Der Eroberer
Neuigkeiten für ihn?«
Ceidre erbleichte. »Nein, habe ich nicht.«
»Hast du den Normannen noch nicht in dein Bett genommen, Ceidre?«
Albie war also eingeweiht. Sie errötete verlegen. »Schickt Edwin dich, weil er denkt, ich hätte schon etwas erfahren? Es ist zu früh!«
»Die Zeit läuft uns davon«, entgegnete Albie. »In sieben Wochen planen wir einen Aufstand, Ceidre. Hast du nichts erfahren? Hast du den Normannen noch nicht in dein Bett gelockt? Sprich!«
Ceidres Wangen glühten. Sie fühlte sich elend. »Albie, ich fürchte, ich habe schlechte Nachrichten. Der Normanne hat mich mit einem seiner Männer verheiratet!« Sie schämte sich der Tränen, die ihr übers Gesicht liefen.
Albie starrte sie an, dann fluchte er leise.
Ceidre wischte die Tränen ungeduldig mit dem Handrücken fort. Albie legte eine schwere Hand auf ihre Schultern.
»Es tut mir leid, Ceidre«, murmelte er.
»Das ist noch nicht alles«, sagte sie düster. »Die Normannen pflegen einen alten, heidnischen Brauch. Er nahm mich in meiner Hochzeitsnacht.«
Albies finsteres Gesicht hellte sich auf. »Was? Aber das ist doch eine gute Nachricht!«
Sie wich zurück. »Ich habe nichts erfahren.« Es war eine gute Nachricht, dass ihr Gewalt angetan worden war?
Plötzlich stieg Zorn in ihr auf gegen Albie, gegen ihre Brüder.
»Begreifst du nicht? Du kannst immer noch seine Buhle werden, wenn du dich anstellig zeigst und listig bist. Es ist noch nichts verloren. Du musst es tun, Ceidre. Du musst dir sein Vertrauen erschleichen, wenn wir Aelfgar zurückerobern und ihn und seine Männer ins Meer treiben wollen!«
Sie wollte ihm ins Gesicht schleudern, wie sehr sie es verabscheute, sich das Vertrauen dieses Barbaren zu erschleichen, dass sie es verabscheute, sein Lager zu teilen. Doch sie schwieg. Schmach und Demütigung, die den ganzen Tag an ihr nagten, drohten sie zu übermannen. Niemand kümmerte sich darum, was sie erlitten hatte. Sie war mit Gewalt genommen worden, um danach in den Armen ihres Todfeinds entfesselte Ekstase zu erleben, und das war schlimmer als die Gewalt, die ihr angetan worden war. Der Kerl hatte sie ebenso kaltblütig verlassen, wie er sie genommen hatte. Keiner kümmerte sich darum, wie ihr zumute war. Kein Mensch. Der Normanne hatte sie geschändet, ihre Brüder benutzten sie. Ceidre schlang die Arme um sich. Sie war mutterseelenallein. Zur Hölle mit allen Männern!
»Ich muss gehen«, sagte Albie ein wenig unsicher. »Wenigstens kann ich einen gewissen Fortschritt berichten. Gott segne dich, Ceidre.«
Sie war zu wütend, zu enttäuscht, um auch ihm den Segen Gottes zu wünschen. Aber eines wusste sie: Sie würde nicht die Buhle des Normannen werden. Niemals. Um keinen Preis würde sie sein Lager noch einmal teilen. Doch auch dieser Entschluss war ihr kein Trost. Sie fühlte sich elender als zuvor.
Wie magnetisch wurden seine Augen zu ihr hingezogen, als sie die Halle schnellen Schrittes durchquerte und der Tafel zustrebte, erhobenen Hauptes, den Blick geradeaus gerichtet. Sein Atem stockte. Ohne ihn auch .nur mit einem Blick zu streifen, begab sie sich an ihren Platz am unteren Ende der Tafel.
Rolfe nahm mehrere Dinge gleichzeitig wahr: Alice, die sich neben ihm versteifte; seine Männer, die plötzlich verstummten, und seinen Herzschlag, der ihm in den Ohren dröhnte. Nur mühsam konnte er den Blick von ihrer Gestalt lösen. Sein Hunger war verflogen, dennoch aß er weiter, bedächtig kauend. Allmählich setzten die Gespräche wieder ein. Rolfe wandte den Blick nicht wieder zum Ende der Tafel, das war auch unnötig. Ihre Gegenwart erfüllte seine Sinne.
Ceidre bebte innerlich. Während sie die Halle betreten hatte, waren die Gespräche verstummt, aller Blicke richteten sich auf sie, gafften sie an. Es kostete sie Mühe, ihren inneren Aufruhr hinter einer versteinerten Maske zu verbergen, als sie seinen Raubvogelblick auf sich spürte.
Mit einem Mal wurde ihr bewusst, dass sie einen Fehler begangen hatte, sich ans untere Ende der Tafel zu setzen, während ihr Gemahl zu Rolfes Rechten Platz genommen hatte. Ein flüchtiger Blick bestätigte ihr, dass auch Guy ihren Fehler bemerkt hatte. Er war aufgestanden und näherte sich ihr. Einer der Männer kicherte. Ceidre schoss die Hitze in die Wangen. Guy bedachte den Übeltäter mit einem vernichtenden Blick. »Ceidre, dein Platz als meine Gattin ist neben mir.« Er nahm sie beim Ellbogen und zwang sie sanft aufzustehen. Seine freundliche Höflichkeit erfüllte
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