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Der Erl�ser

Titel: Der Erl�ser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Nesb�
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würde, etwas Vorherbestimmtes, das er nicht verhindern konnte. Er griff hinter die Toilettentür und fand den Spaten, den er vorher dort hatte stehen sehen. Dann folgte er den Spuren zur Scheune.
    An der Ecke verharrte er einen Moment und schloss die Hände noch fester um den Griff des Spatens. Sein eigener Atem dröhnte ihm in den Ohren. Er hielt die Luft an. Jetzt. Jetzt geschah es. Harry warf sich um die Ecke, den Spaten hoch erhoben.
    Mitten auf dem Feld, das im Mondlicht badete und ihm blendend weiß, fast schon magisch, entgegenstrahlte, sah er einen Fuchs zum Waldrand laufen.
    Er ließ sich rücklings gegen das Scheunentor fallen und schnappte zitternd nach Luft.
     
    *
     
    Als es gegen die Tür donnerte, sprang er instinktiv zurück.
    War er entdeckt worden? Die Person auf der anderen Seite durfte auf keinen Fall hereinkommen.
    Er verfluchte seine Arglosigkeit. Bobo hätte ihn dafür gescholten, dass er sich derart amateurhaft exponierte.
    Die Tür war verschlossen, aber er sah sich trotzdem nach etwas um, womit er sich bewaffnen konnte, sollte sich der Betreffende irgendwie Zutritt verschaffen.
    Ein Messer. Martines Brotmesser, das er gerade benutzt hatte. Es lag in der Küche.
    Da knallte es wieder gegen die Tür.
    Aber er hatte ja noch die Pistole. Sie war zwar nicht geladen, dürfte aber ausreichen, um einen vernünftigen Mann abzuschrecken.
    Das Problem war nur, er zweifelte daran, dass dieser Mann vernünftig war.
    Er war mit einem Auto gekommen und hatte vor Martines Wohnung in der Sorgenfrigata geparkt. Zuerst hatte er ihn nicht bemerkt, doch dann war er zufällig ans Fenster getreten und hatte seinen Blick über die Reihe der am Straßenrand stehenden Autos schweifen lassen. Und dabei war ihm die unruhige Silhouette in einem der geparkten Wagen aufgefallen. Und als er sah, wie sich diese Person im Auto nach vorne beugte, um besser sehen zu können, wusste er, dass es zu spät war. Dass er entdeckt worden war. Er war vom Fenster zurückgewichen, hatte eine halbe Stunde gewartet und dann die Rollos heruntergelassen und alle Lichter in Martines Wohnung gelöscht. Sie hatte gesagt, er könne sie ruhig brennen lassen. Die Elektroöfen in der Wohnung hätten nämlich einen Thermostat, und da neunzig Prozent der Energie einer Glühbirne Wärmeenergie sei, würde der Strom, den man sparte, wenn man sie ausschaltete, doch nur von den Öfen gefressen, um die fehlende Wärme zu kompensieren.
    »Einfache Physik«, hatte sie erklärt. Wenn sie ihm nur gesagt hätte, wer das da war. Ein verrückter Verehrer? Ein eifersüchtiger Ex? Es war auf jeden Fall niemand von der Polizei, denn jetzt begann es von Neuem da draußen – ein verletztes, verzweifeltes Heulen, das ihm durch Mark und Bein ging:
    »Mar-tine! Mar-tine! « Dann ein paar zitternde Worte auf Norwegisch. Und dann wieder, fast schluchzend: »Martine «
    Er hatte keine Ahnung, wie der Kerl ins Haus gekommen war, doch jetzt hörte er eine der anderen Türen aufgehen, und eine Stimme rief etwas. Unter den fremdartigen Lauten erkannte er ein Wort, das er mittlerweile gelernt hatte. Polizei.
    Dann knallte die Tür des Nachbarn zu.
    Von draußen kam ein verzweifeltes Stöhnen, Finger kratzten ander Tür. Und dann hörte man endlich, wie sich Schritte entfernten. Er atmete erleichtert aus.
    Es war ein langer Tag gewesen. Martine hatte ihn am Morgen zum Bahnhof gefahren, von wo aus er den Lokalzug in die Stadt genommen hatte. Als Erstes hatte er sich dort im Reisebüro ein Ticket nach Kopenhagen besorgt. Für den letzten Flug am nächsten Abend. Sie hatten nicht auf den norwegisch klingenden Nachnamen reagiert, den er ihnen genannt hatte. Halvorsen. Er hatte mit dem Bargeld aus dessen Börse bezahlt, sich bedankt und war dann gegangen. Aus Kopenhagen wollte er dann in Zagreb anrufen und Fred bitten, mit einem neuen Pass zu ihm zu kommen. Mit etwas Glück war er Heiligabend zu Hause.
    Er war bei drei Friseuren gewesen, die aber alle nur den Kopf geschüttelt und betont hatten, dass sie jetzt vor Weihnachten keine Termine mehr frei hätten. Beim vierten hatten sie eingewilligt und auf ein blutjunges, Kaugummi kauendes Ding gezeigt, das verloren in einer Ecke saß, vermutlich das Lehrmädchen. Nach einigen vergeblichen Versuchen, ihr zu erklären, was er wollte, hatte er ihr schließlich das Bild gezeigt. Da hatte sie kurz aufgehört zu kauen, ihn mit mascaraschweren Augen angesehen und auf MTV-Englisch gefragt: »You sure, man?«
    Anschließend war er mit einem

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