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Der Eroberer

Der Eroberer

Titel: Der Eroberer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brenda Joyce
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Ende.
    Nach seinem Hasserfüllten, demütigenden Besuch sah Ceidre den Normannen nicht mehr. Zwei Tage später ritt er mit einem Dutzend seiner Männer vom Burghof. Sie beobachtete ihn durch die Schießscharte; der glühende, qualvolle Schmerz in ihrem Herzen hatte nicht nachgelassen. Er sah atemberaubend schön aus auf seinem grauen Schlachtross. Verschlossene, harte Gesichtszüge, wie an jenem Tag, als sie ihm im Dorf Kesop zum ersten Mal begegnet war. Es war kaum zu glauben, dass dieser harte Mann derselbe war, der mit ihr im Obstgarten herumgetollt war, der sich mit ihr im Heu in der Scheune gewälzt hatte. Er hatte so schnell gelernt zu lachen und zu lieben, dachte sie unendlich traurig, und nun hatte er ebenso schnell gelernt sie zu hassen.
    Mary war die einzige, die zu ihr kam und ihr Brot, Käse und Bier brachte, einmal, am Vormittag und einmal in der Abenddämmerung. Man ließ ihr auch einen Becher Wasser. Die Kerze anzuzünden hatte sie noch nicht gewagt, um die Großzügigkeit ihres Peinigers, nicht auf die Probe zu stellen, aus Furcht, man würde ihre keine zweite Kerze bringen. Ihr Nachtgeschirr wurde jeden zweiten Tag geleert. Eine Schüssel Wasser zum Waschen wurde ihr verweigert. Wenn sie sich waschen wolle, sagte Mary, solle sie es mit dem Becher Wasser tun, der ihr täglich als Trinkration zugestanden wurde. Ceidre verwahrloste mit jedem Tag mehr, und sie achtete nicht länger darauf.
    Mary war Alice' Vertraute, das wusste Ceidre. Der Normanne wusste es offenbar gleichfalls und hatte sie aus diesem Grund zur Gefängniswärterin bestimmt. Mary war aber auch eine unverbesserliche Klatschbase, nicht hinterhältig, aber geschwätzig. Und Ceidre hatte den Verdacht, Alice füttere sie mit den Nachrichten, die sie Ceidre überbrachte.
    Mary erzählte ihr lüstern, wie Alice die ganze Nacht kein Auge zugetan hatte, da der Normanne sie mit seinen riesigen Schaft traktiert hatte, bis sie um Gnade gewinselt hatte. Ceidres Magengrube krampfte sich schmerzhaft zusammen. Er würde seinen Hass gegen sie natürlich an anderen Frauen abreagieren, doch Ceidre hatte nie gedacht, dass sie der Schmerz beinahe umbringen würde, den sie sich freilich nicht anmerken ließ, da sie genau wusste, dass Mary von Alice ausgefragt werden würde.
    Ceidre erfuhr, dass der Normanne fortgeritten war, um einen Grenzposten im Nordosten von Wales zu befestigen.
    Er wurde in zwei, möglicherweise auch erst in vier Wochen zurückerwartet, da eine einsame Wehrburg mitten in der Wildnis zu errichten war. Beltain sollte den kleinen Außenposten erhalten. Ceidre erfuhr weiterhin, dass ihr Ehemann kurz nach der Abreise des Normannen eingetroffen war.
    Die Tage zogen sich eintönig dahin. Anfangs versuchte Ceidre, die Langeweile zu bannen, indem sie sich jeden Augenblick ins Gedächtnis zurückrief, seit sie ihm an jenem Junitag in Kesop zum ersten Mal begegnet war, womit sie freilich ihre schmerzenden Wunden nur noch weiter aufriss. Der darauf folgende Versuch, ihren Erinnerungen Einhalt zu gebieten, misslang kläglich. Sie starrte gegen die Wand, und ihre Sorge um ihre Brüder wuchs mit jedem Tag, denn der Zeitpunkt des geplanten Aufstands rückte unaufhaltsam näher. Und Ceidre konnte nichts anderes tun, als um ihr Überleben zu beten. Obwohl es sinnlos war, die Tage zu zählen, tat sie es dennoch und redete sich ein, sie zähle die Tage nicht, da sie auf seine Rückkehr wartete … wünschte sie sich doch nichts sehnlicher, als ihn aus ihrem Herzen, ihren Gedanken zu vertreiben. Es gelang ihr nicht.
    Eine Woche, nachdem der Normanne fortgeritten war, stellte sie fest, dass ihre Monatsblutung ausgeblieben war.
    Außerdem waren ihre Brüste empfindlich gegen Druck geworden und jeden Morgen kämpfte sie gegen Übelkeit. In ihr keimte der Verdacht, schwanger zu sein, da sich ihr MonatsFluss seit ihrem dreizehnten Lebensjahr regelmäßig eingestellt hatte. Nach einer weiteren Woche hatte sie die Gewissheit, dass sie das Kind des Normannen unter dem Herzen trug.
    Es war ein Geschenk Gottes. Sie streichelte ihren Bauch und weinte Tränen der Dankbarkeit, denn nun wuchs ein Geschöpf in ihr heran, ein Teil von ihm, das sie liebhaben konnte. Ein Sohn, der groß und stark und stolz werden würde wie sein Vater – oder eine Tochter, die mit den liebenswerten Zügen beider Eltern ausgestattet sein würde.
    Sie liebte das winzige Geschöpf, das in ihrem Leib heranwuchs, liebte es von ganzem Herzen, beinahe noch mehr als ihn, weil es sein Kind war,

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