Der Eroberer
schlaft.« Er rollte sich zur anderen Seite, hielt ihr den Rücken zugewandt.
Nichts hätte sie lieber getan, als diese Gelegenheit willkommen zu heißen, um seinen Aufmerksamkeiten zu entgehen. Doch das durfte nicht sein. »Mylord? Kann ich noch ein Wort mit Euch reden?«
Rolfe setzte sich auf. »Was wünscht Ihr, Alice?« fragte er ungeduldig und schroff.
Ihr Zorn wallte auf. »Habt Ihr nicht den Wunsch, die Ehe zu vollziehen?«
Seine Augen verengten sich. »Nein, den Wunsch habe ich nicht. «
Sie blinzelte erschrocken. Diese Antwort hatte sie nicht erwartet, sie wusste nicht, was sie darauf sagen sollte. »Ihr wollt die Ehe nicht vollziehen?« wiederholte sie.
»Nein.«
Alice wich zurück. »Das verstehe ich nicht. Ich bin Eure Gemahlin.«
Rolfes Augen schossen Blitze. Er warf die Bettdecke zurück, sprang aus dem Bett und entfernte sich. Was hatte sie ihm getan?
»Dann will ich es Euch erklären«, entgegnete Rolfe barsch. »Euer heutiges Benehmen hat mich angewidert. Ich habe nicht den Wunsch, Euch zu berühren.« Und mit einem Blick auf seine Männlichkeit … »Nicht den geringsten Wunsch, wie Ihr seht.«
Alice' Gesicht wechselte die Farbe, wurde blass, dann rot. Eine lange Pause trat ein, die sie schließlich brach. »Ihr wünscht nicht, mit mir verheiratet zu sein?«
»Ihr seid meine Gemahlin«, antwortete Rolfe schroff. »Wir sind verheiratet.«
»Nicht wirklich. Nicht vor Gott.«
Er sah sie kalt an. »Wenn ich in Stimmung bin, werde ich das nachholen. Aber nicht jetzt. Nicht heute Nacht.«
Alice legte die Hand an ihren bebenden Busen. Sie konnte es nicht glauben. Eines Tages, wenn er "in Stimmung" war, würde er die Ehe vollziehen. Was sollte sie nur tun? Sollte sie ihre Demütigung in die Welt hinausschreien?
Nein, sie würde keinem Menschen in die Augen sehen können, wenn alle wüssten, dass er seine eheliche Pflicht nicht erfüllt hatte – und alle wussten, dass er ihrer Schwester nachstellte. Tränen traten ihr in die Augen. »Wollt Ihr keine Söhne? Ich kann Euch viele Erben schenken. Ich bin jung und gesund.«
Rolfe lächelte freudlos. »Ich habe Söhne – ein halbes Dutzend von der Normandie bis Anjou. In Sussex habe ich zwei weitere. Glaubt mir, Madame, Erben habe ich genug.«
»Soll das eine Ehe sein, die nur dem Namen nach besteht?« fragte Alice bitter. Und dann kam ihr eine Idee. Die Vorstellung, dass er sie berührte, war ihr von Anfang an zuwider gewesen, doch da die Ehe vollzogen werden musste, hätte sie den verhassten Akt über sich ergehen lassen. Wenn aber niemand die Wahrheit erfuhr, wäre sie seine Gemahlin, ohne seine lästigen Berührungen ertragen zu müssen …
»Wenn die Erinnerung an Euer abscheuliches Vergnügen an den Qualen Eurer Schwester verblichen ist, werde ich meine Rechte als Ehegatte einfordern«, sagte Rolfe. »Doch das wird mit Sicherheit nicht heute Nacht sein. Eure Jungfernschaft bleibt Euch noch erhalten. Gute Nacht, Lady Alice«, endete er mit Bestimmtheit und ging wieder zu Bett.
Oh, wie sie ihn hasste.
Und welches Glück ihr beschieden war.
Natürlich musste sie dafür sorgen, dass ganz Aelfgar der Meinung war, die Ehe sei tatsächlich vollzogen worden.
Und das war keine schwere Aufgabe.
Kapitel 27
Trotz seiner Erschöpfung konnte Rolfe keinen Schlaf finden.
Für den Morgen war geplant, Morcar dem König vorzuführen. Sofort nach der Gefangennahme war ein reitender Bote losgeschickt worden, um dem König die gute Nachricht zu überbringen. Rolfe warf sich rastlos im Bett herum bei dem Gedanken, mit welchem Zorn der König Morcars Flucht aufnehmen würde. Er würde alle Einzelheiten wissen wollen. Und er, Rolfe, der verantwortliche Befehlshaber, hatte selbstverständlich eine Strafe zu erwarten.
Dieser Strafe blickte Rolfe gelassen entgegen, ihm ging es in erster Linie darum, Ceidre zu schützen. Er hatte nicht vor, König Wilhelm ihre Identität preiszugeben. Sie hatte ihre Strafe bereits verbüßt. Er würde dem König melden, eine Leibeigene habe den Verrat begangen und sei entsprechend bestraft worden. Doch das war nur die halbe Wahrheit – eine Wahrheit, die zugleich eine Lüge war.
Ceidre war nicht nur eine Leibeigene, sie war Morcars Halbschwester. Diese Einzelheit wäre dem König sehr wichtig. Wenn Wilhelm je herausfand, dass Rolfe ihm diesen Punkt vorenthalten hatte, würde er vor Zorn in Raserei geraten. Dem König das zu verschweigen war glatter Betrug.
Rolfe betrog seinen König – um sie zu schützen.
Er war
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