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Der Eroberer

Der Eroberer

Titel: Der Eroberer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Moorcock
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irgendwie sehr zufrieden.
    Einmal ging er mit zwei von seinen Jüngern vor die Stadt, um gen Jerusalem zu blicken. Die Mauern der Stadt leuchteten im gelben Schein der Nachmittagssonne. Die Türme und die großen Gebäude, viele mit bunten Mosaiken geschmückt, waren weithin zu sehen. Der Prophet wandte sich wieder Bethanien zu.
    »Wann gehen wir nach Jerusalem?« fragte einer seiner Jünger.
    »Noch nicht«, sagte Glogauer. Seine Schultern waren gebeugt, und er zog die Arme an die Brust, als friere er. Zwei Tage vor dem Osterfest führte der Prophet seine Männer zum Ölberg.
    »Holt mir einen Esel«, sagte er. »Ein Fohlen. Ich muß die Prophezeiung erfüllen.«
    »Dann werden alle wissen, daß du der Messias bist«, sagte Andreas.
    »Ja.«
    Glogauer seufzte. Er hatte wieder Angst, aber diesmal war es nicht psychische Angst, sondern die Angst eines Schauspielers vor der dramatischen Schlußszene. Die Angst, nicht überzeugend zu sein.
    Der kalte Schweiß stand ihm auf der Oberlippe. Er wischte ihn weg.
    Im Licht der Abenddämmerung betrachtet er seine Männer. Manche kannte er immer noch nicht mit Namen. Aber ihre Namen interessierten ihn nicht. Nur ihre Anzahl. Zehn waren bei ihm. Die anderen beiden holten den Esel.
    Sie standen an dem grünen Abhang des Ölbergs und sahen auf Jerusalem und den großen Tempel hinunter. Eine warme Brise zog durch die Luft.
    »Judas?« Glogauer sah fragend durch die Runde.
Es war einer dabei mit Namen Judas.
»Ja, Meister«, sagte er.
    Er war groß und gutaussehend. Er hatte rotes, gelocktes Haar und neurotische, intelligente Augen. Glogauer hielt ihn für einen Epileptiker.
    Glogauer betrachtete Judas Ischariot gedankenverloren. »Ich
möchte, daß du mir dann hilfst«, sagte er. »Wenn wir in Jerusa
lem sind.«
»Wie, Meister?«
    »Du mußt den Römern eine Nachricht überbringen.«
    »Den Römern?« Judas’ Gesicht bewölkte sich. »Warum?« »Es müssen die Römer sein. Keinesfalls die Juden – sie würden einen Pfahl oder eine Axt nehmen. Wenn die Zeit gekommen ist, sage ich dir mehr.«
    Der Himmel war mittlerweile dunkel, und die Sterne glitzerten über dem Ölberg. Es war kühl geworden. Glogauer schauderte zusammen.

    Juble laut, Tochter Zion, jauchze, Tochter Jerusalem! Siehe,
    dein König kommt zu dir, gerecht und siegreich. Demütig ist er und reitet auf einem Esel, auf dem Füllen einer Eselin. (Sacharja 9:9)

    »Osha’na! Osha’na! Osha’na!«
    Als Glogauer auf seinem Esel in die Stadt ritt, liefen seine Jünger vor ihm her und warfen Palmwedel. Zu beiden Seiten der Straße standen viele Menschen.
    Jetzt konnten alle sehen, wie der neue Prophet die Weissagungen der alten Propheten erfüllte, und viele dachten, daß er gekommen sei, um sie gegen die Römer anzuführen. Sie dachten, er sei auf dem Weg zu Pilatus und wolle den Statthalter zur Rede stellen. »Osha’na! Osha’na!«
    Glogauer sah zerstreut um sich. Der Rücken des Esels war unbequem. Er schwankte und klammerte sich an die Mähne. Er hörte die Worte, konnte sie aber nicht recht verstehen. »Osha’na! Osha’na!«
    Erst klang es in seinen Ohren wie hosianna , doch dann merkte er, daß es Aramäisch war. Befreie uns, hieß es.
    Johannes hatte für dieses Osterfest einen bewaffneten Aufstand gegen die Römer geplant. Viele hatten daran teilnehmen wollen.
    Sie glaubten, daß er an die Stelle des Täufers getreten war und die Rebellion hatte anfuhren wollen.
    »Nein«, murmelte er, als sein Blick die erwartungsvollen Gesichter streifte. »Nein, ich bin der Messias. Ich kann euch nicht befreien. Ich kann nicht …«
    Sie hörten ihn nicht, denn ihr eigenes Geschrei war zu laut.
    Karl Glogauer zog in Christus ein. Christus zog in Jerusalem ein. Die Legende näherte sich ihrem Höhepunkt. »Osha’na!«
    Es gehörte nicht zur Legende. Er konnte ihnen nicht helfen.
    »Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Wer einen aufnimmt, den ich sende, nimmt mich auf; wer aber mich aufnimmt, nimmt den auf, der mich gesandt hat.«
    Nach diesen Worten wurde Jesus in seinem Inneren erschüt tert und beteuerte:
    »Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Einer von euch wird mich verraten.«
    Da sahen die Jünger einander an, weil sie nicht wußten, von wem er rede. Einer von seinen Jüngern lag bei Tisch an der Brust Jesu, der, den Jesus liebte. Diesem nun winkte Simon Petrus zu und sagte zu ihm: »Sprich, wer ist es, von dem er redet.« Der lehnte sich also an die Brust Jesu und sagte zu ihm: »Herr, wer ist es?« Da antwortete Jesus:

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