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Der erste Verdacht

Der erste Verdacht

Titel: Der erste Verdacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helene Tursten
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die Fahndung nach den Vorfällen vom Vortag zusammen.
    »Willst du etwa sagen, dass da einer im Oktoberunwetter auf einem gestohlenen Rasentraktor durch die Gegend gefahren ist?«, fragte Birgitta lachend.
    Jonny warf ihr einen mürrischen Blick zu.
    »Nein. Der Rasentraktor stand auf der Ladefläche eines Lastwagens. Die Jungs von der Einsatztruppe wurden misstrauisch, weil der Fahrer so nervös und verängstigt wirkte. Als sie die Sache näher untersuchten, stellte sich heraus, dass der Rasenmäher vor zwei Wochen als gestohlen gemeldet worden war. Der Dieb hatte ihn über eine Kleinanzeige verkauft und wollte ihn gerade dem Käufer aushändigen. Er glaubte vermutlich, es sei idiotensicher, ihn spätabends zu transportieren.«
    »Irgendjemand, den wir kennen?«, fragte Fredrik.
    »Nein. Ein Schwarzer um die Dreißig mit ein paar Bagatellen im Vorstrafenregister. Ladendiebstahl, als er noch zur Schule ging, aber die letzten Jahre unauffällig. In seiner Garage standen zwei geklaute Fernseher, zwei nagelneue Fahrräder und ein Computer. Die Kollegen vermuten, dass es sich um eine Diebesbande handelt. Aber das ist nicht unser Problem.«
    »Unser Problem ist dieses verdammte Frauenzimmer Kaegler. Warum rückt sie nicht endlich mit der Sprache raus?«, fragte Andersson.
    Tommy zuckte mit den Achseln.
    »Keine Ahnung. Es wirkt ziemlich schwachsinnig.«
    »Ihr glaubt also, dass sie die Identität des Mannes kennt oder zu kennen glaubt«, stellte der Kommissar fest.
    Irene und Tommy nickten gleichzeitig.
    »Hat irgendjemand eine Theorie?«
    Er lehnte sich zurück, und die Lehne seines Stuhls begann bedenklich zu knarren. Im Sommer hatte er noch ein paar Kilo zugenommen. Das ist weder für sein Asthma noch für seinen Blutdruck gut, dachte Irene bekümmert. Aber sie konnte nichts machen, obwohl sie das gern getan hätte. Sie mochte ihren Chef wirklich.
    Zögernd meldete sie sich zu Wort.
    »Ich habe nachgedacht. Sie scheint keine Angst vor dem Mann zu haben, der gestern auf sie geschossen hat. Außerdem scheint sie nicht einsehen zu wollen, dass er ihr tatsächlich nach dem Leben trachtet. Warum reagiert sie so seltsam? Die einzige Erklärung, die mir einfällt, ist, dass sie uns nicht glaubt. Sie glaubt, dass wir lügen und einen Mann in eine Falle locken wollen, von dessen Unschuld sie überzeugt ist.«
    »Und wer könnte das sein?«, wollte der Kommissar wissen.
    »Ludwigs Vater«, antwortete Irene rasch.
    »Der Vater des Jungen! Warum sollte der sie erschießen wollen?«, rief Jonny.
    »Wenn ich das wüsste, so wäre dieser Fall wahrscheinlich gelöst«, meinte Irene knapp.
    Sie beugte sich über den Tisch zur Kaffeekanne und füllte ihre Tasse nach. Der Kaffee ist wirklich viel besser als diese Katzenpisse von der Spurensicherung, dachte sie zufrieden. Vorsichtig nippte sie an dem heißen Getränk. Gestärkt durch ihr Lebenselixier ergriff sie wieder das Wort: »Ich denke an Rothstaahls Wohnung in Paris. Dort fanden wir die blonden Haare eines Mannes, der mit aller Wahrscheinlichkeit Ludwigs Vater ist. Der Mann, der auf mich schoss, war blond. Es könnte Ludwigs Vater gewesen sein.«
    »Das klingt in der Tat gar nicht so unwahrscheinlich«, stimmte ihr Tommy zu.
    »Der Vater des Jungen … das könnte erklären, warum sie ihn nicht für den Mörder hält«, dachte Birgitta laut nach.
    »Was für ein verdammt bescheuertes Frauenzimmer! Irene hat doch gesehen, wie er auf sie geschossen hat!«, rief Andersson.
    »So sind wir Frauen nun mal. Bis in den Tod den Männern ergeben, die wir lieben«, meinte Birgitta und lächelte ihn hold an.
    Der Kommissar machte ein finsteres Gesicht, setzte die Diskussion über die unzulängliche Logik der Frauen jedoch nicht fort. Es hatte den Anschein, als hätten Glen Thomsens brasilianische Mutter Donna und er sich gefunden. Zum 60. Geburtstag hatte Andersson von seinen Leuten eine Reise nach London geschenkt bekommen. Irene hatte das arrangiert. Drei Nächte in dem Hotel, das Glens Schwester gehörte, Mittag- und Abendessen in Donnas Restaurant. Andersson war bei seiner Rückkehr sehr zufrieden mit seiner Reise gewesen, und zwar so zufrieden, dass er im Juli gleich noch einmal eine Woche geflogen war. Er war der irrigen Meinung, dass niemand im Präsidium etwas davon wusste, aber Glen hatte es Irene natürlich erzählt.
    Irene wurde aus ihren Gedanken gerissen, als ihr Handy klingelte. Rasch entschuldigte sie sich, stand auf und trat auf den Korridor. Wie sie vermutet hatte, war es

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