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Der Eroberer

Der Eroberer

Titel: Der Eroberer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Moorcock
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einer großen Maschine glich. Suron hatte die Stadtmaschine aufgebaut und ihr den Namen gegeben. Sie war daraufhin angelegt, das Leben auf Tanet unabhängig von seiner Sonne zu machen, den Planeten von ihrer immer stärker werdenden Anziehungskraft zu befreien und im All zu kreuzen auf der Suche nach einer stabilen Galaxis. Und so hatte man die Randwelt für das Experiment ausgesucht, denn nur dort gab es noch Leben.
    Die Galaxis unterlag einem monströsen Wandel; nichts würde bleiben, wie es war. Sie zog sich zusammen.
    Man wußte Bescheid, denn die Wissenschaftler kannten die Natur der riesigen, schwarzen Körper, die im Inneren der Galaxis schwebten. Megaquasare von so großer Masse, daß ihr nicht einmal Photonen entfliehen konnten, schluckten jeden Körper, der in ihr Gravitationsfeld geriet, und mit jedem Körper nahm die Masse zu.
    Inzwischen befand sich die gesamte Galaxis in diesem Feld. Jede Sonne mitsamt ihren Satelliten wurde unausweichlich angezogen und schließlich den Megaquasaren einverleibt, die zu einer Masse zusammenschmolzen, für deren Ausmaß kein passendes Wort zu finden war. Darum sprachen die meisten lediglich von der »Masse«.
    Suron blickte auf zum Himmel, über den die Dunkelheit rasch hereinbrach. Sein Plan war gescheitert, denn schon bald hatte man einsehen müssen, daß alle Hilfe zu spät kam. Rionva-mey, die komplexeste Maschine, die je von Menschen gebaut wurde, die eine durch und durch künstliche Umwelt bereitstellte und einen Planeten wie ein gewöhnliches Raumschiff durchs All bewegen konnte, ließ sich nicht mehr zu ihrem eigentlichen Zweck einsetzen. Ihr blieb nur noch eine Aufgabe übrig: die unvermeidbare Kollision von Tanet um ein paar Tage hinauszuzögern.
    Als Stadt war diese Maschine kaum mehr zu bezeichnen, denn die meisten Bewohner hatten den Rückzug angetreten, als das Scheitern von Surons Plan bekanntgeworden war. Man war abgereist in der Hoffnung, die Heimatwelten zu erreichen, bevor sie, von ihren Sonnen geschluckt, größeren Sonnen entgegeneilen und schließlich von der »Masse« aufgesogen würden.
    Suron blieb, denn Tanet war seine Welt. Er liebte sie. Und mit ihm blieb der, der ihn liebte.
    Der Prozeß hatte allmählich angefangen. Vor wenigen tausend Jahren war er kaum bemerkbar gewesen. Erst seit tausend Jahren wußte man genau Bescheid. Vor hundert Jahren war bereits die Hälfte aller galaktischen Sonnen und Planeten von der »Masse« absorbiert worden, und jetzt bewegten sich auch die Gestirne am Rand der Galaxis aufeinander zu.
    In ein paar Tagen, dachte Suron, werden wir unsere letzte Reise zum Zentrum hin antreten. Wenn die Wissenschaftler recht behielten, würde die »Masse« in weniger als einem Jahr unter dem Druck ihrer Gravitation auseinanderbrechen, und der entropische Prozeß begänne von neuem. Neue Sterne, neue Planeten, neue Umlaufbahnen.
    Würde sich der Kreislauf wiederholen? rätselte Suron. War die Galaxis darauf programmiert, sich ewig aufs neue zu formieren? Würde die Menschheit wiedergeboren werden und ihre Geschichte hervorbringen – womöglich zum millionsten Mal?
    Mit bloßem, bleichen Körper stand Suron auf dem höchsten Turm und schaute aufs Meer. Es hatte bereits die entfernter liegenden Gebäude erreicht. Wieder blickte er hinauf zum Mond, der nun den Himmel beherrschte. Seit gestern war er um ein weiteres Stück nähergerückt, so wie Tanet seiner Sonne und die Sterne untereinander nähernickten. Nicht mehr lange, dachte er.
    Die kurze Nacht ging vorüber. Das tiefe Blau des Himmels
färbte sich violett, dann hellgrün, und die Wolken jagten über
den Horizont davon. Bedrohlich tauchte die Sonne auf. Sofort
spürte Suron ihre Hitze.
Ein Flüstern meldete sich hinter ihm.
»Es war also alles umsonst.«
Mis’rn-bur-Sen legte eine Hand sanft auf Surons Arm. »Die
Sonne kommt näher.«
Suron lächelte seinem Ehemann zu.
    »In der Nacht habe ich von der Menschheit geträumt. Hat es sie umsonst gegeben?«
    Mis’rn ging an die Balustrade. Seine Haut war wie die seines Mannes transparent und ließ die Blutgefäße und Organe des hermaphroditischen Körpers durchscheinen. Das fahle Haar wehte im warmen Wind.
    »Alle Mühen, alles Elend und Sterben. Die Anstrengungen
    derjenigen, die der Menschheit den gerade erst erworbenen Frieden und Sicherheit bewahren wollten. Alles umsonst, Suron. Die Menschheit ist genarrt worden. Im Augenblick unseres Triumphs über Sterblichkeit und Umwelt treibt die Natur ihren Spaß mit uns. Sie findet

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