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Der Eroberer

Der Eroberer

Titel: Der Eroberer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Moorcock
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außen die Mauern säumte. Auf der höchsten Spitze stand Alexander und überschaute die mächtige Stadt, die er als Basis für seine militärischen Operationen ausgewählt hatte. Von hier konnte er die sagenhaften hängenden Gärten sehen, die von Nebukadnezar in bogenförmigen Terrassen angelegt worden waren. Die steilen Straßen stießen
    rechtwinklig aufeinander.
    Die Jahrhunderte alte Stadt hatte Wissenschaftler, Gelehrte, Künstler, große Könige und Priester, ruhmreiche Krieger und mächtige Eroberer hervorgebracht. Die Chaldäer, der Herrscherstamm Babylons, betete himmlische Wesen an, deren Gebote die Rechtsprechung im Reich bestimmte.
    Babylon, Stadt der Rätsel und der Erleuchtung. Bald sollte sie gedemütigt werden von der entsetzlichsten Ausgeburt des Bösen, die in der Welt bekannt war. Die Kräfte des Lichts würden durch Alexanders Eroberungen zerschlagen. Bald würde die ganze Welt in Dunkelheit versinken.
    Verzweifelt suchten die Anhänger des Lichts nach einem Weg, wie sie Alexander stoppen konnten. Aber sie konnten nur im verborgenen wirken und waren geschwächt. Kleine Gruppen, vor allem die Magi von Persien, nahmen den scheinbar sinnlosen Kampf gegen ihn auf. Langsam und unaufhaltsam strebten Ahriman und seine Knechte zur unumschränkten Macht.
    Und Simon von Byzanz hatte Babylon nicht erreichen können, um mit den Magi zusammenzutreffen.

    Simon und Camilla hatten noch nie eine solch riesige Stadt gesehen. Die eingestürzten Mauern schlossen eine ungeheuer große Fläche ein. Da, wo sie noch intakt war, maßen sie eine Höhe von 30 Metern; drei Streitwagen hätten nebeneinander auf ihnen entlangfahren können. Hunderte von Turmruinen, zweimal so hoch wie die Mauern, ragten überall auf.
    Aber der Wind pfiff durch die Türme, und Eulen mit großen, furchterregenden Augen glitten um sie herum oder hockten in Mauernischen. Sie schienen die einzigen Stadtbewohner zu sein.
    Camilla ergriff Simons Hand. Er drückt sie tröstend, ohne selber Trost empfinden zu können.
    Hinter sich hörten sie die Jäger, doch die beiden waren zu
    matt, um weiterzufliehen, und zwischen den Ruinen gab es kein Entrinnen.
    Das träge Klopfen der Pferdehufe hallte durch die leere Stadt, als sie einer breiten, von Unkraut überwucherten Straße folgten, auf die zerfallene Häuser bizarre Schatten warfen. Erst jetzt bemerkte Simon, daß ein Feuer die Stadt zerstört hatte. Aber es war kalt im Licht des riesigen Mondes, der wie ein böses Omen am Himmel schwebte.
    Die Schreie der Jäger mischten sich mit dem Gekrächze der Eulen zu einem entsetzlichen, unheimlichen Mißklang. Die Hetzjagd mußte hier enden. Ergeben warteten sie darauf, gefangen zu werden.
    Plötzlich entdeckte Simon vor sich im fahlen Mondlicht eine dunkle Gestalt. Er zog sein Schwert und zügelte das Pferd. Zu erschöpft, um selber den Angriff zu führen, ließ er die Gestalt näherkommen.
    Als sie dicht vor ihm stand, lüftete sie die Kapuze ihres Umhangs, und Simon stöhnte verwundert und erleichtert auf. »Abaris! Ich wollte nach Babylon, um dich dort zu sehen. Was tust du hier?«
    »Ich habe auf dich gewartet, Simon.« Der Priester lächelte gütig. Auch er machte einen erschöpften Eindruck. Sein schmales, für einen Perser untypisches Gesicht war bleich, und um seinen Mund hatten sich tiefe Furchen gezogen.
    »Auf mich gewartet? Wie konntest du wissen, daß ich mich verirre und hier lande?«
    »Die Schicksalsgöttinnen haben es so gewollt; also frage
nicht.«
»Wo sind wir?«
    »In den Ruinen der vergessenen Stadt Ninive. Dies war einst eine große Stadt, größer als Babylon und fast ebenso mächtig. Vor dreihundert Jahren wurde sie von Medern und Babyloniern dem Erdboden gleichgemacht.«
    »Ninive«, flüsterte Camilla, »die legendäre Stadt.«
    »Vergiß die Legenden, die du über sie gehört hast, und merke dir: An diesem Ort seid ihr für kurze Zeit sicher. Die restlichen Anhänger Ormuzds sind hierher geflohen und haben sich zu einer starken Truppe zusammengeschlossen … wenn auch nicht stark genug, um Ahrimans schrecklichen Knechten auf Dauer Widerstand leisten zu können.«
    »Jetzt weiß ich, was passiert ist«, sagte Simon. »Wir sind
statt dem Euphrat dem Tigris gefolgt.«
»So ist es.«
    Hinter ihnen wurde das wilde Gekläffe lauter. Abaris gab den beiden Zeichen, ihm zu folgen.
    Er führte sie durch ein Labyrinth von Gassen voller Trümmer, Unkraut und Mist. Vor einem kleinen, zweistöckigen Haus, das fast ohne Schäden war, blieb er

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