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Der erste Marsianer

Der erste Marsianer

Titel: Der erste Marsianer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A. E. van Vogt
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    „Morlake, verdammt, antworten Sie!“
    Der schimmernde, flammensprühende Raketenkörper war fort, eingetaucht in den Dunst und die Wolkenschleier tieferer Luftschichten. Ein schwach glühender Lichtschein tief unter ihm war alles, was er noch sehen konnte. Morlake riß sich aus seiner Erstarrung und blickte auf den Höhenmesser. Fünfundzwanzig Kilometer. Nur fünfundzwanzigtausend Meter zur Erdoberfläche.
    „Morlake, Sie verdammter Idiot, retten Sie Sadie!“
    Wut und Verzweiflung, Frustration und überschnappende Erregung – alles war in diesem Ruf. Es riß Morlake aus seiner Lähmung. Plötzlich dachte er an Sadie, wie diese verzweifelten Männer auf dem Flugplatz Kane Field von Sadie dachten. Sadie, das unbezahlbare Versuchsmodell, die erste Maschine einer noch nicht gebauten Flotte.
    Er startete den Raketenmotor und die Düsentriebwerke. Er zog sachte die Steuerung an und fühlte, wie die Maschine reagierte; die Nase begann sich zu heben, der Horizont kam wieder in Sicht und sank langsam nach unten weg. Eine ungeheure Kraft drückte Morlake in seinen Sitz, dann lag die Maschine leicht steigend auf Westkurs, und Morlake holte an Beschleunigung heraus, was in den Triebwerken steckte.
    Hinter ihm und unter ihm blitzte ein infernalisches Licht auf, das die Sonne überstrahlte, eine blendende Supernova des Todes.
     
    Es war die Katastrophe eines Kontinents. Sechzig Millionen Menschen in vierzig Großstädten starben in weniger als dreißig Minuten, noch einmal so viele wurden verletzt, von Hitze und radioaktiver Strahlung verbrannt. Das Gleichgewicht des nordamerikanischen Kontinents war erschüttert. Erdstöße suchten Gegenden heim, die noch nie ein Beben gekannt hatten. Die aufgeheizte Atmosphäre reagierte mit orkanartigen Turbulenzen und heftigen Gewitterstürmen.
    Am Abend des ersten Tages wurden vereinzelte Versuche gemacht, einen Anschein von staatlicher Organisation wiederherzustellen. Senator Milton Tormey, der sich in Florida von einer Fleischvergiftung erholte, sammelte in einem Strandhotel zwei betagte, kränkelnde Kongreßmitglieder um sich, und die drei riefen für sechs Monate das Kriegsrecht aus und verfaßten einen Aufruf an die Bevölkerung. Die Nationalgarde wurde mobilisiert, und die ganze Nacht starrten hastig bewaffnete Männer und Frauen zum Himmel und warteten auf die feindlichen Luftlandearmeen, die zweifellos mit dem Morgengrauen kommen würden, um ein verwüstetes Land zu besetzen.
    Der Morgen kam, aber Himmel und Land blieben frei von feindlichen Geschwadern und Truppen. Nach einer Woche hatte der Feind sich noch immer nicht gezeigt, und das Oberkommando der Streitkräfte wußte nicht, wen es für den Überfall verantwortlich machen und mit atomarer Auslöschung bestrafen sollte. Unbemannte Fernaufklärer und Spionagesatelliten hatten längst bewiesen, daß keine Nation auf der Erde Kriegsvorbereitungen getroffen hatte, und obwohl kein Teil der Erdoberfläche vor ihren elektronischen Instrumenten und Späheraugen sicher war, hatten sie nirgendwo Raketenstarts registriert. Nichtsdestoweniger fielen amerikanische Divisionen, Flugzeugschwärme und Flotteneinheiten über die halbe Erde her, um nach verborgenen Rüstungsanstrengungen zu fanden. Überall stießen sie auf friedliches Leben und ahnungslose Bevölkerungen. Schließlich zogen sie sich widerwillig aus den Staaten zurück, die sie so summarisch überrumpelt hatten.
    Mit jedem Tag wurde klarer, daß der Feind der mächtigsten Nation der Erde einen tödlichen Schlag versetzt hatte. Und er hatte es so geschickt gemacht, daß er ungestraft davonkommen würde.
    Als er nach seinem wilden Flug zur Basis zurückkehrte, überflog Morlake zweimal den großen Flugplatz. Das erste Mal war er vorbei, ehe er Kane Field erkannte. Er dachte, daß er die Piste falsch angeflogen haben müsse, denn der Radarstrahl und die optischen Signale, die seine Landung hätten erleichtern sollen, waren nicht da. Erst beim zweiten Anflug sah er die Verwüstung.
    Die Gebäude und Hangars, der Kontrollturm und die Radarschirme, Beleuchtungen und Markierungen – alles war weggefegt. Auf den Abstellflächen lagen die ausgeglühten Flugzeuge in Haufen. Südwärts erstreckte sich die Vernichtung, so weit das Auge reichte: Flugzeuge, Hallen und Werkstätten in jedem Grad der Zerstörung; zerfetzte Metallteile, geschwärzte Mauerreste, Trümmerhaufen, niedergemähte und verkohlte Waldstücke. Ein feuriger Riese war über dieses Land gestampft.
    Morlake

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