Der Eroberer
der Tür.
Ceidre ballte die Fäuste. »Herein.«
Guy trat ein und verriegelte die schwere Tür hinter sich. Als er bemerkte, dass sie sich noch nicht zur Nacht umgekleidet hatte, geriet er in Verlegenheit. »Verzeih. Ich bin zu früh. Ich komme später wieder.« Damit wandte er sich zum Gehen.
»Nein!« Ihr Befehlston ließ ihn verharren. »Ich bereite mich nicht für dich und die Hochzeitsnacht vor«, herrschte sie ihn an.
Guy bekam große Augen.
»Ich wollte diese Heirat nicht«, fuhr sie wütend fort. »Und ich will dich nicht!«
Sein Gesichtsausdruck wurde hart, machte ihn älter, erinnerte sie daran, dass er ein normannischer Ritter und Rolfes treuester Gefolgsmann war. »Ich wünsche diese Heirat sehr wohl«, stellte er fest.
»Du willst Dumstanbrough – nicht mich! «
Die Röte stieg ihm ins Gesicht. »Ganz recht. Aber Dumstanbrough ist mit dir verbunden, es ist deine Mitgift. Ich werde nicht darauf verzichten – und nicht auf dich.«
»Du kannst Dumstanbrough haben«, fauchte Ceidre. »Es ist mir einerlei. Aber mich bekommst du nicht.«
Er starrte sie fassungslos an. »Verweigerst du mir mein Recht als Ehemann?«
»Wenn du mich berührst«, zischte Ceidre, »bringe ich dich um! «
Guy blinzelte verdutzt.
»Ich werde einen Fluch über dich sprechen. Ich lasse deine Männlichkeit schrumpfen. Deine Zähne werden dir ausfallen, und du wirst deine Haare verlieren. Denkst du, ich schaffe das nicht?« Sie lachte schrill. »Ich habe Zaubertränke! Ich mache dich über Nacht zu einem alten Mann! Ich warne dich! «
Guy bekreuzigte sich hastig. »Handle nicht unbesonnen«, bemühte er sich, sie zu beschwichtigen. »Ich will dich nicht zwingen und dir nicht weh tun! «
Ceidre entspannte sich. »Hör zu«, fuhr sie gemäßigter fort. »Ich werde deine Gemahlin sein – ich bin deine Gemahlin. Vor dieser Hochzeit wolltest du nichts von mir wissen. Leugne nicht! Du hast mich nie angesehen, wie ein Mann eine Frau ansieht.« Bitterkeit schwang in ihrer Stimme. »Kein Mann sieht mich so an, sobald er mein Auge bemerkt hat. Daran bin ich gewöhnt. Niemand muss wissen, was zwischen uns ist. Nur weil wir getraut wurden, musst du das Bett nicht mit mir teilen. Du begehrst mich nicht, du hast Angst vor mir. Nimm dir andere Frauen, so viele du willst. Mich kümmert's nicht. Können wir uns darauf einigen?«
»Aber was ist mit Kindern? Ich brauche Erben. «
»Nimm dir eine Geliebte«, entgegnete Ceidre gleichmütig. »Nimm dir eine unberührte Jungfrau, die dir die Treue hält. Schwängere sie und erkenne, ihre Brut, als deine gesetzlichen Erben an. So einfach ist das.«
»Um ehrlich zu sein, ich begehre dich wirklich nicht«, entgegnete Guy sichtlich erleichtert. Seine Worte versetzten ihr einen Stich, und der groteske Gedanke an Rolfe drängte sich ihr auf. »Aber nicht, weil ich Angst vor dir habe«, setzte er hinzu.
»Sieh da! Sieh da!« meinte sie spöttisch.
»Aber es ist unnatürlich, die Ehe nicht zu vollziehen.«
»Es muss ja keiner wissen. Im Übrigen hast du keine natürliche Frau geheiratet. Willst du wirklich einer Frau beiwohnen, die den bösen Blick hat?«
Guy schnitt eine Grimasse. »Nein, eigentlich nicht. Nicht, wenn die Welt voller hübscher Mädchen ist. Aber ich habe mich noch nie vor einer Pflicht gedrückt. «
»Und was ist mit deiner Pflicht vor Gott?«
Sein Gesicht hellte sich auf. »Du hast recht. Du bist nicht natürlich, nicht gottesfürchtig. Meine erste Pflicht ist die Pflicht meinem Herrgott gegenüber. Warum habe ich nicht gleich daran gedacht? Einverstanden, die Abmachung gilt. Aber niemand darf die Wahrheit erfahren, Ceidre. Kein Mensch.«
»Glaube mir«, antwortete sie erleichtert. »Von mir erfährt keine Menschenseele ein Wort. «
Sie sahen einander lange an. Dann hob Guy die Schultern und schlenderte zur Truhe hinüber, wo die Erfrischungen angerichtet waren und nahm eine Pastete. »Bist du hungrig?«
Ceidre lächelte. Ihr Magen knurrte. Plötzlich hatte sie Hunger wie ein Wolf. Sie öffnete den Mund, doch ehe sie ein Wort sagen konnte, wurde heftig an die Tür geklopft.
Ceidre erstarrte. Guy fuhr herum, die Hand am Heft seines Schwerts. »Wer da?!«
»Dein Herr! Öffne! « befahl Rolfes Stimme.
Guy eilte zur Tür und riss sie auf. »Was ist? Werden wir angegriffen?«
Rolfe blickte Guy durchdringend an. Seine blauen Augen blitzten. »Ich komme, um, meine Rechte einzufordern.«
Guy wich betroffen zurück. »Selbstverständlich«, beeilte er sich zu versichern.
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