Der erste Tropfen Blut: Thriller (German Edition)
an diesem sonnigen Fleckchen in Cults herumzustehen, vor dem Wind geschützt durch die Ladenzeile aus Granit, wäre da nicht der ohrenbetäubende Lärm aus der Alarmanlage an der Wand des Spirituosengeschäfts gewesen. » MIR IST IMMER NOCH NICHT KLAR, WAS WIR HIER EIGENTLICH MACHEN !«
»WAS?« Steel legte die Hand ans Ohr, und Logan wiederholte seine Frage. »OH«, schrie sie, » ICH HAB ’Nen TERMIN MIT DEM JUGENDAMT WEGEN DIESEM BLÖDEN SEAN-MORRISON-FALL, UND ICH HAB KEINEN BOCK …« – die Alarmanlage verstummte – »… MIR DIESEN GANZEN SCHEISS ANZUHÖREN VON WEGEN … Oh. Tja.« Die kleine Schar von Schaulustigen starrte sie an, als wäre sie ein etwas zu groß geratenes Tanzäffchen. »Ahem – ja, nun, wie ich schon sagte, Sergeant, weitermachen!«
Der Mann mit dem Schlüssel kam aus dem Laden geschossen, die Hände über dem Kopf und um Hilfe schreiend, während eine leere Whiskyflasche an seinem Ohr vorbeisegelte und auf dem Gehsteig zerplatzte. »Er hat versucht, mich umzubringen!« PC Rickards folgte ihm auf dem Fuß, umschwirrt von einer Salve Ginflaschen. Die beiden Männer hechteten hinter einen Streifenwagen, der am Bordstein parkte, und gingen in Deckung.
»Na, Lederstrumpf?«, meinte Steel und kam mit den Händen in den Hosentaschen auf ihn zugeschlendert, »haben Sie ihm gut zugeredet, wie ich’s Ihnen gesagt habe?«
Eine volle Brandyflasche kam durch die Tür geflogen, schlug ein paar Saltos in der Luft und explodierte in einer Fontäne von Glassplittern und bernsteinfarbener Flüssigkeit. Der Schlüsselmensch schien einer Ohnmacht nahe. »Das Zeug kostet neunzig Pfund die Flasche!«
Rickards setzte ein schiefes Lächeln auf und hob die Schultern. »Tut mir leid, Ma’am.«
Steel schüttelte den Kopf. »Lass nie einen SM-Freak den Job einer Lesbe übernehmen.« Sie winkte Logan mit gekrümmtem Zeigefinger zu sich. »Kommen Sie, Lazarus, Sie gehen vor. Sonst kommt er noch auf dumme Gedanken.«
Logan schob sich an der Wand entlang und spähte durch das Schaufenster in den Laden. Es sah aus, als hätte eine Bombe eingeschlagen: die Holzdielen des Fußbodens waren übersät mit Flaschen – manche voll, manche leer, manche kaputt. Von dem Einbrecher war nichts zu sehen. Er … Eine Flasche krachte direkt neben seinem Kopf gegen die Scheibe und verwandelte das Sicherheitsglas in ein riesiges Spinnennetz, während an der Innenseite der Eierlikör herabrann. Logan sah Steel fragend an. Sie reagierte mit einem Achselzucken.
»Lassen Sie sich nicht hetzen.«
Logan schob den Kopf vorsichtig durch die offene Tür und rief: »Wir wollen nur mit Ihnen reden!« Dafür erntete er vier Dosen Tennants Lager und eine Flasche Merlot. Die Weinflasche zerbrach, aber die Dosen bekamen nur Dellen ab und kullerten auf den Boden. Zischend entwich das Bier und spritzte schäumend quer durch den ganzen Laden. Er holte noch einmal tief Luft und sprang hinein. Der Laden hatte die Form eines langen Rechtecks mit dem Schaufenster als Schmalseite. Regale säumten die Wände, rechter Hand die Theke und Kühlschränke mit Glastüren, links Vitrinen mit Wein – und ein lahmes Bein, das gerade hinter einen Stapel Kartons mit australischem Schaumwein gezogen wurde. Logan rannte auf die Theke zu und hechtete darüber, während eine Drambuie-Handgranate direkt neben ihm ins Regal krachte. Er warf sich auf den Boden und kroch auf allen vieren weiter. Über ihm zerplatzte eine Flasche nach der anderen, und ein Regen von Gin, Whisky und Wodka ging auf ihn nieder.
Von draußen rief DI Steel: »Haben Sie ihn schon?«
Leise fluchend schob sich Logan vor bis an die Kante der Theke und spähte vorsichtig um die Ecke. Der Einbrecher hockte am Boden mit dem Rücken an ein paar Kisten mit italienischem Wein gelehnt und trank große Schlucke aus einer Flasche Talisker. Sein linkes Bein war in einem sehr seltsamen Winkel umgeknickt. Der Mann setzte die Flasche ab und rülpste, und in diesem Moment erkannte Logan ihn. »Tony?« Der Mann richtete ein trübes, blutunterlaufenes Auge auf Logan, während er das andere zukniff – wahrscheinlich, um ihn besser sehen zu können. »Mein Gott, Tony, was hast du denn mit dir angestellt?«
»B-b-b …« Er schwenkte die Flasche in Logans Richtung. »B-b-bin hingefallen, Mann, was’n … was’n sonst?« Er zeigte auf sein unnatürlich verdrehtes Bein, und plötzlich begriff Logan, was das komische spitze Ding war, das da aus der Seite von Tonys Unterschenkel ragte.
»Wir müssen dir
Weitere Kostenlose Bücher