Der Eroberer
alles drehte sich um sie. Alice riss ihre Hand hoch, mit der sie sich festklammerte und stieß erneut zu. Ceidre schlug mit dem Kinn auf die äußere Steinkante. Alice hob sie mit aller Kraft hoch und schob sie ruckweise aus dem Fenster. Ceidre hing mit dem Kopf nach unten, ihre Finger suchten verzweifelt Halt am glatten Stein. Unerbittlich wurde sie weiter hinausgeschoben, ihre Brust hing bereits über dem tödlichen Abgrund. Doch sie nahm das Geschehen und die gellenden Schreie nur verschwommen wahr.
Und dann fühlte sie sich von kraftvollen Händen an den Haaren gepackt und zurück in die Kammer gerissen.
»Nein!« kreischte Alice. »Nein! Nein! Nein! Die Hexe muss sterben! Ich bring sie um! «
Keuchend und mit rasendem Herzklopfen klammerte Ceidre sich an den Mann, der sie festhielt.
Dann hörte sie einen harten Schlag. Alice wahnsinniges Gezeter hörte auf. Ceidre blickte über die Schultern ihres Retters und sah, dass Beltain es war, der Alice eine schallende Ohrfeige gegeben hatte. Athelstan hielt die um sich schlagende Alice von hinten fest. Ceidre sah ihrem Retter ins Gesicht. »Danke, Guy«, flüsterte sie. »Ich danke dir!
«
»Du hast nichts mehr zu befürchten!« tröstete Guy sie.
Ceidre begann zu zittern, barg ihr Gesicht an seinem Hals. »Sie … sie hat versucht … hat versucht … mich … aus …
dem Fenster … zu … zu werfen!« stammelte sie, und ein trockenes Schluchzen entrang sich ihrer Brust.
»Jetzt bist du in Sicherheit, Ceidre.« Guy hielt sie in den Armen und wandte sich an Beltain. »Sie hat den Verstand verloren. Wir müssen sie in Gewahrsam nehmen, bis Lord Rolfe zurückkehrt und entscheidet, was mit ihr geschehen soll. «
»Ich lasse das Fenster vom Zimmermann mit Brettern vernageln. Sie bleibt in dieser Kammer. Ein Wachtposten muss aufpassen, dass sie sich nichts antut.«
»Ich bin nicht wahnsinnig«, fauchte Alice. ›Ich bin bei klarem Verstand! Ich hasse sie nur, das ist alles!«
Beltain und Guy traten verlegen von einem Fuß auf den anderen und mieden es, sie anzusehen. Athelstans Augen waren voller Mitleid.
Guy legte den Arm um Ceidres Schulter und führte sie aus der Kammer. »Kommt, Ceidre, leg dich hin und ruh dich aus. Mary, bring einen Krug Wein.«
Die Magd, deren Entsetzensschreie die Männer zu Hilfe gerufen hatten, rannte los.
Ceidre lehnte sich schlotternd an Guy. Alice hatte versucht, sie zu töten. Um ein Haar wäre ihr Kind umgekommen. Sie sank auf den Strohsack, ohne die Hand ihres Gatten loszulassen. Guy kniete sich neben sie. »Es ist vorbei«, tröstete er sie. »Es tut mir leid, dass ich dich nach dem ausgestandenen Schrecken wieder einsperren muss. Aber daran kann ich nichts ändern.«
»O Guy«, stammelte Ceidre und umklammerte seine Hand, »sie hätte beinahe mein Kind umgebracht! «
Guy stutzte.
Ceidre begann zu weinen.
Guy schloss sie in die Arme. »Du erwartest sein Kind, Ceidre?«
Sie nickte, unfähig zu sprechen.
»Weiß er davon?«
Sie schüttelte den Kopf und hob ihm ihr verweintes Gesicht entgegen. »Versprich mir, dass du es ihm nicht sagst!«
»Ceidre … «, wollte er einwenden.
»Versprich es, Guy!« flehte sie und fuhr tonlos fort: »Ich liebe ihn, und er Hasst mich. Ich werde ihm von dem Kind erzählen, wenn der richtige Zeitpunkt gekommen ist. Bitte! Irgendwann erfährt er es ja doch.«
»Vielleicht denkt er, es ist von mir«, meinte Guy nachdenklich.
»Nein, ich sagte ihm, dass zwischen uns nichts ist.« Auf seinen missbilligenden Blick setzte sie hinzu: »Er ist sehr stolz, und eine Weile hat er mich vermutlich auch ein bisschen lieb gehabt. Er ist kein Mann, der gern teilt.«
»Nein, das tut er nicht«, pflichtete Guy ihr bei. Und dann: »Bekommst du genug zu essen? Ceidre, du musst es ihm sagen, damit er deine Haftbedingungen erleichtert!«
»Ich bekomme reichlich zu essen. Mary, die gute Seele, bringt mir große Portionen.«
Guy musterte sie. »ja«, meinte er sinnend. »Du hast ein wenig zugenommen, dein Haar und deine Haut ist rosig.
Deine Brüste sind voller geworden.«
»Sag es ihm nicht«, beschwor Ceidre ihn erneut und errötete. »Ich weiß, dass er mich Hasst. Und ich will sein Mitleid nicht. Ich … ich weiß nicht, was ich will, auf keinen Fall aber sein Mitleid.«
»Sei nicht töricht, Ceidre. Rolfe ist kein Mann, der eine Frau lieben kann. Er hat strenge Vorstellungen von Pflichterfüllung und Treue. Er wird dir deinen Verrat niemals vergeben. Ich kenne ihn gut.«
»Ich weiß«, sagte sie
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