Der erste Tropfen Blut: Thriller (German Edition)
Tür flog auf, und da stand DI Insch – und er sah sehr, sehr wütend aus. Das Gesicht aufgedunsen und knallrot, zeigte er mit einem fetten Wurstfinger auf DI Steel. »Was zum Donnerwetter haben Sie sich eigentlich dabei gedacht?«
Sie seufzte, sog noch ein letztes Mal an ihrer Zigarette und warf die Kippe aus dem Fenster. »Ich mach hier nur meinen Job, okay? Und ich tue das genauso wenig zu meinem Vergnügen wie …«
»Sie hatten kein Recht, ihn zu vernehmen …«
»Watt hat gestanden. Seine Aussage und die von Laura Shand stimmen …«
» ER LÜGT !« Kleine weiße Speicheltröpfchen blitzten im Abendlicht auf.
»O Mann, werden Sie endlich erwachsen!« Steel ließ sich auf ihren abgewetzten Bürostuhl plumpsen. »Und machen Sie die verdammte Tür zu, oder wollen Sie, dass das ganze Revier mitkriegt, dass Sie sich hier wie ein Arschloch aufführen?«
Es kostete ihn sichtlich Mühe, doch DI Insch, immer noch hochrot im Gesicht und zitternd vor Rage, trat in das kleine Büro und schloss die Tür hinter sich. Und schnitt Logan damit den Fluchtweg ab.
»Ist Ihnen je der Gedanke gekommen«, stieß Insch zähneknirschend hervor, »dass Ihr Exhibitionist die Tat nur gestanden haben könnte, um Aufmerksamkeit zu erlangen? Das haben Exhibitionisten so an sich, schon vergessen?«
»Und wie kommt es dann, dass alles zusammenpasst? Hm?« Steel beugte sich vor und wedelte mit Laura Shands Akte. »Nicht nur ein oder zwei Punkte, nein, alles ! Er hatte ihre blutige Unterhose in seiner Küchenschublade, Mann!«
»Ach, tatsächlich? Na, das ist ja ausgesprochen praktisch , nicht wahr? Sie können sich eine Verhaftung gutschreiben, und meine ganzen Ermittlungen sind für die Katz. Wenn Sie in Zweifel ziehen, dass Macintyre Laura Shand vergewaltigt hat, und …«
»Verdammt, wir haben das schließlich nicht mit Absicht gemacht! Ich hab doch nur ein bisschen im Nebel gestochert – die alte Nummer von wegen ›Wir wissen, dass Sie unartig gewesen sind‹ –, und er ist drauf reingefallen. Hätte alles Mögliche sein können – Blitzen, gestohlene Radios …«
»Der Modus Operandi im Fall Shand war identisch …«
Steel warf die Hände in die Luft. »Er hat in der Zeitung darüber gelesen: Mann plus Messer plus Frau ergibt Sex.« Und dann, jedes einzelne Wort betonend: »Er – hatte – ihren – Slip – in – seiner – Küche! Er hat sie vergewaltigt!«
»Er …« Insch starrte finster vor sich hin. »Er muss die Tat beobachtet haben. Er hat gesehen, wie Macintyre sie vergewaltigte, und dann hat er den Slip eingesteckt. Als Andenken …«
»Geben Sie’s auf.« Steel seufzte und rieb sich erschöpft mit der Hand über das runzlige Gesicht, wobei sie es ganz zerknautschte. »Himmelherrgott noch mal: Macintyre hat vielleicht die anderen vergewaltigt, aber Laura geht nicht auf sein Konto.«
»Aber …«
» NEIN ! Kriegen Sie das endlich in Ihren fetten Schädel: Er hat diese Frau nicht vergewaltigt!«
Inschs massige Gestalt verdunkelte Steels Schreibtisch; seine Stimme war leise und bedrohlich: »Was glauben Sie eigentlich, wen Sie vor sich haben?«
»Sie!« Steel schob ihren Stuhl zurück, stand auf und beugte sich vor, bis ihre Nase fast mit der von Insch zusammenstieß. »Sie führen sich hier schon seit Monaten auf wie ein krankes Ferkel! Welche Laus Ihnen auch immer über Ihre fette Leber gelaufen ist, ich kann verdammt noch mal nichts dafür ! Also hören Sie endlich auf, Ihren Frust an uns auszulassen! Watt hat Laura Shand vergewaltigt, BASTA !«
Einen Moment lang war Inschs Gesicht ungelogen dunkellila – dann machte er auf dem Absatz kehrt, stürmte aus dem Zimmer und knallte die Tür so heftig hinter sich zu, dass Logans Plomben vibrierten.
Im Präsidium herrschte eine unheimliche Stille, nachdem Insch aus Steels Büro gestürmt war. Kaum ein Flüstern war zu vernehmen, als Logan den Weg zurück zu seiner kleinen Box im CID-Büro einschlug. Er brauchte fast zwanzig Minuten, um seine Mails zu lesen und einen Satz Fotos zusammenzustellen, unter denen Laura Shand das ihres Vergewaltigers identifizieren sollte – Iain Watts Gesicht, versteckt zwischen elf anderen aus der Datenbank des zentralen schottischen Strafregisters. Es war mehr oder weniger eine Formalität: Watts Geständnis und das Beweismaterial reichten aus, um ihn mit dem nächsten Bus zurück ins Peterhead Prison zu schicken, ob sie ihn nun wiedererkannte oder nicht.
Und dann konnte er es wirklich nicht mehr länger vor sich herschieben
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