Der erste Verdacht
sein, aber vielleicht hatte man ihn ja jetzt freigelassen? Das ergab eine weitere Notiz auf ihrem Block. Das musste sie ebenfalls abchecken. Es gab jedoch einen Haken. Wo war die Verbindung zwischen Erik Dahl und Kjell Bengtsson Ceder? Sie schaute auf die Uhr. Zeit zum Mittagessen. Es war ein ergiebiger Vormittag gewesen.
Die obligatorische Erbsensuppe mit anschließendem Pfannkuchen, die in Schweden traditionell am Donnerstag gegessen wird, fand allgemeinen Anklang. Vielleicht war es eine Spur zu wenig Thymian gewesen, aber so kleinlich brauchte man nicht zu sein. Wahrscheinlich merkte Tommy überhaupt nicht, welche Gewürze der Suppe fehlten. Eifrig fuchtelte er mit seinem Löffel in der Luft herum, um seinen Worten Nachdruck zu verleihen. Dabei landete etwas Senf auf der blauen Papiertischdecke. Tommy reagierte nicht, vielleicht war es ihm auch gleichgültig. Er konzentrierte sich darauf, was seine Nachforschungen am Vormittag ergeben hatten.
»Was damals nachts wirklich auf Deck passiert ist, lässt sich nicht mehr genau feststellen. Schließlich waren Kjell Bengtsson Ceder und seine Frau Marie allein. Aber vielleicht konnte derjenige, der am Ruder stand, doch etwas sehen. Rate mal, wer das war?«
Er verstummte und lächelte. Irene ärgerte sich über ihn. Säuerlich sagte sie: »Keine Ahnung.«
»Edward Fenton!«
Verwirrt starrte Irene ihn an.
»Fenton … meinst du den Arzt … Morgan Fenton …?«
»Nein. Edward! Morgan Fentons jüngeren Bruder! Ich hab dir doch erzählt, dass Morgan Fenton einen Bruder hat, der Banker in London ist. Erinnerst du dich? Er und seine Freundin waren mit auf dem Boot, Morgan Fenton und seine damalige Frau ebenfalls! Sie war schwanger. Wahrscheinlich war dieser Junge, mit dem du gestern Abend geredet hast, das Resultat.«
Irene nickte. Christopher Fenton war fünfzehn Jahre alt. Er war bei dem folgenschweren Törn also ebenfalls dabei gewesen, wenn auch nur als Fetus im Bauch seiner Mutter. Laut versuchte sie, für sich zusammenzufassen, was Tommys Informationen bedeuteten: »Morgan und Edward Fenton waren also schon vor sechzehn Jahren mit Ceder befreundet. Sie kannten seine erste Frau Marie. Morgan Fenton ließ sich scheiden und heiratete einige Jahre später Tove Kaegler. Wiederum einige Jahre später ehelichte Kjell Bengtsson Ceder ihre Schwester Sanna. Gestern hast du auch was darüber gesagt, dass Sanna geschäftlich mit Edward Fenton zu tun gehabt habe, als sie noch das Internet- Unternehmen besaß. Das muss bedeuten, dass Edward auch Thomas Bonetti und Philip Bergman kannte! Interessant, aber kompliziert.«
»Genau! Ich habe die Brüder Fenton genauer unter die Lupe genommen, aber da ist nicht viel zu holen. Morgan ist hier in Göteborg Orthopäde, und Edward arbeitet bei einer großen amerikanischen Bank. Er ist irgendein hohes Tier bei der europäischen Niederlassung der Investmentbank H.P. Johnson’s in London. Die Mutter der Brüder war Schwedin, der Vater ist Engländer. Die Mutter ist vor einigen Jahren gestorben. Der Vater lebt noch, aber seit einigen Jahren in Spanien.«
»Er muss schon recht alt sein.«
»Über achtzig.«
»Wie alt sind die Brüder Fenton?«
»Morgan ist einundfünfzig und Edward zweiundvierzig.«
»Dann ist Edward so alt wie wir«, konstatierte Irene.
»Jawohl. Die Eltern ließen sich Ende der siebziger Jahre scheiden, und die Mutter zog zusammen mit Edward hierher.
Nach einigen Jahren kam Morgan nach und studierte Medizin. Er ist hier geblieben und hat hier geheiratet.«
»Deswegen spricht Morgan Fenton auch so gut Schwedisch. Er wohnt schon seit über fünfundzwanzig Jahren im Land.«
»Ja. Er ließ sich hier nieder, aber Edward ging nach dem Gymnasium nach England. Er studierte Volkswirtschaft in Cambridge und machte eine steile Karriere im Finanzsektor. Offenbar hat er auch reich geheiratet. Allerdings nicht dieselbe Person, die er auf dem Segelboot dabeihatte, als Ceders erste Frau ums Leben kam. Edwards Frau ist Amerikanerin. Sie haben vor zehn Jahren geheiratet und zwei Kinder.«
»Unglaublich, was du alles über Edward Fenton herausgefunden hast. Wo hast du das alles her?«
»Aus dem Internet. Da gab es einiges über ihn. Er ist offenbar im Bankwesen eine bekannte Persönlichkeit. Außerdem interessiert sich die amerikanische Regenbogenpresse für ihn. Seine Frau stammt aus einer einflussreichen Familie. Ihr Vater heißt Sergio Santini und sie Janice. Ihr Bruder Sergio Jr. kümmert sich zusammen mit dem Vater um
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