
du dich an mich?“, fragte sie ihn.
„ Ja“,
antwortete Oskar. „Was willst du von mir?“
„ Ich
weiß, was du getan hast“, entgegnete sie gelassen.
„ Was
meinst du? Was soll ich denn getan haben?“
„ Ich
habe dich bei dem Erdrutsch gesehen.“
„ Ja
und? Du warst ja auch da. Ich kann meinen Urlaub doch da verbringen,
wo ich will, oder?“
„ Ich
habe dich kurz vorher noch am Hang gesehen.“
„ So
ein Quatsch. Ich war an dem Tag gar nicht auf dem Berg.“ Oskar
erhob sich von der Bank. Luise blieb in kurzem Abstand stehen, musste
nun aber ein wenig nach oben blicken. Die Sonne stach ihr dabei in
die Augen.
„ Und
ich weiß auch,
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