Der Eroberer
niedergemetzelt, und als ich fliehen wollte, verfolgte er mich. Aber seine Männer riefen ihm zu, wer ich bin, bevor er … bevor er tun konnte, was er beabsichtigte. Aber eigentlich … «, sie lächelte dünn, »hielt er mich für Alice, und das rettete mich vor seinen Zudringlichkeiten.«
Morcar fluchte gotteslästerlich. »Wenn ich dabei gewesen wäre, hätte ich ihn umgebracht! «
»Es ist vorbei, Morcar«, log sie. »Wie geht es Edwin?«
»Seine Wunde ist fast verheilt. Wir lassen es nicht zu, dass wir enteignet werden, Ceidre«, rief er beschwörend.
»Noch sind wir zu geschwächt, aber sobald wir stark genug sind, vertreiben wir die Normannen.«
»Vor vier Tagen kam ein königlicher Bote nach Aelfgar. Es war mir nicht möglich herauszufinden, welche Botschaft er brachte. Am nächsten Tag ritt der Normanne mit zwanzig seiner Ritter im Morgengrauen fort. Sie kamen zwei Tage später zurück. Ich weiß nicht, wo sie waren.«
»Wilhelm der Bastard hatte Schwierigkeiten mit den Schotten im Norden.« Morcar zuckte mit den Schultern. »Wir wissen, dass er nach Rolfe um Verstärkung schickte, um die Schotten zurückzuschlagen. Der Mann genießt sein volles Vertrauen. Er ist ein harter Krieger.« Morcar furchte die Stirn. »Ein sehr harter Krieger!«
Ceidre berührte seinen Ärmel. »Bist du allein gekommen?«
»Zwei meiner Männer warten hinter dem Hügel auf mich. Ich habe nicht den Wunsch, dem Normannen zu begegnen. Nicht jetzt. Was ist an dem Gerücht, dass Alice ihn heiratet?«
»Es ist kein Gerücht, Morcar. Morgen findet die Hochzeit statt.«
»Und Alice ist damit einverstanden?«
»Ja.«
Sein Gesicht verdüsterte sich noch mehr. Ceidre verteidigte ihre Schwester. »Versuche sie zu verstehen, Morcar.
Sie fürchtet, alt zu werden und keinen Mann zu bekommen. Und er ist stattlich und mächtig.«
»Wenn wir nur etwas tun könnten, um die Hochzeit zu verhindern. Alice müsste sich weigern und an ihrem Hochzeitstag krank werden!«
»Man müsste sie entführen, um zu verhindern, dass sie ihn heiratet«, entgegnete Ceidre.
»Wenn ich nur genügend Männer hätte«, knurrte Morcar. »Aber im Augenblick dürfen wir das Leben keines unserer Getreuen riskieren. Das wäre glatter Selbstmord.«
»Vielleicht versagt seine Manneskraft bei ihrem zänkischen Wesen, und sie werden vor Gott nicht wirklich Mann und Frau.« Ceidre glaubte nicht ernsthaft an diese Möglichkeit. Ein Mann wie er würde bei keiner Frau versagen!
»Ceidre, du bringst mich auf eine ldee«, rief Morcar. »Kannst du ihm einen Trank verabreichen, der ihn krank macht?«
»Willst du, dass ich ihn töte?« entfuhr es ihr entsetzt.
»Aber nein«, beschwichtigte er sie. »Ich bin kein Mörder – ebenso wenig wie du. Ich denke an einen Trank, der ihn krank macht, damit die Hochzeit verschoben werden muss. «
»Morcar – soll ich ihn etwa siechen lassen bis zu dem Tag, an dem du und Edwin so weit seid, um Aelfgar zurückzuerobern?«
»Nein«, sagte er. »Das würde ihn vermutlich umbringen, wie?«
»Mit großer Wahrscheinlichkeit. Und es wäre nicht recht. Ich kann es nicht tun. Ich habe noch nie etwas Böses getan. «
Er streichelte ihr zärtlich die Wange. »Hast du einen Trank, der seine Manneskraft erschlaffen lässt?« fuhr er eifrig fort. »Um zu verhindern, dass er die Ehe vollziehen kann. Und wenn wir uns Aelfgar zurückholen, wird die Vermählung für nichtig erklärt. Auf diese Weise hätte er noch weniger Anspruch auf unseren Besitz. Ein harmloser Trank?«
»Ach, Morcar, ich weiß nicht.« Der Gedanke widerstrebte ihr. Andererseits, was konnte es ihm schon schaden? Der Kerl verfügte über eine Manneskraft wie ein brünstiger Zuchthengst. Eine harmlose Arznei, die sein Verlangen beeinträchtigte … sein Verlangen nach Alice …
Ceidre nickte und Morcar nahm sie lachend in die Arme. »Meine tapfere Ceidre«, sagte er stolz. »Du hast mehr Mut im kleinen Finger als Alice in ihrem ganzen Herzen.«
Ceidre war zwar von Morcars Vorschlag keineswegs überzeugt, andererseits bereitete ihr der Gedanke Genugtuung, den Normannen von ihrer Schwester fernzuhalten. Ceidre schlang die Arme um ihren Bruder und barg ihr Gesicht an seiner Brust.
Rolfe hatte Ceidre beobachtet, die mit ihrem Korb zum Obstgarten ging und dabei verdächtig häufig über die Schulter blickte, als wolle sie sich vergewissern, dass ihr niemand folgte. Sie hatte etwas vor. Aber was? Dann sah er, wie sie im Wald verschwand. Er hatte ein ungutes Gefühl; im übrigen
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