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Der Esper und die Stadt

Der Esper und die Stadt

Titel: Der Esper und die Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine McLean
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acht­zehn an, um dich an Bord zu neh­men. Du hast Zeit ge­nug, um hin­über­zu­ge­hen.“
    Über die grü­nen Bür­ger­stei­ge ging ich an den gras­be­wach­se­nen Mit­tel­strei­fen un­ter den Baum­rei­hen ent­lang nach Wes­ten und be­weg­te mich im Schat­ten großer, glä­ser­ner Ge­bäu­de. Die vor­bei­kom­men­den Leu­te wa­ren auf­ge­kratzt, gu­ten Mu­tes und gin­gen mit er­höh­ter Ener­gie zur Ar­beit. Das er­in­ner­te mich an et­was: In der Ge­schichts­stun­de hat­te man wie­der­holt dar­auf hin­ge­wie­sen, daß die Men­schen nach großen Ka­ta­stro­phen im­mer glück­li­cher und op­ti­mis­ti­scher wa­ren. Über­le­ben­de schei­nen al­le das glei­che Ge­fühl von Op­ti­mis­mus zu tei­len.
    Ob­wohl ich mich wun­der­te, teil­te ich ihr Ge­fühl, als ich un­ter der gi­gan­ti­schen Hoch­stra­ße da­hin­ging und über ei­ne Trep­pe zu den Lan­dungs­brücken des Hud­son Ri­ver hin­auf­stieg. An ei­nem Fi­sche­rei­an­le­ge­platz düm­pel­te ein klei­nes U-Boot auf den Wel­len. Ein Mann von der Küs­ten­wa­che steck­te sei­nen Kopf her­aus, er­wi­der­te mein Win­ken und gab mir mit ei­ner Hand­be­we­gung zu ver­ste­hen, ich sol­le an Bord kom­men.
    Es wur­de ein er­folg­rei­cher Ar­beits­tag. Wäh­rend wir mit dem U-Boot über der zu­sam­men­ge­sack­ten Hül­le der un­ter­see­i­schen Kup­pel kreuz­ten, fan­den und ret­te­ten wir zwei ein­ge­schlos­se­ne Men­schen und ei­ne Kat­ze. Sie wa­ren al­le drei gut in Form, über­glück­lich über ih­re Ret­tung und über­schüt­te­ten uns mit Dank und gu­ten Wün­schen. Sie wa­ren völ­lig aus dem Häus­chen, um­arm­ten sich und uns, und auch die Kat­ze zeig­te ih­ren Dank, als sie sich schnur­rend an uns rieb. Auf dem Weg zum Ufer san­gen die Ge­ret­te­ten aus lau­ter Keh­le.
    Nach­dem wir die Leu­te bei ei­nem Am­bu­lan­zwa­gen ab­ge­lie­fert hat­ten, der sie zur me­di­zi­ni­schen Un­ter­su­chung brin­gen wür­de, sah ich mir den Ein­satz­be­fehl nä­her an. „En­de der Ar­beits­zeit ein­tra­gen“, stand da, und: „Un­ter­schrift des Kon­sul­ta­ti­ons­ein­ho­len­den.“ Dann wa­ren da drei ge­stri­chel­te Li­ni­en.
    „Was soll das be­deu­ten?“ Ich zeig­te dem Mann von der Küs­ten­wa­che das For­mu­lar.
    Der Steu­er­mann des U-Boo­tes sah es sich an, trug ei­ne Zeit ein, un­ter­schrieb mit sei­nem Na­men und deu­te­te auf die obers­te Li­nie. „Un­ter­schrei­ben Sie hier.“
    Ich tat es. „Und warum?“
    „Sie müs­sen wis­sen, wie­viel Stun­den Sie ge­ar­bei­tet ha­ben. Hier steht, daß man Ih­nen fünf­und­zwan­zig Dol­lar pro Kon­sul­ta­ti­ons­stun­de zahlt.“
    „Was von dem, was wir ge­tan ha­ben, war denn ei­ne Kon­sul­ta­ti­on?“ frag­te ich und wun­der­te mich über den ho­hen Ta­rif.
    „Na, al­les. Vier bis fünf Stun­den, wenn sie uns auch noch die Mit­tags­pau­se mit­be­rech­nen. Das macht ein­hun­dert­fünf­und­zwan­zig Dol­lar.“
    „Scheii­i­ße!“
    „Spe­zia­list zu sein zahlt sich aus; und ein Spe­zia­list sind Sie.“
    Wir stan­den auf dem höchs­ten Punkt der Be­ton­mau­er des Hud­son Ri­ver und sa­hen auf die städ­ti­schen Stra­ßen hin­ab. Der sal­zi­ge Wind peitsch­te un­ser Haar und zerr­te an un­se­ren Klei­dern.
    „Das ist ei­ne Men­ge Geld“, sag­te ich. „Und was tue ich jetzt?“
    Der Mann von der Küs­ten­wa­che gab mir mei­ne An­wei­sun­gen zu­rück. „Ge­hen Sie jetzt zur Com­pu­ter­an­la­ge für all­ge­mei­ne Sta­tis­tik und mel­den Sie sich bei Ben Rus­so oder Joe Le­vins­ky.“
    Ich sah auf die klei­nen, sal­zi­gen Wel­len des Hud­son, die – vom Wind ge­trie­ben – un­un­ter­bro­chen ge­gen den feuch­ten Ze­ment der Fluß­mau­er klatsch­ten. Der Was­ser­spie­gel war drei Me­ter hö­her als die Ebe­ne der Stra­ße.
    „Steigt er?“ frag­te ich den Mann von der Küs­ten­wa­che.
    „Kaum drei Zen­ti­me­ter in den letz­ten fünf Jah­ren“, sag­te der Mann lä­chelnd. „Kein Pro­blem. Ich wün­sche Ih­nen noch einen schö­nen Tag, San­ford.“ Dann ging er zu sei­nem U-Boot zu­rück.
    Die Son­ne glit­zer­te auf dem Was­ser. Ich lief die Be­ton­trep­pe hin­un­ter, ent­fern­te mich vom Fluß und mach­te mich an den

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