Der erste Tropfen Blut: Thriller (German Edition)
strahlendes Lächeln seine Züge erhellte. »Und letzte Nacht sind Sie noch einmal hingefahren …?«
»Weil wir uns nicht sicher sein konnten, dass McGillivray keinen Komplizen hatte.«
Der Blick des Chefs ging von Logan zu Jackie, weiter zu dem Anwalt und wieder zurück. »Ich verstehe. Sie haben also Mr. Macintyres Haus nur überwacht …«
»Zu seiner eigenen Sicherheit. Ja, Sir.«
»Und das in Ihrer dienstfreien Zeit.« Er nickte, lächelte und sagte dann: »In diesem Fall möchte ich mich bei Ihnen entschuldigen, Sergeant. Gute Arbeit.«
Moir-Farquharson erhob sich mühsam und mit schmerzverzerrtem Gesicht. »Aber …«
»Ich werde Ihnen und Constable Watson eine Belobigung ausstellen.«
»Aber …«
»Nun, nachdem diese Sache geklärt ist, können wir uns alle wieder unserer Arbeit zuwenden. Wenn Sie mich entschuldigen würden, ich habe mich noch um andere Dinge zu kümmern.« Er griff nach seinem Telefon und begann zu wählen. Die Besprechung war beendet.
Draußen auf dem Flur starrte der Anwalt Logan wütend an, während die Tür des Büros hinter ihnen zufiel. »Aber …« Er räusperte sich und setzte noch einmal an. »Unter den gegebenen Umständen halte ich es nicht für angemessen, dass Sie das Haus meines Mandanten weiter überwachen.«
»Wissen Sie noch, was Sie zu mir gesagt haben, als ich Ihnen Russell McGillivrays Foto zeigte?«
Der Anwalt runzelte die Stirn. »Ich … ich nannte ihn einen undankbaren Mistkerl.«
»Sie finden ja sicher allein zum Ausgang.«
38
Als er hinterher mit Jackie in DI Inschs Büro saß und zusah, wie der Inspector fluchend mit einer Jumbotüte Weingummidinosaurier kämpfte, musste Logan gestehen, dass er sich mehr Feierstimmung erwartet hätte. Stattdessen nahm Insch eine braune Aktenmappe aus seinem Eingangskorb und warf sie ihm über den Schreibtisch zu.
Der Inhalt war per E-Mail von der Tayside Police übermittelt worden: die nächste Vergewaltigung. »Scheiße …« Jessica Stirling, überfallen ganz in der Nähe des Kingsway – einer langen vierspurigen Straße, die sich quer durch Dundee zog. Sie war erst neunzehn. Logan brachte es nicht über sich, die Fotos des Opfers anzuschauen.
»Sie war gestern Abend auf der Geburtstagsfeier einer Freundin.« Insch fischte einen dunkelroten Brachiosaurus aus der Tüte und starrte ihn an. »Studiert Musiktheater an der RADA in London. Wollte ganz groß rauskommen …« Er steckte den Dinosaurier ungegessen zurück in die Tüte. »Sehen Sie sich mal die Zeitangabe an.«
Logan überflog den Bericht – der Überfall hatte sich zwischen zwanzig vor und zwanzig nach drei ereignet. Genau zu der Zeit, als Macintyre sie bei der Observierung seines Hauses gefilmt hatte.
Insch wandte ihnen den Rücken zu und blickte hinaus in den winterlichen Nachmittag. »Er war es nicht. Da verschwende ich weiß Gott wie viel Zeit damit, diesen Mistkerl zu jagen, und dabei war er’s gar nicht.« Er lachte kurz und trocken auf. »Wenn ich nicht so felsenfest davon überzeugt gewesen wäre, dass er’s war, hätten wir vielleicht mal nach jemand anderem suchen können. Und dann wären diese Mädchen nicht …« Er brach ab und fuhr sich mit der Hand über das feiste Gesicht. Seine Schultern hingen schlaff herab, und es schien, als wäre er in zehn Sekunden ebenso viele Jahre gealtert. Seine Stimme war schwach und tonlos. »Warum gehen Sie beide nicht nach Hause? Vergessen Sie das mit heute Abend. Er ist nicht unser Mann.«
»Aber, Sir …« Jackie sah gar nicht glücklich aus. »Dieses Schwein hat mich angegriffen! Er muss es …«
» ER IST ES NICHT !« Insch fuhr herum, sein Gesicht glühte dunkelrot. »Verstanden? Das war alles für den Arsch! Alles!« Er packte einen Stoß Akten, die auf dem Schreibtisch lagen, und feuerte sie an die Wand. »Er war es von Anfang an nicht!«
»Aber …«
»Es ist vorbei, Constable. Aus und vorbei .« Sprach’s und drehte sich wieder zum Fenster um. »Ich habe es vermasselt. Gehen Sie nach Hause.«
Zum Glück erwiderte Jackie darauf nichts mehr. Sie schnappte sich nur ihre Jacke, stürmte hinaus und knallte die Tür hinter sich zu.
Logan holte sie ein, als sie die Treppe zu den Umkleideräumen hinunterstampfte. »Hör mal« – er versuchte ihren Arm zu fassen –, »ich weiß, es sieht nicht gut aus, aber …«
»Wage es bloß nicht, mich zu belehren!«
»Was soll ich denn sagen? Er kann die Vergewaltigung in Dundee nicht begangen haben! Wir haben ihn doch beobachtet – du warst selbst
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