Der erste Weltkrieg
Skagerrak auf die Royal Navy stieß. Dabei erwies sich die britische strategische Überlegenheit sehr schnell, und die Deutschen mussten den Kampf mit einer kühnen Gefechtskehrtwendung abbrechen. Seitdem saß die Schlachtflotte erneut weitgehend tatenlos in Wilhelmshaven. Der kostspielige Bau der wilhelminischen Marine, der so viel zu einer Verschlechterung der internationalen Beziehungen vor 1914 beigetragen hatte, erwies sich als eine riesige Fehlkalkulation.
Stattdessen erschien das viel billigere U-Boot plötzlich als eine scharfe Waffe gegen die britische Handelsschifffahrt. Nach dem Moratorium von 1916 und heftigen Kämpfen mit ihren Kollegen in der Obersten Heeresleitung (OHL) konnten sich schließlich die Vertreter einer Kriegführung durchsetzen, die erneut das Leben von unschuldigen Passagieren und Staatsbürgern neutraler Länder auf Spiel setzten, weil sie glaubten, durch die wahllose und warnungslose Torpedierung von Handelsschiffen die Briten auf die Knie zwingen zu können. Die Versenkungsziffern der ersten Monate schienen die Berechnungen des Admiralstabes zu bestätigen. Allein im April 1917 verloren die Alliierten Schiffsraum von fast 900.000 Bruttoregistertonnen. England kapitulierte jedoch nicht, sondern ergriff Gegenmaßnahmen. Man führte das Konvoi-System ein, bei dem Kriegsschiffe einen Pulk von Frachtern im Atlantik begleiteten. Jetzt wurden die deutschen U-Boote zu den Gejagten. Zudem wurdein England selbst Brach- und Weideland für den Getreideanbau nutzbar gemacht. Die deutsche Kalkulation, die Briten aushungern zu können, erwies sich als falsch.
Noch enttäuschender waren für die Deutschen die diplomatischen Folgen ihres rücksichtslosen U-Boot-Kriegs. Die öffentliche Meinung in den USA wandte sich angesichts des Todes von unschuldigen Zivilisten immer mehr gegen Deutschland. Ein Zeichen dafür, dass das Fass bald überlaufen könnte, gab Wilson, als ihm der Kongress am 1.März 1917 die Bewaffnung amerikanischer Handelsschiffe bewilligte. Die Abstimmung erfolgte unmittelbar nach einem weiteren Zwischenfall: der Veröffentlichung eines Telegramms des deutschen Auswärtigen Amtes an den Gesandten in Mexiko, in dem Letzterer angewiesen wurde, die Mexikaner im Bündnis mit Berlin zu einem Angriff auf die Vereinigten Staaten zu überreden. Hatte das so genannte Zimmermann-Telegramm bereits einen weitgehenden Umschwung der öffentlichen Meinung gebracht, war das Maß endgültig voll, als etwas über zwei Wochen später mehrere amerikanische Handelsschiffe ohne Warnung von einem deutschen U-Boot versenkt wurden. Am 6. April erklärte Washington Deutschland den Krieg.
3. Wirtschaftseliten, Kriegsziele und Innenpolitik
Während in allen am Weltkrieg beteiligten Nationen ein kleiner Kreis von militärischen Führern versuchte, den Konflikt für die eigene Seite zu einem siegreichen Ende zu bringen, und eine etwas größere Schar von Diplomaten und Politikern bemüht war, den Ausgang des Kampfes durch Verhandlungen mit Bündnispartnern und Neutralen zu beeinflussen, spielten die Wirtschafts- und Bildungseliten nach 1914 ebenfalls eine wichtige Rolle. Insgesamt waren die Großmächte bei Kriegsbeginn noch nicht einmal auf einen kurzen Kampf besonders gut vorbereitet und natürlich noch weniger auf einen langen. Rein militärisch standen die Deutschen vielleicht am besten da, nachdem der Reichstag 1912 und 1913 zwei große Wehrvorlagen verabschiedethatte. Wien war nach dem Urteil des kanadischen Historikers Holger Herwig kaum zu einem Feldzug gegen das viel kleinere Serbien fähig. Die französischen und russischen Rüstungsprogramme sollten erst 1915/16 abgeschlossen werden, und England hatte zwar eine Berufsmarine, aber keine allgemeine Wehrpflicht und somit nur eine kleine Armee.
Haperte es bei der militärischen Kriegsvorbereitung, stand es bei der wirtschaftlichen und finanziellen Kriegsvorsorge überall noch schlechter. Auf diesem Gebiet waren selbst die Deutschen weitgehend unorganisiert, obwohl zu erwarten war, dass ihnen angesichts ihrer geographischen Lage die Zufuhr von Rohstoffen durch die Engländer und Franzosen sofort abgeschnitten werden würde. Solange der U-Boot-Krieg noch nicht ernsthaft begonnen hatte, brauchten sich die Alliierten mit ihren Kolonialreichen um ihre Zufuhr nur insoweit zu sorgen, als ein paar deutsche Kreuzergeschwader vor den Küsten ihrer Besitzungen in Afrika und Asien Unruhe schaffen konnten.
Russland hing derweil von ausländischen Zulieferungen nur
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