Der erste Verdacht
Fragen.
»Wann ziehen Sie wieder raus nach Askim?«, begann Tommy.
»Am Samstag. Das Haus wird morgen geputzt. Dann ist auch endlich die Alarmanlage installiert.«
»Unsere Spurensicherung kam zu dem Schluss, dass die Alarmanlage an jenem Abend, an dem Ihr Mann ermordet wurde, nicht in Betrieb war.«
»Nein. Mike … Michael Fuller, der Sicherheitschef des Hotel Gothenburg, hilft mir bei der Alarmanlage. Das ist sein Spezialgebiet.«
Tommy nickte und fuhr immer noch sehr entspannt fort: »Ich würde Sie gern fragen, ob Sie von Ihrem alten Kompagnon Thomas Bonetti seit seinem Verschwinden etwas gehört haben?«
Es war deutlich zu sehen, dass Sanna zusammenzuckte. Auf diese Frage war sie nicht vorbereitet gewesen. Als sie nach einer Weile antwortete, klang ihre Stimme angespannt.
»Nein. Er … verschwand einfach. Wieso?«
»Haben Sie eine Vorstellung, warum er verschwunden sein könnte?«
Jetzt kam ihre Antwort bedeutend schneller, denn jetzt war sie vorgewarnt.
»Keine Ahnung. Seit ph.com im April 2000 eingestellt wurde, hatten wir keinerlei Kontakt mehr.«
»Warum nicht?«
»Wir … trennten uns nicht gerade als Freunde. Philip und ich hatten versucht, mit ihm zu reden. Er widersetzte sich unserem Ziel, die Website und alle örtlichen Büros funktionsfähig zu haben, bevor wir an die Börse gehen wollten. Wir arbeiteten rund um die Uhr! Thomas war für die Finanzen verantwortlich, aber er begriff nie, dass man auch investieren muss, wenn man gewinnen will. Unser Unternehmen war global! Sein einziges Ziel war, ph.com an die Börse zu bringen und so viel Geld wie möglich an sich zu reißen, bevor er sich aus dem Staub machte!«
Ihre Stimme hatte am Schluss gehässig geklungen. Es war deutlich, dass sie für ihren alten Freund nicht mehr viel Sympathie übrig hatte.
»Er unterschlug also Geld, ehe es zum Konkurs kam?«
»Ja.«
»Wie viel?«
Sie sahen, dass Sanna mit den Achseln zuckte, ehe sie antwortete: »Ich weiß nicht genau. Wir fanden ihn mit fünf Millionen ab, aber wir wissen, dass er Gelder von ph.com auf ein Konto überwies, das er irgendwo besaß. Das wurde später auch bei der Polizei angezeigt. Ich weiß nicht genau, um was für eine Summe es da ging.«
»Erinnern Sie sich noch ungefähr?«
»Vielleicht fünf oder sechs Millionen.«
Das bedeutete, dass Bonetti bei seinem Verschwinden über mindestens zehn Millionen Kronen verfügt hatte und nicht über fünf, wie die Polizei bisher angenommen hatte. Stimmten Sannas Angaben auch? Es handelte sich immerhin um einen Unterschied von fünf Millionen Kronen.
»Kann es sich um noch mehr Geld gehandelt haben, das er aus dem Unternehmen abgezweigt hat?«, fragte Irene.
»Ja. Diesen Verdacht gab es … vielleicht handelte es sich um ganze zwei Millionen Dollar.«
»Haben Sie Philip Bergman nach dem Konkurs noch einmal getroffen?«
»Ja. Aber nicht oft. Er blieb in London und ist jetzt nach Paris umgezogen.«
»Wann haben Sie ihn zuletzt gesehen?«
Sie dachte eine Weile nach und antwortete dann: »Vor zwei Jahren in London.«
»Hatten Sie noch irgendwie anders Kontakt?«
»Gelegentlich via Mail. Außerdem gab es eine Gratulationskarte von ihm zur Hochzeit und zur Geburt von Ludwig.«
»Wissen Sie, was Philip Bergman in Paris macht?«
»Macht?«
»Was hat er für eine Arbeit?«
»Er macht Geschäfte. Er ist wirklich ein guter Geschäftsmann.«
»Wissen Sie, um was für Geschäfte es sich handelt?«
»Nein.«
»Was hatte er in London für eine Arbeit?«
»Er war als Kapitalverwalter tätig.«
»Für welches Unternehmen hat er dort gearbeitet?«
»Er und ein anderer Typ hatten zusammen eine Firma.«
»Wissen Sie, wie die hieß?«
»Ich habe den Namen vermutlich mal gehört … Eurofinance oder so …«
Irgendwo regte sich etwas in Irenes Unterbewusstsein.
»Wie hieß der andere Typ?«
»Joachim Rothstaahl.«
»Kennen Sie Joachim Rothstaahl?«
»Nicht sonderlich gut. Wir sind uns ein paar Mal in London begegnet.«
Das kam zwar nicht ganz unerwartet, aber Irene hatte trotzdem Mühe, ihre Gefühle zu unterdrücken. Das war ihr sicher anzusehen.
Joachim Rothstaahl hatte früher zusammen mit Thomas Bonetti eine Verwaltungsgesellschaft besessen. Jetzt schienen sich Bonettis alter und neuer Partner zusammengetan und ein ähnliches Unternehmen gegründet zu haben. Handelte es sich dabei auch um ein Pyramidenspiel? War Bergman und Rothstaahl in London der Boden zu heiß geworden? War das der Grund für ihren Umzug nach Paris
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