Der Eroberer
schwarzen Kerker nicht ahnen.
Nimm dein Schwert, erhebe dich und lerne aus deinen Fehlern.«
Beltain kam auf die Füße. »Ich danke für Eure Nachsicht, Mylord.«
Rolfe entließ ihn mit einer Handbewegung. Beltain ahnte nicht, wie nah er noch vor wenigen Stunden dem Tod durch das Schwert seines Herrn gewesen war. Unvermutet sah Rolfe sich mit Athelstan allein.
»Es wäre ratsam, Ceidre nach Dumstanbrough zu schicken, sobald sie wieder genesen ist.«
Rolfes Blick durchbohrte ihn.
»Ihr könnt diese Situation nicht länger ertragen. Guy ist nicht eifersüchtig, was von Vorteil ist. Er vertraut Euch blind, was von noch größerem Vorteil ist, sonst würdet Ihr einen tapferen Ritter und einen treuen Kampfgefährten verlieren.«
»Denkst du, das weiß ich nicht? Was kümmern dich meine Angelegenheiten?«
»Ihr seid ein aufrechter Mann, ein guter Heerführer«, entgegnete Athelstan gelassen. »Es ist bedauerlich, dass Euch die Kriegswirren zu uns geschickt haben und nicht der Frieden.«
»Solche Grübeleien überlasse ich Narren und Poeten.«
»Schickt sie mit ihrem Gatten nach Dumstanbrough«, drängte Athelstan unbeirrt. »Wenn Ihr Euren besten Mann verliert, lernt Ihr sie zu hassen.«
»Ich bin Rolfe von Warenne«, entgegnete Rolfe. »Ich bin Rolfe, der Gnadenlose, der beste Gefolgsmann des Königs. Denkst du etwa, ich wäre nicht fähig, eine flüchtige Laune zu besiegen? Zugegeben, die Hexe übt einen gewissen Zauber auf mich aus, aber ich werde nie vergessen, dass sie einem anderen gehört. Nun geh zu Bett, alter Mann. «
»Gern«, sagte Athelstan und wandte sich zum Gehen. Auf halbem Wege wandte er sich noch einmal um.
»Flüchtige Laune oder Besessenheit, Mylord?«
»Zu Bett!«
»Und in welches Bett begebt Ihr Euch?«
Rolfe blieb ihm die Antwort schuldig und blickte ihm finster nach. Der alte Sachse besaß mehr Mut als viele seiner Männer. Besessenheit? Es war keine Besessenheit. So etwas würde er niemals zulassen.
Beim Erwachen wusste Ceidre, in welchem Bett sie lag.
Und dann stürmten die Erinnerungen auf sie ein.
Der Alptraum ihrer Einkerkerung, die einen Tag und einen halben gedauert hatte, was ihr wie eine Ewigkeit erschienen war, verlor langsam sein Grauen. In den Vordergrund traten die Ereignisse nach ihrer Befreiung und die Erinnerungen an ihren Reiter.
Hatten seine Hände sie tatsächlich so zärtlich gestreichelt? Hatte seine Stimme wirklich so tröstlich geklungen?
Nein, es musste ein Traum gewesen sein!
Die Sonne stand hoch am Himmel, sie hatte die ganze Nacht und den halben Tag geschlafen. Ceidre konnte nicht aufhören, sich verwundert zu fragen, ob er tatsächlich ihr sanfter, zärtlicher Retter war. Die Erinnerung, dass er sie in sein Gemach getragen und auf sein Bett gelegt hatte, konnte freilich keine Täuschung sein. Sie war in Leinentücher gehüllt, darunter war sie nackt, und diese Entdeckung weckte vage Erinnerungen daran, dass sie gebadet worden war. Die Annahme, Rolfe habe sie gebadet, war gewiß ihrer Fantasie entsprungen. Wahrscheinlich hatte ihre Angst sie halb um den Verstand gebracht und in ihrem verwirrten Geisteszustand hatte sie eine Magd mit dem Normannen verwechselt.
Ihre Wunden, schmerzenden Hände waren verbunden. Ceidre schauderte in Gedanken an ihre hilflosen, verzweifelten Versuche, die Wände des Verlieses hinaufzukriechen, sich einen unterirdischen Gang zu graben.
Mühsam kleidete sie sich an und kehrte zum alten Haus zurück, ohne einer Menschenseele zu begegnen.
Ihr Gemahl kehrte vor dem Nachtmahl zurück und verlangte ein Bad, weil der Normanne seine Leute auf dem Turnierplatz in schweißtreibenden Zweikämpfen zwang, sich bis zur völligen Erschöpfung zu verausgaben. Ceidre legte frische Kleidung zurecht und brachte einen Krug Wein und Gewürzkuchen. Guys Blick wanderte über ihre Gestalt. »Hast du dich erholt?« In seiner Stimme schwang Mitgefühl.
Sie errötete, beschämt darüber, sich wie eine Wahnsinnige benommen zu haben. »ja, danke. Komm, ich helfe dir.«
Sie nahm ihm das Kettenhemd ab.
»Ich wollte dich zum Mittagsmahl wecken, doch Lord Rolfe meinte, ich solle dich schlafen lassen, bis du von selbst aufwachst«, sagte Guy, während sie ihm die Tunika über den Kopf streifte.
Ihre Gesichtsröte vertiefte sich. »ja, ich war ein richtiger Faulpelz heute. Ist alles zu deiner Zufriedenheit in Dumstanbrough?«
»Ja. Es ist fruchtbares Land, zum Teil auch felsig. Die Dorfbewohner verstehen nichts von Ackerbau, sind nur Schafhirten.
Weitere Kostenlose Bücher