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Der Eroberer

Der Eroberer

Titel: Der Eroberer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brenda Joyce
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Inneres. Sie kämpfte dagegen an, versuchte ihre Bitterkeit zu leugnen, die sich nicht vertreiben ließ. Sie fühlte sich wie ein weidwundes Tier. Er begehrt mich nicht. Er hatte sie zurückgewiesen. Er hatte ihre Schwester geheiratet. Alice war es, die Nacht für Nacht sein Bett wärmte. Sie hingegen war für ihn nichts weiter als eine Zerstreuung, ein flüchtiges Abenteuer gewesen. Er hatte ihre Annäherungsversuche zurückgewiesen, und als krönenden Abschluss seines bösen Spiels verheiratete er sie mit seinem Vasallen.
    Ceidre weinte. Ich will nichts von ihm wissen, redete sie sich ein. Sie hasste ihn, hatte ihn immer gehasst. Dennoch – seine Zurückweisung stieß ihr auf wie Galle. Sie, die so viele Zurückweisungen hatte hinnehmen müssen, wurde ein weiteres Mal zurückgewiesen. Wieso war sie nicht längst daran gewöhnt? Wieso hatte sie sich keinen Panzer der Gleichgültigkeit zugelegt? Wieso traf sie seine Ablehnung ebenso tief und schmerzhaft wie damals, als ihr Vater sie belogen und behauptet hatte, der Bräutigam, den er für sie erwählt hatte, sei nicht der Richtige für sie, obwohl sie längst wusste, dass der vermeintliche Bewerber ihr eine Abfuhr erteilt hatte?
    Sie redete sich trotzig ein, sie weine nur, weil sie Edwin und Morcar im Stich lassen musste. Nicht, weil der einzige Mann, der nicht vor ihrem ›bösen Blick‹ zurückgeschreckt war, der ihr das Gefühl gegeben hatte, eine begehrenswerte Frau zu sein, nur sein Spiel mit ihr getrieben hatte. Und nun, da er ihrer überdrüssig war, verschacherte er sie an einen anderen, während er mit ihrer Schwester das Lager teilte.
    Es war noch nicht zu spät. Sie könnte fortlaufen. Aber wohin? Zu Edwin und ihm ihre Schmach gestehen? Sollte sie sich in den Wäldern verstecken wie ein wildes Tier? Der Normanne würde sie suchen lassen und schließlich finden. Und nichts würde sich ändern – er würde sie zwingen, mit dem Fremden vor den Traualtar zu treten.
    Ceidre starrte ins Gebälk der großen Halle. Alle anderen waren längst aufgestanden und hatten ihr Tagwerk begonnen; sie scherte sich nicht darum. Schwermut und Niedergeschlagenheit hielten sie auf ihrer Pritsche fest. Ihr blieb nichts anderes übrig, als Guy zu heiraten und weiterhin zu versuchen, ihn und den Normannen auszuhorchen.
    Auf diese Weise konnte sie wenigstens für Aelfgar kämpfen.
    Auch dieser Gedanke war ihr kein Trost.
    Ceidres schönstes Gewand war aus feinem safrangelbem Tuch, das sie sehr gern hatte. Heute hasste sie es. Alice sah zu, wie Mary und Beth im Söllergemach der Braut beim Ankleiden halfen. Plötzlich rief Alice: »Halt! Zieh es noch mal aus! «
    Ceidre achtete nicht auf sie. Alice rannte über den Flur ins eheliche Schlafgemach.
    Bald sollte die Trauung in der Kapelle stattfinden, eine kleine bescheidene Feier, nicht zu vergleichen mit dem prachtvollen Aufwand, mit dem Rolfe und Alice ihre Vermählung gefeiert hatten.
    Rolfe hatte Guy seine frühere Kammer als Ehegemach im alten Herrenhaus überlassen. Ceidre fühlte sich krank und elend.
    Alice kehrte zurück und hielt etwas in der Hand. »Zieh dieses abscheuliche Hemd aus«, befahl sie Ceidre. »Es ist zu ärmlich für eine Braut.«
    Ceidre war auch das völlig gleichgültig. Ihr Hemd war aus grober Wolle, abgetragen und an einigen Stellen geflickt. Mary half ihr, es auszuziehen, und Alice reichte ihr ein Untergewand von sich. »Du willst doch schön sein für deinen Bräutigam, Ceidre«, gurrte sie.
    Das Gewand war jungfräulich weiß und aus feinstem Gewebe, so fein, dass es beinahe durchsichtig war. Ceidre verabscheute es. Mary zog es ihr über den Kopf. Alice war kleiner und zierlicher als Ceidre, und das Hemd lag eng an wie ein Handschuh. »Es passt mir nicht«, bemerkte sie lustlos.
    Mary trennte die Nähte an Brust und Hüften auf, gewann einen Fingerbreit Stoff und nähte sie flink wieder zu. Nun drohte es wenigstens nicht mehr aus den Nähten zu platzen. Das goldgelbe Gewand wurde ihr übergestreift, der dunkelblaue, breite Gürtel umgelegt. Beth bürstete mit Hingabe ihr langes, wallendes Haar und murmelte unentwegt, sie sei die schönste Braut, die sie je gesehen habe. »Und dein wunderschönes Haar! So lang und voll und glänzend! Guy wird verliebte Augen machen, wenn er dich sieht! Wie eine Göttin … «
    »Halt den Mund, Beth!« fuhr Alice sie an.
    Mary flocht gelbe Nelken zu einem Kranz ins Haar der Braut. Ceidre weigerte sich, einen Blick in den Messingspiegel zu werfen, der ihr vorgehalten

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