Der erste Tropfen Blut: Thriller (German Edition)
dir mal so erklären«, wandte Steel sich an Natalie. »Sie werden dich wahrscheinlich für ein Weilchen in eine Einrichtung für minderjährige Straftäter stecken. Eingesperrt mit all den anderen bösen Buben und Mädchen. Ohne eine Mama und einen Papa, die für dich sorgen und dir schöne Sachen kaufen.«
»Sie … sie können sie doch nicht ins Gefängnis stecken! Sie ist erst acht!«
Logan zuckte mit den Achseln. »Damit ist sie nach schottischem Recht strafmündig, Mr. Lenox. Für so eine brutale Attacke, bei der ein Mann ums Leben gekommen ist, wird sie wahrscheinlich vier, vielleicht auch fünf Jahre kriegen. Sie wird ein Teenager sein, wenn sie rauskommt. Sie werden überrascht sein, wie sehr sich so ein Kind verändern kann.«
»O Gott.« Mr. Lenox hielt sich eine zitternde Hand vor den Mund. »Das wird ihre Mutter umbringen!«
»Es sei denn, Natalie hilft uns, Sean Morrison zu fassen. Dann könnten wir vielleicht mit der Staatsanwältin reden und sie davon überzeugen, dass sie wirklich versuchen will, sich zu bessern …«
»Das will sie! Nicht wahr, das willst du doch?«
Aber Natalie funkelte ihren Vater nur an, und heiße Tränen der Wut blitzten in ihren Augen. Wie die Klinge von Sean Morrisons Messer.
14
»Meine Güte«, sagte Steel, die mit hängenden Schultern an der Wand des Vernehmungsraums lehnte, ihren halb leeren Kaffeebecher an die Brust gedrückt, »ich hab schon Massenmörder vernommen, die mehr Menschliches an sich hatten.« Sie schüttelte sich. »Gott sei Dank hab ich nie Kinder gewollt … sind mir einfach nicht geheuer, die kleinen Biester.«
Bis jetzt hatten sie drei Mitglieder von Sean Morrisons Bande vernommen, die sich alle strikt geweigert hatten, sein Versteck auszuplaudern. Aber alle hatten sie einen Vater oder eine Mutter dabei, die sich hysterisch aufführten, Panik schoben und alle keine Ahnung hatten, was ihr kleines Schätzchen so alles trieb. Bis sie das Überwachungsvideo zu sehen bekamen.
DI Steel schwenkte die labbrige braune Brühe in ihrem Becher herum. »Wissen Sie, als ich klein war, hatten wir noch Respekt vor den Erwachsenen … Na ja, vielleicht nicht gerade Respekt , aber wir wussten, wenn du so einem alten Sack frech kommst, dann versohlt er dir den Arsch. Und dann erzählt er’s deinen Eltern, damit die dir auch noch den Arsch versohlen.« Sie nickte weise und trank noch einen großen Schluck. »Apropos Arsch, haben Sie Rennie gesehen?«
»Wieso, was hat er denn getan?« Und plötzlich musste Logan an das Containerdepot in Altens denken. Er runzelte die Stirn und überlegte, wieso.
»Nichts, das ist ja das verdammte Problem. Ich …« Sie brach ab und starrte Logan an. »Was ist – träumen Sie schon wieder mit offenen Augen von meinen milchweißen Schenkeln?«
»Zander Clark.«
»Wer?«
»Der Typ mit dem Pornostudio – er hat nicht gefragt, was Jason getan hat. Als wir von ihm wissen wollten, wer der Mann auf der DVD ist. Er hat nicht gefragt.«
»Uuuuuuund?«
»Na ja …« Logan zuckte mit den Achseln. »Das fragen die Leute doch immer, nicht wahr?«
»Nicht immer.«
»Aber …«
»Sie machen doch Witze, oder? Ich meine, das geht schon ein bisschen in Richtung Miss Marple, was?« Sie lachte, ein kehliges Bellen, das in ein leichtes Rasseln überging. »Soll ich Professor Plum, Miss Scarlett und Colonel Mustard für Sie in den Salon bitten?« Logan hielt es für unter seiner Würde, darauf zu antworten. »Ach, nun seien Sie mal nicht so«, sagte sie schließlich. »Es ist Freitag – ich spendier Ihnen ein kühles Bierchen, okay? Ist sowieso fast schon Feierabend.«
»Was ist mit den Suchkommandos?«
»Was soll mit denen sein?« Und dann fiel es ihr ein. »Scheiße. In einer halben Stunde ist es dunkel, nicht wahr? Und dann werden die ganzen nichtsnutzigen Versager hier eintrudeln und Bericht erstatten wollen.« Sie stöhnte. »Sie übernehmen eine Hälfte und ich die andere, okay? Dann können wir immer noch um sieben im Pub sein.«
Logan hielt die kleine Packung nutzloser Schmerztabletten hoch, die sie ihm im Krankenhaus für seinen zerschlagenen Kopf und seinen zertrampelten Rücken gegeben hatten – es waren nur noch zwei übrig. »Ich sollte eigentlich nicht trinken.«
»Na und – mein Arzt sagt, ich soll nicht rauchen, trinken oder seine Sprechstundenhilfe anbaggern, aber halte ich mich etwa dran? Na also.«
Gegen sechs trudelten die ersten Suchkommandos ein, die nach sieben Stunden draußen in der eiskalten Februarluft so
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