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Der Erdsee Zyklus Bd. 3 - Das ferne Ufer

Der Erdsee Zyklus Bd. 3 - Das ferne Ufer

Titel: Der Erdsee Zyklus Bd. 3 - Das ferne Ufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula K. LeGuin
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Rhythmus hatte, so daß es ihm Mühe machte, sie zu verstehen. Jetzt wußte er endlich wieder, wo er war – weit entfernt vom Inselreich, jenseits der Außenbereiche, jenseits aller Inseln; irgendwo, weit draußen auf der hohen See. Doch es kümmerte ihn nicht; er lag hier so angenehm wie auf den Wiesen unter den Bäumen seiner Heimat.
    Es fiel ihm endlich ein, aufzustehen, und er erhob sich und sah, daß sein Körper ganz dünn und dunkelbraun verbrannt war. Seine Beine zitterten, doch trugen sie ihn. Er schob die gewebte Matte zur Seite und trat hinaus in die Nachmittagssonne. Es hatte geregnet, während er schlief. Das Floß bestand aus mächtigen, glatten Balken, die eng gefügt und ausgepicht waren, dunkel von der Nässe, wie das Haar der schlanken halbnackten Leute hier, das schwarz und naß über ihre Schultern fiel. Die westliche Hälfte des Himmels, in dem die Sonne stand, war klar, und die Wolken, silberne Riesenberge, verzogen sich gegen Nordosten.
    Einer der Männer näherte sich behutsam und blieb in zwei Schritt Entfernung vor Arren stehen. Er war schmächtig und klein, nicht viel größer als ein zwölfjähriger Junge, mit großen, dunklen, länglich geschnittenen Augen. In seiner Hand hielt er einen Speer mit einem Widerhaken aus Walfischbein an der Spitze.
    Arren sprach zu ihm: »Ich verdanke Ihnen allen mein Leben.«
    Der Mann nickte.
    »Könnten Sie mich bitte zu meinem Gefährten führen?«
    Der Mann wandte sich um und erhob seine Stimme zu einem durchdringenden Ruf, der wie der Schrei eines Seevogels über die Wasserfläche hallte. Dann nahm er eine Hockstellung ein und wartete. Arren tat das gleiche.
    Die Flöße hatten Masten, aber der Mast des Floßes, auf dem sie sich befanden, war nicht aufgerichtet. An den Mastbäumen hingen Segel, die verhältnismäßig klein im Vergleich zur Größe der Flöße waren. Die Segel waren aus braunem Zeug hergestellt, das weder Leinen, noch irgendein anderes gewebtes Tuch war, sondern ein faseriges Material, das aussah, als wäre es flachgeklopft worden, und es fühlte sich an wie Filz. Ein Floß, das ungefähr hundert Schritt von Arrens Floß entfernt war, bewegte sich langsam, mit Gaffeln und langen Stöcken von verschiedenen Flößen aus geschoben, auf Arrens Floß zu. Als nur noch ein Schritt Abstand zwischen den Flößen war, erhob sich der Mann neben Arren und sprang ganz selbstverständlich, leicht federnd, auf das ankommende. Arren tat das gleiche, doch landete er ungeschickt auf allen vieren, denn seinen Knien fehlte noch die Kraft, ihn aufzufangen. Er rappelte sich auf und sah, wie der Mann ihn anblickte; kein Spott, sondern Anerkennung lag in seinem Blick: Arrens Haltung nötigte ihm offensichtlich Achtung ab.
    Dieses Floß war größer und hob sich weiter aus dem Wasser empor als die übrigen. Es war aus riesigen Balken gefertigt, die ungefähr fünfzehn bis zwanzig Schritt lang und einen Schritt breit waren. Das Wetter hatte sie gedunkelt, vom Gebrauch waren sie spiegelglatt. Merkwürdige geschnitzte Statuen standen vor den Hütten, und an den vier Ecken des Floßes erhoben sich hohe Stangen, die an den Spitzen mit Büscheln aus Vogelfedern geschmückt waren. Er folgte seinem Führer zu der kleinsten Hütte, und dort sah er Sperber schlafend liegen.
    Arren ließ sich neben der Hütte nieder. Sein Führer kehrte zum anderen Floß zurück, und niemand behelligte ihn. Eine Stunde später kam eine Frau und brachte ihm etwas zu essen: eine Art kalte Fischsuppe, in der gallertartige, grüne Stückchen herumschwammen; sie war salzig, schmeckte aber gut. Und eine kleine Tasse Wasser zum Trinken, das abgestanden war und den Geruch vom Pech des Wasserfasses an sich hatte. An der Art und Weise, wie sie ihm das Wasser reichte, merkte er, daß es als wertvoll galt, und er trank es ehrfürchtig und bat nicht um mehr Wasser, obwohl er zehnmal mehr hätte trinken können.
    Sperbers Schulter trug einen fachmännischen Verband; er schlief tief und ungestört. Als er erwachte, waren seine Augen klar. Er blickte auf Arren und lächelte ihn an, mit diesem tiefen, aus dem Herzen kommenden Lächeln, das auf seinen harten Zügen immer wieder überraschte. Arren war es plötzlich wieder, als müßte er weinen. Er legte seine Hand auf die Sperbers und sagte nichts.
    Einer vom Floßvolk kam und ließ sich im Schatten der großen Hütte, die nahebei stand, nieder: es schien eine Art Tempel zu sein, mit einem viereckigen, stark verschlungenen Ornament über dem Eingang und

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