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Der Eroberer

Der Eroberer

Titel: Der Eroberer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Moorcock
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der Apis genannt wird. Er ist ein Orakel. Vor sieben Jahren ging ich dorthin, um den heiligen Bullen zu hören. Ich wollte herausfinden, ob er wirklich die Zukunft vorhersehen konnte. Als er mich sah, sprach er einen Reim. Ich erinnere mich an jedes Wort, selbst nach sieben Jahren.« Simon schlug den Umhang der Magi enger um sich. »Was prophezeite der Reim?« flüsterte er kleinlaut.
    Alexander schüttelte den Kopf. »Erst seit kurzem ist mir seine Bedeutung klar. Er lautete:

    Die Stadt, die deinem Vater widerstand, wird dir einst fallen. Die Stadt, der Narren nur entspringen, gebiert ein Schwert. Die Stadt, die deinem Vater widerstand, wird dessen Heimat sein. Die Stadt, die du zur Heimat wählst, soll seine Schärfe spüren.«

    Simon dachte einen Moment über die Worte nach und nickte verstehend.
    »Byzanz, Abdera, Byzanz … Babylon«, sagte er.
    »Wie scharf ist das Schwert?« fragte Alexander, doch im selben Augenblick verwandelte sich seine Gestalt.
    Ein greller, goldgelber Nebel wirbelte auf, und in seiner Mitte tauchte schwarz und scharlachrot eine Figur auf, die Alexander ein wenig ähnelte, doch die doppelte Größe und Breite maß und einen seltsam gewundenen Stock in der Hand hielt. »Aha!« rief Simon. »Endlich zeigt Ihr Eure wahre Gestalt.
    Ich sehe, Ihr tragt Ahrimans Stab!«
    »So ist es, Sterblicher; und das sei dir gesagt: Nur Ahriman darf ihn tragen.«
    Aus dem Umhang der Magi zog Simon einen kurzen Wurfspieß sowie einen kleinen, tellergroßen Schild, den er sich vors Gesicht hielt. Durch ihn hindurch entdeckte er dort, wo Ahriman stand, fremde, bedrohliche Formen. Er sah die wahre Gestalt Ahrimans und nicht den entstellten, verwandelten Körper Alexanders.
    Er hob den Arm und schleuderte den Wurfspieß gezielt auf eine bestimmte Stelle in der bizarren, übernatürlichen Textur, die sich ihm bot.
    Der Gestalt entfuhr ein schauerliches Stöhnen. Sie riß die Arme empor, und aus dem flackernden Stab schoß ein schwarzer Lichtblitz auf Simon zu. Er konnte ihn mit dem Schild abwehren, aber die Wucht des Blitzes schleuderte ihn im hohen Bogen gegen eine Säule. Er sprang auf die Beine, zog sein Schwert und sah, wie Abaris vorausgesagt hatte, daß Alexander seine alte Gestalt wieder annahm.
    Der Gottkaiser taumelte. Mit gerunzelter Stirn blickte er auf
Simon und dessen gezücktes Schwert.
»Was soll das?« fragte er.
»Rüstet Euch zum Kampf, Alexander!« rief Simon.
»Warum?«
»Den Grund wirst du nie erfahren.«
Simon sprang nach vorn.
    Alexander zog seine Klinge, eine schlanke Waffe aus gehärtetem Meteoritenmetall und mit schwarzem Onyx ausgelegtem Griff.
    Mit hellem Klang trafen die Waffen aufeinander, so fein waren die Klingen. Die beiden Männer täuschten, parierten und attackierten in griechischem Stil, nicht schlagend also, sondern stoßend.
    Alexander schnellte vor, packte das Gelenk von Simons
    schwertführender Hand, holte mit der eigenen Waffe aus und stach zu. Doch Simon sprang im rechten Augenblick zur Seite, und das Eisen streifte seinen Schenkel. Alexander fluchte und grinste in alter Manier. »Du bist schnell, mein Freund.«
    Simon war verstört. Es wäre ihm leichtergefallen, gegen das Scheusal zu kämpfen, in dessen Gestalt er Alexander eben noch zu Gesicht bekommen hatte. Nun aber stand ihm ein unbeschwerter, fast sympathischer Krieger gegenüber. Für Simon war der Kampf geradezu ungerecht – doch er mußte geführt werden.
    Die beiden Männer tanzten durch das Netz aus Licht und Schatten, wichen aus, stürmten aufeinander zu und ließen die Schwerter erklingen, daß es laut durch Baals Tempel hallte. Soldaten kamen herbeigeeilt, doch Alexander rief: »Bleibt zurück … Ich weiß zwar nicht, warum mich dieser Mann angreift, aber ein solcher Fechter ist mir noch nicht begegnet. Auf keinen Fall möchte ich auf das Privileg seiner Herausforderung verzichten. Wenn er siegt … laßt ihn frei.« Verwirrt zogen sich die Wachen zurück.
    Über vier Stunden dauerte bereits der ausgewogene Kampf. Die Dämmerung kam, und blutrote Sonnenstrahlen durchfluteten den Tempel. Wie die Titanen fochten sie mit allen ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln der Fechtkunst weiter. Dann geriet Alexander, der von der gerade erst überstandenen Krankheit noch geschwächt war, ins Stolpern. Simon erkannte seinen Vorteil, zielte überlegt und stieß seinem Gegner mit voller Wucht die Klinge in die Lunge. »Wohlan … sei Charons Gast!« rief er.
    Alexander taumelte zurück und landete krachend, die

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