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Der Eroberer

Der Eroberer

Titel: Der Eroberer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Moorcock
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Vergangenheit und wird auch in der Zukunft seine Opfer finden. Fanatische Eroberer, die über die Welt herrschen wollen. Männer mit übermenschlicher Energie, mit der Macht, große Massen nach Belieben zu führen und zu verführen. Ja, Ahriman wird unter irgendeinem Namen einen neuen Versuch unternehmen. Das ist sicher.«
    »Doch vorläufig«, sagte Simon, als Camilla hinter ihn trat, »haben wir ihn erfolgreich aufhalten können.«
    »Wer weiß?« sagte Abaris. »Die Geschichte wird zeigen, ob wir rechtzeitig gehandelt haben.«
    Simon sagte in ernstem Ton: »Ich bin mir nicht sicher, was für ein Mensch Alexander nun eigentlich war. Er hätte sowohl eine Kraft des Guten als auch des Bösen sein können. Er hatte wohl von beidem etwas. Aber das Böse hat am Ende überhand genommen. Durfte ich ihn töten? Wäre es nicht möglich gewesen, ihn auf eine andere Bahn zu lenken, so daß das Gute in ihm den Plan der Weltvereinigung und Friedensstiftung hätte weiterführen können?«
    »Die Möglichkeit bestand wohl«, sagte der Priester nachdenklich, »aber wir Menschen setzen unseren Anstrengungen Grenzen. Das macht es uns leichter. Vielleicht werden wir eines Tages über neue, beschwerlichere Wege zu besseren Ergebnissen gelangen. Vorläufig bemühen wir uns lediglich um einen Ausgleich. Aber es mag durchaus sein, daß Alexanders Traum einer geeinten Welt einst Wirklichkeit wird. Wir wollen hoffen, daß diese Einheit dann im Sinne Ormuzds ist. Darauf ließe sich eine neue Welt errichten.« Simon seufzte und entspannte sich.
    »In der Zwischenzeit müssen wir, wie du sagst, nach Ausgleich streben. Laßt uns zu Ormuzd beten, daß die Menschen einst ohne ihre Götter auskommen.«
    »Die Zeit mag heranbrechen, und wenn ich mich nicht täusche, sehnen sich auch die Götter danach.«
    Mit einer Verbeugung ließ Abaris Simon und Camilla allein. Sie sahen einander lange in die Augen, bevor sie sich umarmten.

Sehet – Ein Mensch

    Er ist nicht allmächtig wie die Götter. Trotzdem folgen sie ihm, die Wüstenbewohner und Fischer. Sie sagen, er sei Gott, und er glaubt es ihnen. Die Anhänger von Alexander sagen: »Er ist unbesiegbar, daher ist er Gott.« Die Anhänger dieses Mannes haben keine Meinung, denn sie denken nicht. Er ist ihr Akt spontaner Schöpfung. Und jetzt führt er sie an, dieser Wahnsinnige, den sie Jesus von Nazareth nennen.
    Und er sagt zu ihnen: »Ja, wahrlich, früher war ich Karl Glogauer, und jetzt bin ich Jesus, der Messias. Der Christus.« Und so war es.

    I

    Die Zeitmaschine war eine Kugel, gefüllt mit einer milchigen Flüssigkeit, in der der Reisende schwamm. Er atmete durch eine Maske, deren Schlauch mit der Wand der Maschine verbunden war.
    Die Kugel zerbarst bei der Landung in zwei Hälften, und die Flüssigkeit ergoß sich in den Staub und wurde gierig von der Erde aufgesogen. Glogauer rollte sich instinktiv zu einer Kugel zusammen und sank mit dem Fallen des Flüssigkeitsspiegels auf die Innenwand herab. Die Instrumente schwiegen. Glogauer machte kurz die Augen auf. Sein Mund verzog sich zu einer Art Gähnen, seine Zunge flatterte, und das Stöhnen, das sich seiner Kehle entrang, wurde zu einem seltsamen Heulen.
    Er hörte sich selbst. Die Stimme der Zungen, dachte er. Die Sprache der Ohnmächtigen. Was er sagte, blieb ihm ein Rätsel. Sein Körper wurde gefühllos. Er zitterte. Sein Durchbruch durch die Zeit war beschwerlich gewesen. Die Flüssigkeit hatte nicht alles abgefangen, aber sie hatte ihm das Leben erhalten. Sicherlich ein paar gebrochene Rippen. Er streckte Arme und Beine und kroch über die glitschige Plastikwand. Der Himmel war wie Stahl. Als sein Körper die Erde berührte, verlor er die Besinnung.
    Winter 1949. Er war neun Jahre alt, zwei Jahre, nachdem sein Vater von Australien nach England gekommen war, geboren.
    Die anderen Kinder im Hof schrien vor Lachen. Das Spiel
hatte ganz harmlos angefangen, und Karl hatte mitgemacht.
Jetzt heulte er.
»Laßt mich runter! Bitte, hört doch auf.«
    Sie hatten ihn mit ausgebreiteten Armen an den Maschendrahtzaun gebunden. Das Gewicht seines Körpers zog ihn nach vorn, und einer der Pfosten drohte umzukippen. Marvyn Williams, der das Spiel vorgeschlagen hatte, rüttelte an dem Pfosten, und Karl schwang mit dem Maschendrahtzaun vor und zurück. »Aufhören!«
    Er merkte, daß seine Angst die anderen nur noch mehr anstachelte, biß die Zähne zusammen und verstummte.
    Er ließ sich schlaff nach unten sacken und spielte den Ohnmächtigen. Die

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