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Der erste Weltkrieg

Der erste Weltkrieg

Titel: Der erste Weltkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Berghahn
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wenig ab, war für einen modernen Krieg aber deswegen nicht gut gerüstet, weil – ähnlich wie in Österreich-Ungarn – seine Industrie für die Produktion von Rüstungsgütern unterentwickelt war. Auch aus diesem Grunde erfuhren beide Nationen bald die bereits geschilderten bitteren Niederlagen ihrer schlecht ausgerüsteten und unterversorgten Armeen im Osten.
    Die alliierte Blockade, die gleich im Herbst 1914 voll einsetzte, zwang Deutschland eher noch als die anderen Nationen, seine Wirtschaft und Wissenschaft für den Krieg zu mobilisieren.
    In dieser Erkenntnis stellten sich Unternehmer und Bildungseliten zur Verfügung, um den Nachschub für die kämpfenden Truppen zu sichern und die Gesellschaft auf den Sieg hin zu organisieren. Für die Granatenproduktion erwiesen sich zwei Chemiker, Fritz Haber und Carl Bosch, als Retter in der Not. Denn nachdem die Zufuhr von chilenischem Salpeter durch die Alliierten abgeschnitten worden war, erfanden sie die synthetische Nitratgewinnung und ermöglichten damit die weitere Herstellung von Dynamit. Ohne diese Entwicklung wäre denMittelmächten schon im Frühjahr 1915 buchstäblich die Munition ausgegangen.
    Früh erkannte auch die Industrie, dass dieser Krieg ihre gezielte Kooperation erforderte. Überall bemühte sie sich daher, einen patriotischen Beitrag zur Aufrechterhaltung und Steigerung der Produktion zu leisten und sich für die Mobilisierung aller Kräfte zu engagieren. Auf deutscher Seite gewann in dieser Beziehung der Chef der Allgemeinen Elektrizitäts-Gesellschaft (AEG), Walther Rathenau, schnell eine Schlüsselstellung. Auf sein Drängen begann schon im Herbst 1914 die Organisierung der Rohstoffzuteilungen an kriegswichtige Betriebe. Ähnliche Anstrengungen unternahmen zusammen mit den zuständigen Ministerien auch die Produzenten in Landwirtschaft und Gewerbe in Frankreich und Großbritannien.
    Schließlich machte der Kriegsverlauf mit seinen Verlusten an der Front auch eine Reglementierung des Arbeitsmarktes und die Zusammenarbeit mit der organisierten Arbeiterschaft notwendig, um sicherzustellen, dass die Produktion ununterbrochen lief. Arbeitsniederlegungen waren das Letzte, was sich eine Regierung im Ersten Weltkrieg leisten konnte. Es ist an dieser Stelle nur möglich, auf die zahlreichen kriegsorganisatorischen Neuerungen in den verschiedenen Ländern hinzuweisen. Sie alle liefen auf eine wachsende Zentralisierung in Staat, Wirtschaft und Gesellschaft hinaus, durch die die Kriegführung von oben im weitesten Sinne tief auf die innenpolitischen Entwicklungen einwirkte. Wie die Generäle im militärischen Bereich und die Politiker und Diplomaten in der Sphäre der internationalen Beziehungen, so stellten auch im wirtschaftlichen Bereich Angehörige der Eliten ihr Fachwissen und ihre Arbeitskraft zur Verfügung, um den Sieg zu ermöglichen.
    Der Krieg warf gerade auch für die Finanz- und Steuerexperten besonders schwierige Fragen auf. Da war als Erstes das Problem der Teuerung. Da die wirtschaftliche und finanzielle Kriegsvorsorge überall nur gering gewesen war, stieg die staatliche Nachfrage mit Beginn des Konflikts steil an. Mochten sich die Behörden auch sehr um eine Eindämmung von Preistreibereien durch Industrie, Landwirtschaft und Handel stemmen,eine deutliche Inflation ließ sich nicht verhindern. Derweil wurden Lebensmittel und Konsumgüter schon durch den militärischen Bedarf und die Umpolung der Produktion auf Kriegsgüter knapper. Die Nachfrage der Zivilbevölkerung trieb daher auch hier die Preise in die Höhe. Es begann die schon erwähnte Verarmung der Massen, die sich bei steigenden Preisen immer weniger leisten konnten.
    Schließlich stellte sich die wichtige Frage, wie der Staat seine volkswirtschaftlich kaum produktiven Waffenkäufe bezahlen würde. Grundsätzlich gab es drei Möglichkeiten, auf die alle am Weltkrieg beteiligten Länder in unterschiedlichen Proportionen zurückgriffen: höhere Steuern, die den Bürgern die Kosten sofort aufbürdeten; Anleihen, die die Staatsschuld vergrößerten und deren Abtragung auf zukünftige Generationen abwälzten, und drittens Rückgriff auf die Goldreserven.
    An den Verschiebungen, die in der Höhe der Letzteren zwischen den Großmächten stattfanden, lässt sich zugleich gut ablesen, wie stark der Krieg die Europäer auch in finanzieller Hinsicht schwächte, während die Amerikaner und Japaner gestärkt aus dem Konflikt hervorgingen. So standen die Deutschen und Österreich-Ungarn mit

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