Der erste Tropfen Blut: Thriller (German Edition)
Spielfelds, während Rennie das Auto mehr schlecht als recht draußen am Straßenrand parkte. Zwei Streifen waren als Erste vor Ort gewesen; das Blaulicht blinkte träge in der aufziehenden Dämmerung, während die Besatzungen das Gelände mit blau-weißem Polizeiband absperrten. Bei dem enormen Medieninteresse war es nur eine Frage der Zeit, wann die ersten Journalisten hier aufkreuzen würden, um zu fotografieren und zu filmen, O-Ton-Kommentare zu verlangen oder sich einfach irgendeinen Mist aus den Fingern zu saugen.
Logan schlüpfte rasch unter dem frisch gespannten Absperrband durch und folgte Steel und den zwei parallelen Ackerfurchen im Rasen. Der Rettungswagen kam nach einer kleinen Rutschpartie zum Stehen, die Sanitäter sprangen heraus, schnappten sich ihre Ausrüstung und rannten zu der Stelle, wo eine uniformierte Beamtin die Arme über dem Kopf schwenkte wie eine Ertrinkende und rief: »Hier drüben!«
Logan lief ihnen nach und schickte ein Stoßgebet gen Himmel. »Bitte mach, dass er nicht tot ist – bitte mach, dass er nicht tot ist!«
Der Leiter des Notarztteams warf einen Blick auf das, was da zu Füßen der Polizistin lag, machte auf dem Absatz kehrt und sprintete zum Wagen zurück.
Logan sackte das Herz in die Hose. Er war tot. Macintyre war tot. Und Jackie war letzte Nacht nach Hause gekommen und hatte jeden Fetzen Kleidung, den sie am Leib trug, in die Waschmaschine gesteckt und den Kochwaschgang eingeschaltet …
»Aus dem Weg, verdammt!« Es war der Sanitäter, der vom Wagen zurückkam, in der einen Hand eine HWS-Schiene, in der anderen eine silbern glänzende Rettungsdecke, über der Schulter eine Sauerstoffflasche. Er schlug sich in die Büsche und verschwand aus Logans Blickfeld.
Logan schlich sich heran.
Macintyre lag auf der Seite, Arme und Beine in der Form eines verbogenen Hakenkreuzes von sich gestreckt, die kalte, feuchte Erde unter ihm mit Blut getränkt. Sein Gesicht war fast bis zur Unkenntlichkeit angeschwollen, die Augen geschlossen; aus dem offenen Mund rannen Speichel und dunkelrotes Blut über die Handschuhe der Sanitäter, als sie ihm die HWS-Schiene umlegten und die Sauerstoffmaske über den Mund und die zerschmetterte Nase schoben. »O Gott …« Logans Stimme war kaum mehr als ein Flüstern. »Jackie, was hast du bloß getan?«
Sie hatte ganze Arbeit geleistet: Fast jeder sichtbare Quadratzentimeter Haut war mit dunkelvioletten Blutergüssen bedeckt, die wenigen Stellen dazwischen bleich und wächsern. Rob Macintyre war zu Tode geprügelt worden. Er war nur noch nicht zum Sterben gekommen.
44
Logan stand ganz hinten im Saal und hörte mit einem flauen Gefühl im Magen zu, wie der Polizeipräsident im Blitzlichtgewitter der Kameras die vorbereitete Erklärung verlas und der Welt die offizielle Version der Ereignisse präsentierte. Rob Macintyre war das Opfer eines ganz besonders brutalen Raubüberfalls geworden. Das Podium war voll besetzt – DI Steel, Macintyres Verlobte, seine Mutter, Sandy die Schlange, ein Typ vom FC Aberdeen und die Frau von der Pressestelle. Gemeinsam appellierten sie eindringlich an alle, die Rob Macintyre am Vorabend noch gesehen hatten, sich unverzüglich zu melden. Am liebsten wäre es ihnen natürlich, wenn die Person, die ihn überfallen hatte, sich gleich selbst stellen würde.
Logan hätte beinahe laut gelacht. Jackie und dazu stehen, was sie Macintyre angetan hatte? Keine Chance. Falls nicht noch irgendwelche Zeugen sich meldeten oder Spuren auftauchten, würde der Fall nie aufgeklärt werden – denn Logan würde jedenfalls kein Wort sagen. Er würde den Kopf einziehen und so tun, als wäre es nie passiert. Und sich damit der Beihilfe nach der Tat und der Strafvereitelung schuldig machen. Auch wenn das schlechte Gewissen ihn fast umbrachte. Aber was blieb ihm denn anderes übrig?
Colin Miller schlich sich von hinten an, während die Beamtin von der Pressestelle Duplikate der Gegenstände enthüllte, die Macintyre bei sich getragen hatte und die ihm bei dem Überfall mutmaßlich entwendet worden waren: eine dicke Ledergeldbörse, eine Rolex, drei Goldringe, ein schweres goldenes Armkettchen und das Markenzeichen des Fußballers, sein rubinroter Ohrstecker. Jeder, dem einer dieser Gegenstände zum Kauf angeboten wurde, sollte sich unverzüglich an die Polizei wenden.
»Ist natürlich alles Humbug«, meinte Miller und deutete mit dem Kopf auf die ausgelegten Gegenstände. »Nie und nimmer war das ein Raubüberfall.« Er wartete
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