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Der erste Verdacht

Der erste Verdacht

Titel: Der erste Verdacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helene Tursten
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ordentliche Schuhe, dachte Irene. Sie hegte gewisse Befürchtungen in dieser Hinsicht, immerhin hatte sie Sanna immer nur mit mindestens zehn Zentimeter hohen Absätzen gesehen.
    »Ich gehe am Waldrand entlang und versuche, ihr zu folgen«, flüsterte Irene.
    »Okay. Ich gehe Richtung Fahrradweg. Schalt dein Handy nicht aus.«
    »Verstanden.«
    Es war anstrengend, sich lautlos zwischen den Büschen und dem Gestrüpp zu bewegen, aber auch Sanna hatte Schwierigkeiten, vorwärts zu kommen. Sie stolperte durch die Dunkelheit. Irenes Verdacht verstärkte sich, dass sie mit ihren hohen Absätzen in dem weichen Lehmboden einsank. Immerhin war sie dadurch in der Lage, langsam aufzuholen.
    Tommy schien in seiner Annahme Recht gehabt zu haben, dass Sanna auf den Fahrradweg zuhielt. Sie ging quer über die Wiese und näherte sich den Büschen am Rand des Fahrradwegs. Irene war nur knapp fünfzig Meter hinter ihr. Plötzlich bemerkte sie eine Bewegung in den Büschen vor sich. Sie blieb stehen und hielt das Fernglas vor die Augen.
    Eine Gestalt in Mütze und Allwetteranzug versteckte sich zwischen den Zweigen. Sanna war nur noch knapp zehn Meter von ihr entfernt. Irene sah, dass die Gestalt den Arm hob und einen Schritt auf die ahnungslose Sanna zumachte. Ohne nachzudenken, begann Irene die Wiese entlang zu rennen. Sie griff unter die Jacke, um ihre Pistole aus dem Holster zu ziehen.
    Währenddessen schrie sie, so laut sie nur konnte: »Polizei! Stehen bleiben, oder wir schießen! Stehen bleiben!«
    Gleichzeitig kam Tommy vom Fahrradweg angelaufen und schrie ähnliche Kommandos: »Polizei! Stehen bleiben! Hier ist die Polizei!«
    Im selben Augenblick, in dem das Mündungsfeuer einer Waffe lautlos in der Dunkelheit aufblitzte, schwankte Sanna und stürzte. Schalldämpfer, schoss es Irene durch den Kopf.
    Irene blieb stehen, und schaute durch ihr Nachtglas auf den Punkt, an dem der Mann gestanden hatte. Zwischen Büschen und Bäumen bewegte sich etwas, sein Rücken.
    »Ich kümmere mich um Sanna!«, schrie Tommy.
    »Gut!«, rief Irene zurück.
    Sie sah, dass sich Sanna zwar regte, aber liegen blieb. Zumindest lebte sie noch.
    Irene rannte immer noch in dieselbe Richtung wie der Mann mit der Pistole. Als sie den Fahrradweg erreichte, hielt sie ihr Glas wieder vor die Augen. Er lief sehr schnell Richtung Billdal und hatte bereits einen ordentlichen Vorsprung. Obwohl Irene eine geübte Joggerin war, sah sie ein, dass sie ihn nicht einholen konnte.
    Sie hatte immer noch das Handy in der Hand, musste aber erneut Tommys Nummer wählen, weil er die Verbindung unterbrochen hatte, als er den Krankenwagen rief. Irene redete mit ihm, während sie noch rannte, und bat ihn, ein paar Streifenwagen nach Hovas zu schicken, um dem Mann den Weg abzuschneiden.
    Der Wind wehte inzwischen stärker und brachte schwere Regentropfen vom Meer mit. Es war anstrengend, bei Gegenwind zu rennen. Der Abstand zwischen ihnen nahm weiter zu. Irene gab sich alle Mühe, ihn nicht aus den Augen zu verlieren. Er rannte Neid erregend leichtfüßig und schien gut durchtrainiert zu sein. Jünger und sehr fit, etwas größer als der Durchschnitt, athletischer Körperbau, schwarze Mütze und Jogginganzug in dunklen Farben. Sie versuchte, sich sein Bild einzuprägen. Keine sonderlich detaillierte Personenbeschreibung, aber besser als nichts.
    Aus den Augenwinkeln erkannte sie, dass sie an der Marina vorbeikamen. Der Mann rannte zielstrebig über den Hafenplatz und schien nicht im Geringsten zu ermüden. Irene war schon vollkommen verschwitzt und außer Atem. Ihre warmen Sachen eigneten sich nicht dazu, längere Strecken zu laufen. Noch dazu brachte sich ihr lädiertes rechtes Knie in Erinnerung.
    Plötzlich konnte sie ihn durch ihr Nachtglas nicht mehr sehen. Der Fahrradweg lag wie ausgestorben vor ihr. Sie blieb stehen und lauschte, was bei dem starken Wind schwierig war. Doch sie hörte nur ihren eigenen Puls in den Ohren und hätte vermutlich nicht einmal mitbekommen, wenn eine Dampflok mit Volldampf auf sie zugerast wäre. Mühsam kletterte sie die heimtückisch glatte Wiese hinauf und verschaffte sich mit ihrem Fernglas einen Überblick. Nach einigen Sekunden entdeckte sie ihn am Rand des Golfplatzes wieder. Er hatte sein Tempo nicht verlangsamt. Allerdings schien es ihn nicht zu kümmern, dass er aufgrund des spärlichen Baumbewuchses gut sichtbar war. Er unternahm keinen Versuch, sich zu verstecken. Wahrscheinlich ahnte er nicht, dass Irene ein Nachtsichtgerät

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