Der Erdsee Zyklus Bd. 3 - Das ferne Ufer
und einige lange, schlanke Segelschiffe mit hohen dreieckigen Segeln, die dazu bestimmt waren, die Höhenwinde in den warmen Gewässern des Südbereiches aufzufangen.
»Ist das ein Kriegsschiff?« fragte Arren, als sie an dem Zwanzigruderer vorbeikamen, und sein Gefährte antwortete: »Ein Sklavenschiff, nach den Kettenringen im Laderaum zu schließen. Im Süden wird noch immer Menschenhandel getrieben.«
Arren überlegte kurz, dann stand er auf, ging zum Gerätekasten und nahm sein Schwert heraus, das er am Morgen seiner Abreise gut eingewickelt und dort verwahrt hatte. Er packte es aus. Er stand unentschlossen da und hielt das in der Scheide steckende Schwert, an dem der Gürtel baumelte, mit beiden Händen.
»Es ist kein Seemannsschwert, die Scheide ist zu reich verziert.«
Sperber, der mit Steuern beschäftigt war, warf ihm einen kurzen Blick zu: »Trag es, wenn du willst.«
»Ich dachte, es wäre vielleicht ganz weise …«
»Was Schwerter im großen und ganzen anbelangt, so ist dieses weise«, sagte sein Gefährte und spähte scharf aus, während er das Boot durch die dichtbefahrene Bucht steuerte. »Es widerstrebt dem Gebrauch, nicht wahr?«
Arren nickte. »Ja, so wird behauptet. Es hat aber trotzdem schon getötet. Menschen hat es getötet.« Er blickte auf den schmalen, von vielen Händen abgenutzten Griff. »Ja, es hat getötet, aber ich habe nicht getötet. Ich komme mir vor wie ein Narr. Es ist viel älter als ich … Ich nehme lieber mein Messer«, schloß er kleinlaut, und nachdem er das Schwert wieder sorgfältig eingewickelt hatte, vergrub er es tief unten im Gerätekasten. Er sah enttäuscht und ärgerlich drein. Sperber schwieg, dann sagte er: »Würdest du jetzt rudern, Junge? Wir halten auf den Anlegesteg dort bei den Stufen zu.«
Hort, eine der sieben großen Hafenstädte des Inselreiches, erhob sich farbenprächtig hinter dem lärmenden Hafen auf drei steilen Hügeln. Die Häuser waren aus Lehm gebaut und rot, orange, gelb und weiß verputzt; die Dächer mit violetten Ziegeln bedeckt; blühende Pendickbäume ließen die oberen Straßen wie dunkelrote Wälle erscheinen. Bunt gestreifte Sonnendächer spannten sich zwischen den Dächern und überdeckten schmale Märkte. Die Piers lagen im hellen Sonnenlicht, die Straßen, die sich vom Hafen in die Stadt hinein erstreckten, sahen wie schmale, dunkle Schlitze voller Leute und Schatten aus. Der Straßenlärm drang zu ihnen über das Wasser.
Als sie das Boot festgebunden hatten, beugte sich Sperber hinunter zu Arren und tat so, als ob er den Knoten nachprüfe. Er flüsterte ihm zu: »Arren, hier in Hort gibt es eine Menge Leute, die mich ziemlich gut kennen. Paß also auf, daß du mich erkennst.« Als er sich aufrichtete, war die Narbe auf seinem Gesicht verschwunden. Sein Haar war grau; seine Nase war dick und etwas knollig, und anstelle seines hohen Stabes aus Eibenholz hielt er ein Elfenbeinstäbchen, das er in seinem Hemd versteckte. »Kennst mich wohl gar nicht, he?« fragte er mit einem breiten Lächeln im Tonfall von Enlad. »Hast wohl deinen Onkel noch nie vorher gesehn?«
Arren hatte am Hof von Enlad Zauberer gesehen, die ihre Gesichter veränderten, wenn sie die Taten von Morred mimten. Er wußte, daß es nur Illusion war, und er verlor seine Fassung nicht ganz und antwortete: »O doch, Onkel Falk!«
Doch während der Magier mit einem Hafenwächter um die Gebühren für das Festmachen und Bewachen feilschte, betrachtete Arren ihn aufmerksam, um sicher zu sein, ob er ihn auch erkennen würde. Je mehr er aber schaute, desto unbehaglicher wurde ihm zumute. Die Verwandlung war zu vollkommen, nichts war vom Erzmagier übrig geblieben. Das hier war kein weiser Führer und Lehrer … Die Gebühr des Wächters war hoch, und Sperber schimpfte vor sich hin, als er gezahlt hatte und sich mit Arren entfernte. »Das ist doch die Höhe«, brummte er.
»Da muß ich diesem vollgefressenen Dieb Gold geben, nur damit er auf mein Boot aufzupaßt! Ein halber Zauberspruch wäre zweimal so sicher! Aber was bleibt mir schon übrig, ich muß eben zahlen wegen meiner Verwandlung, na ja! … Und anständig reden tu ich auch nimmer, he Neffe?«
Sie gingen eine enge, kunterbunte, übelriechende Straße hinauf, die vollgestopft war mit Menschen. Links und rechts gab es kleine Geschäfte, nicht viel größer als Buden, deren Inhaber unter den Türen zwischen Bergen von Waren standen und laut die Nützlichkeit, Schönheit und Wohlfeilheit ihrer Töpfe,
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