Der Eroberer
wurde.
Rolfe erwartete die Braut und ihr Gefolge draußen vor dem Burgturm. Er sah ihr kühl entgegen. Ein Stich durchbohrte Ceidres Herz. Dem Schmerz folgte Zorn. Sie starrte ihn hasserfüllt an, wünschte ihm den Tod. Er wirkte völlig gleichgültig und wies mit einer Armbewegung auf den Apfelschimmel, auf dem auch Alice zur Hochzeit geritten war. Ceidres Übelkeit verschlimmerte sich.
Guy wartete bereits vor der Kapelle. Der Herr von Aelfgar übernahm die Rolle des Brautführers. Er hielt den Apfelschimmel am Zügel, als Ceidre im Schritt über die Zugbrücke ritt. Die Kapelle befand sich im äußeren Burghof, und alle Bewohner Aelfgars waren gekommen, um an den Festlichkeiten teilzunehmen.
Ceidre blickte zwischen den aufmerksam hochgestellten Ohren ihrer edlen Schimmelstute starr geradeaus. Dann fand ihr Blick die breiten Schultern des Mannes, der das Pferd am Zügel führte. Er war festlich gewandet, trug eine königsblaue Tunika und einen roten Umhang. Ein Bild schoss ihr durch den Kopf, wie er bei seiner Hochzeit ausgesehen hatte, stolz auf seinem mächtigen Schlachtross, wie eine heidnische Gottheit, schön und verwegen.
Bruchstücke der Erinnerung schwirrten ihr durch den Kopf. Rolfe, der sein Geschlecht umfangen hielt; Rolfe, der sie nach dem Auspeitschen vom Ort ihrer Schmach forttrug; Rolfe, der sie trunken vom Wein anlächelte und um einen Kuss bat; Rolfe, hoch zu Ross, wie er befahl, Kesop niederzubrennen. Als spüre er ihren Blick, drehte er den Kopf und sah zu ihr auf. Ceidre hoffte, er möge den Hass in ihrem Blick lesen. Er wandte sich ab.
Guy stand unruhig vor der Kapelle neben Pater Bonifaz, der seine Trunkenheit gut zu verbergen wusste. Auch Guy war festlich gekleidet, trug einen grünen Samtumhang über einer um einen Ton dunkleren, halblangen Tunika und roten Hosen. Er warf ihr einen kurzen, verlegenen Blick zu.
Rolfe half ihr mit undurchdringlicher Miene vom Pferd, führte sie Guy zu und trat zurück. Der Priester räusperte sich und erhob die Stimme. An Guy gewandt, sprach er die Gelöbnisworte. »Bist du gewillt, diese Frau zu deiner Gemahlin zu nehmen?«
»Ja, Vater. «
»Bist du gewillt, sie nach bestem Wissen und Gewissen zu lieben und zu achten, bis dass der Tod Euch scheidet.«
»Ja, Vater«, sagte Guy.
»Dann nimm sie bei der Hand und sprich mir nach: Ich, Guy von Chante, nehme dich, Ceidre, vor Gott und der Heiligen Kirche zu meinem Eheweib und gelobe dir Treue und Beistand in guten wie in schlechten Tagen, in Krankheit und Not, bis dass der Tod uns scheidet.«
Guy wiederholte die Worte des Priesters, und dann war es geschehen.
Ceidre war mit Guy von Chante verheiratet.
Ceidre wanderte ruhelos auf und ab. Das Brautgemach war mit Blumengirlanden auf dem Bett geschmückt, Wein und Essen standen bereit. Kerzen verbreiteten einen goldenen Schein. Die Braut sollte sich darauf vorbereiten, ihren Angetrauten zu empfangen. Doch sie weigerte sich, trug immer noch ihr gelbes Festgewand. Wenigstens die Blumen könnte sie loswerden. Und sie fing an, sie hastig vom Bett zu fegen.
Das Hochzeitsmahl hatte sich stundenlang hingezogen. Die Hochzeitsgäste hatten fröhlich lärmend getafelt, getrunken und getanzt. Das Brautpaar war auf einer Estrade unter dem Walnussbaum platziert gewesen. Guy hatte munter gegessen und getrunken und es nicht eilig gehabt, die Feier zu verlassen. Ceidre hatte keinen Bissen gegessen und keinen Schluck getrunken. Zunächst hatte der Bräutigam ihr, wie es Brauch war, die leckersten Bratenstücke vorgelegt. Sie hatte alles abgelehnt. Irgendwann hatte er aufgehört, ihr weitere Bissen anzubieten, hatte auch nicht versucht, ihr ein Gespräch aufzudrängen, was ihr sehr gelegen kam. Stumm und reglos, wie versteinert, hatte sie dagesessen und nichts und niemanden während der Festlichkeit wahrgenommen.
Abgesehen von Rolfe. Seiner Gegenwart war sie sich nur zu deutlich bewusst gewesen, denn er hatte zu ihrer Rechten gesessen. Auch ihm hatte der Sinn nicht nach Unterhaltung gestanden. Nur gelegentlich hatte er versucht, mit Guy zu scherzen. Hin und wieder hatte sein Blick sie gestreift, doch Ceidre hatte ihn wie Luft behandelt. Kein einziges Mal hatte sie sich ihm zugewandt. Eine seltsame Benommenheit hatte von ihr Besitz ergriffen; die Hochzeitsfeier war ihr beinahe vorgekommen wie ein Traum. Und dieser Zustand war ihr unendlich viel lieber als der Schmerz, der beim Erwachen von ihr Besitz ergriffen hatte, ein Schmerz, der seit Tagen an ihr fraß.
Es klopfte an
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