Der erste Tropfen Blut: Thriller (German Edition)
wie ein rasender pinkfarbener Godzilla.
»Zu Sean Morrisons Eltern: die Hassbriefe, die Drohungen, erinnern Sie sich?«
»Aber Jason Fettes …«
»Sie und ich, wir wissen beide, dass Insch keinen verdammten Schritt weiterkommen wird, solange sie nicht Jimmy Duff schnappen. Was bringt es also, wenn wir hier rumhängen und zuschauen, wie er die Vernehmungen von diesen SM-Typen vermasselt?« Sie gab Logan einen Klaps auf den Rücken. »Kommen Sie, überlegen Sie doch mal, wie viel mehr Spaß Ihnen die Arbeit machen wird, wenn Sie nicht mehr dauernd seine fette, hässliche Visage sehen müssen.«
Aber Logan konnte nur an eines denken: Was Insch mit ihm anstellen würde, wenn er zurück war.
47
Vor dem Haus der Morrisons stand ein Lieferwagen der Glaserei Bon Accord, und zwei Handwerker kämpften mit einer großen Sperrholzplatte, die der böige Wind ihnen immer wieder aus den Händen zu reißen drohte. Die ersten Regentropfen malten dunkle Tupfen auf das helle Holz, als es den beiden endlich gelang, die Platte vor die zerbrochene Fensterscheibe zu hieven und am Rahmen zu befestigen. Die Szenerie war stürmisch heute: dunkle Wolken, dunkle See und düstere Gebäude; aber Logan verschwendete keinen Blick auf die Aussicht, als er auf DI Steels Fersen ins Haus eilte.
Mr. Morrison war die Belastung deutlich anzusehen: Die Ringe unter seinen Augen waren dunkelviolett, seine Wangen eingefallen und mit Bartstoppeln bedeckt, die Haare standen ihm wild vom Kopf ab. Er ließ die beiden wortlos ein, schlurfte voran ins Wohnzimmer, ließ sich in einen Sessel fallen und starrte die große Sperrholzplatte an, die so gut wie kein Tageslicht durchließ. Ein Radio auf dem Sideboard brabbelte in dem abgedunkelten Zimmer vor sich hin: die Lokalnachrichten mit einem Beitrag über die Blumen und Genesungswünsche, mit denen Rob Macintyre überschüttet wurde, dann eine Meldung über eine Band aus der Region, die gerade einen Vertrag mit einer großen Plattenfirma gelandet hatte.
Auf dem Boden, inmitten eines kreisrunden Sees von Glassplittern, lag ein großer Granitklumpen. Zwei oder drei Mann mussten mit angepackt haben, um dieses schwere Ding durch das Doppelglasfenster zu schleudern – es war riesig.
»Ein Wohnzimmersteingarten – sehr stilvoll.« Steel kratzte sich ausgiebig an der Schulter und kramte dann eine Packung Nikotinkaugummis aus der Tasche, die sie reihum anbot, als wären es Zigaretten. »Sind noch mehr Hassbriefe gekommen, oder ist dieser Kaventsmann von Stein alles?«
Mr. Morrison sah sie nicht einmal an. »Es hätte jemand verletzt werden können. Gwen geht es nicht gut …«
» Aye , da haben Sie recht. Tut mir leid.« Zu Logans Verwunderung schien sie es sogar ernst zu meinen. »Kriegen Sie immer noch diese Anrufe?«
Er schüttelte den Kopf. »Wir haben unsere Telefonnummer ändern lassen, nachdem Sean … gefunden wurde.«
»Na, das ist doch immerhin etwas.« Sie stakste vorsichtig über den Teppich, und die glitzernden Glassplitter knirschten unter ihren Sohlen, als sie vor die eine verbliebene Fensterscheibe trat, um einen Blick hinauszuwerfen. »Wo sind denn die ganzen Journalisten geblieben?«
Morrison zuckte mit den Achseln. »Wir wollen nur unseren Sohn zurückhaben.«
»Mhm. Haben Sie eine Ahnung, wer Ihnen einen Klumpen Granit durchs Fenster geschmissen haben könnte?«
»Sie werden ihn doch nach Hause lassen, damit er seine Mutter besuchen kann, nicht wahr? Es geht ihr nicht gut …«
Steel schloss die Augen und massierte sich mit nikotingelben Fingern die Nasenwurzel, als ob sie Kopfschmerzen hätte. »Sergeant McRae, wie wär’s, wenn Sie in die Küche gehen und uns allen eine Tasse Tee machen, hm?«, sagte sie schließlich. »Und sehen Sie mal nach, ob Sie irgendwo Kekse auftreiben können.«
In der Küche der Morrisons sah es aus wie in einem Schweinestall: Berge von dreckigem Geschirr in der Spüle; ein überquellender Wäschekorb in der Ecke; auf dem Herd eine schwarze, ölige Kruste aus verbrannten Essensresten, die wie Schorf aussah; prall gefüllte schwarze Müllsäcke neben dem Abfalleimer – als ob Seans Vater sich nicht einmal mehr vor die Tür traute, um den Müll in die Tonne zu werfen. Neugierig geworden, sah Logan sich unter dem Vorwand, die Teebeutel zu suchen, gründlich in der Küche um. Er fand alle Schränke leer – nirgends auch nur eine Suppendose. Ob es ihm passte oder nicht, früher oder später würde Mr. Morrison aus dem Haus gehen müssen, sonst würden sie
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