Der erste Verdacht
Reflexband aus Askim heranreichen würde. Wir sind damit beschäftigt, die Fingerabdrücke auszuwerten. Die Kugeln befanden sich noch in den Opfern, nach denen brauchten wir also nicht zu suchen. Ich habe jedoch eine Theorie, wie der Mörder vorgegangen sein könnte. Ich gehe davon aus, dass es sich um eine Person handelt.«
Svante Malm machte den Diaprojektor aus und schaltete stattdessen den Overheadprojektor ein. Auf diesen legte er einen mit schwarzem und rotem Filzstift gezeichneten Grundriss des Hauses.
»Wenn man in die Diele kommt, liegt die Küche gleich links. Nach rechts geht es ins Wohnzimmer. Man muss durch die Küche, um ins Schlafzimmer zu gelangen. Vorn in der Diele gibt es zwei Türen. Die eine führt zur Toilette, die andere direkt neben der Küche in eine Kleiderkammer. Ich glaube, dass sich der Mörder in der Kleiderkammer versteckt hielt. Er könnte jedoch auch nach dem Eintreffen von Rothstaahl und Bergman durch die Haustür gekommen sein. Die beiden hätten in diesem Fall die Tür aufgelassen. Ich glaube aber, dass sie ihn dann durch das Küchenfenster gesehen hätten. Einer der beiden wäre dann in die Diele gegangen, um ihn zu begrüßen.«
Er schaltete den Diaprojektor wieder ein und zeigte das nächste Bild. Das Foto war von oben aufgenommen worden und zeigte das Durcheinander in der Kleiderkammer. Schuhe, Sitzkissen für Gartenmöbel, Trainingsklamotten und der dunkelblaue Frotteegürtel eines Bademantels. Jemand schien ihn einfach auf den Boden geworfen zu haben. Ein Stück davon hing über die Schwelle.
»Mir fiel auf, dass die Tür nur angelehnt war. Sie ließ sich nicht schließen, da der Bademantelgürtel im Weg lag. Da ging mir auf, dass vielleicht jemand nicht gewollt hatte, dass die Tür geschlossen werden konnte, weil er von innen herausschauen wollte. Von dort sind es höchstens drei Schritte in die Küche, in der die Opfer standen. Wahrscheinlich hat der Mörder sie überrascht. Rothstaahl hat sicher nichts begriffen. Ich glaube, dass Bergman sich herumwarf und versuchte, zur Schlafzimmertür zu flüchten. Er hatte noch genug Zeit, um zu begreifen, was geschehen würde.«
Svante entwarf ein glaubwürdiges Szenario. Es war äußerst unschön, da die beiden Männer keinerlei Chance gehabt hatten. Mochten sich der Kommissar und Jonny noch so viel über Damenrevolver auslassen, der Mörder hatte genau gewusst, was er tat.
Die Frage lautete nur, warum.
Svante bedankte sich fürs Zuhören und versprach, unverzüglich von sich hören zu lassen, wenn neue Erkenntnisse vorlägen. Dann verließ er das Zimmer.
»Ich habe mich heute Morgen mit einem Onkel von Rothstaahl unterhalten. Er wohnt ganz unten an der Zufahrt zum Haus. Offenbar hat Großvater Rothstaahl Anfang der fünfziger Jahre ein großes Stück Wildnis dort draußen gekauft. Ich wünschte mir, mein Großvater hätte das auch getan«, meinte Jonny und verzog das Gesicht.
»Was hatte er denn für einen Beruf? Ich meine nicht deinen Großvater, sondern den von Rothstaahl«, unterbrach ihn Tommy.
»Er hatte ein Kleiderunternehmen. Joachims Vater und Onkel haben die Firma übernommen und handeln immer noch mit Textilien. Offenbar interessierte sich Joachim nicht dafür. Jedenfalls sagt der Onkel, er hätte Philip Bergmans Auto gegen halb acht gesehen. Er behauptet, dieses Fahrzeug sei kurz vor acht wieder zurückgekommen. Bergman sei gefahren. Er hätte die helle Lederjacke wiedererkannt.«
Der Kommissar schien nachzudenken. Nach einer Weile hellte sich seine Miene auf.
»Kann sein, dass Bergman wegfuhr, um noch was einzukaufen, was sie vergessen hatten, und dann zurückkehrte und dass sie dann erst erschossen wurden …«
Ein Blick auf Jonnys Gesicht brachte Andersson zum Verstummen. Langsam schüttelte dieser den Kopf und sagte:
»Nein. Der Onkel und seine Frau saßen von etwa halb acht bis zehn am großen Panoramafenster. Sie hatten im offenen Kamin Feuer gemacht und hörten Musik. Von dort aus hatten sie den totalen Überblick. Sie sahen jeden, der den Weg benutzte. Bergman kam nicht zurück. Zwischen halb acht und zehn fuhr auch kein anderes Auto vorbei.«
»Stehen an diesem Weg keine anderen Häuser?«, fragte Irene.
»Nein, nur das des Onkels am Anfang und das von Joachim am Ende.«
»Eine Sackgasse also?«
»Ja.«
»Wie groß ist der Abstand der Häuser?«
»Knapp hundert Meter.«
»Sie haben nichts gehört, was wie Schüsse klang?«
»Nein.«
Irene dachte darüber nach, was Jonny gesagt hatte.
»Nur
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